Erfurt (dpa)
Grüne Jugend erteilt Jamaika-Bündnis klare Absage
Entschiedener Klimaschutz, mehr Rechte für Geflüchtete, bezahlbare Mieten: Der Grünen-Nachwuchs hat klare Vorstellungen, was die nächste Bundesregierung liefern soll.
Die Grüne Jugend erteilt einer Jamaika-Koalition mit CDU/CSU und FDP eine Absage und stellt Forderungen an die nächste Bundesregierung.
Die Union stehe für eine „zukunftsfeindliche Politik“, heißt es im Dringlichkeitsantrag des Vorstands mit der Überschrift „Klimaschutz, Gerechtigkeit, Solidarität - Unsere Anforderungen an eine neue Regierung“, den der Bundeskongress der Grünen-Nachwuchsorganisation in Erfurt am Samstag verabschiedete. „Für uns kommt eine Jamaika-Koalition nicht in Frage“, heißt es weiter. Die Grünen führen derzeit Gespräche mit SPD und FDP über die mögliche Bildung einer Bundesregierung, einem sogenannten Ampel-Bündnis.
Es gebe nun Mehrheiten für eine Regierung ohne die Union, betonte der scheidende Bundessprecher der Grünen Jugend, Georg Kurz, vor den mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dennoch werde es weiter „jede Menge Druck“ brauchen. „Für Minimalkompromisse, bisschen Korrekturen am Status quo da, ein bisschen Klimaschutzziel hier - dafür braucht's uns nicht. Dafür wurden wir nicht gewählt und dafür fehlt uns auch die Zeit.“ Wenn die Grünen sich an der nächsten Bundesregierung beteiligten, dann gehe das nur, „wenn das Klima zu 100 Prozent geschützt wird, das Pariser Klimaschutzabkommen die Basis allen Handelns in allen Sektoren ist“ und es dafür Sofortmaßnahmen gebe.
Gemeinsamkeiten mit der SPD
Unter anderem fordert der Grünen-Nachwuchs, dass Hartz IV in den nächsten vier Jahren „überwunden“ werden müsse. „Als erste Sofortmaßnahmen muss der Regelsatz um mindestens 50€ erhöht und Sanktionen endlich abgeschafft werden.“ Löhne und Arbeitsbedingungen in der Pflege sollen besser werden, Mieten günstiger. Es sei zudem „dringend an der Zeit für eine Asylpolitik, die Schutz und Sicherheit von Menschen in den Fokus rückt“, so die Grüne Jugend. „Es braucht sichere und legale Fluchtwege und erhöhte Aufnahmekapazitäten für Schutzsuchende.“ Es brauche zudem eine entschiedenere Antidiskriminierungspolitik.
Mit der SPD gebe es „starke inhaltliche Überschneidungen, die eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen bilden“, heißt es im Antrag. „Die Gemeinsamkeiten müssen in einer möglichen Koalition deutlich werden und dürfen nicht auf Kosten der Reichen- und Klientelpolitik der FDP verloren gehen.“ Auch Kurz warnte vor „Ampeleuphorie“. Es brauche weiterhin den Druck junger Menschen und sozialer Bewegungen. Kurz gab sich kampfeslustig: „Junge, werden wir dieser Regierung Dampf machen! Werden wir die vorantreiben und werden wir dieser Regierung Feuer unterm Hintern machen, solange Menschen unsere Zukunft verfeuern wollen!“
Neues Führungsduo
Die Jugendorganisation der Grünen wählte auch einen neuen zehnköpfigen Vorstand. Neue Bundessprecher sind die 20-jährige Sozialwissenschafts-Studentin Sarah-Lee Heinrich und der 25-jährige Politikwissenschafts-Student Timon Dzienus.
Heinrich kritisierte in ihrer Bewerbungsrede einen Mangel an Ausbildungsplätzen, schlecht bezahlte Nebenjobs für Studenten und Benachteiligung von Menschen mit Migrationsgeschichte. „Wir sind eine junge Generation, die auf den Straßen ist, weil die Politik unsere Zukunft gegen die Wand fährt“, erklärte Heinrich.
Dzienus warnte vor Antisemitismus und Rechtsextremismus und machte sich für eine liberalere Flüchtlingspolitik stark. Er erinnerte an die Migranten, die im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa umkommen. „Ich finde das so perfide: Die einen gehen Jachten shoppen, die anderen gehen unter in Schlauchbooten.“
Die Grüne Jugend steht dem linken Parteiflügel nahe und hat mehr als 18.000 Mitglieder. Von den 118 Grünen-Abgeordneten im frisch gewählten Bundestag sind 27 als Vertreter der Nachwuchsorganisation angetreten.
© dpa-infocom, dpa:211009-99-537565/7