Berlin (dpa)
2021 etwas mehr Abschiebungen als im ersten Corona-Jahr
Aus Deutschland wird seit Jahren niemand nach Syrien abgeschoben, seit Sommer auch nicht nach Afghanistan. Dass 2021 halb so viele Menschen abgeschoben wurden wie 2019, lag vor allem an der Pandemie.
Deutschland hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Menschen abgeschoben als in den Jahren vor der Corona-Pandemie. Wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage mitteilte, gab es 2021 insgesamt 11.982 Abschiebungen.
Im Jahr 2020, das noch stärker von Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr geprägt war, hatten deutsche Behörden 10.800 Abschiebungen organisiert und vollzogen. Zum Vergleich: 2019 waren es knapp 22.100 Abschiebungen gewesen.
Wie die Deutsche Presse-Agentur weiter erfuhr, gingen die meisten Abschiebungen per Flugzeug im vergangenen Jahr - so wie auch schon 2020 - nach Georgien und Albanien. Nach Georgien wurden auf dem Luftweg 1116 Ausreisepflichtige gebracht, nach Albanien wurden 908 Menschen ausgeflogen.
Rückkehr nach Syrien nur freiwillig
In 470 Fällen wurden im vergangenen Jahr Menschen, die aus Syrien stammen und sich unrechtmäßig in Deutschland aufhielten, abgeschoben - allerdings nicht nach Syrien, sondern in andere Staaten, in denen sie sich zuvor aufgehalten hatten. Die Bundesregierung stellte erst kürzlich in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion fest, eine Rückkehr syrischer Staatsbürger in ihr Herkunftsland komme nur auf freiwilliger Basis infrage. In 388 weiteren Fällen wurden Menschen aus Syrien „zurückgeschoben“.
Von Zurückschiebungen spricht man, wenn Menschen, die unerlaubt nach Deutschland gekommen sind, bereits kurz nach ihrer Einreise in ihr Herkunftsland oder in ein europäisches Land, das für sie zuständig ist, zurückgebracht werden. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 3092 Zurückschiebungen durchgeführt.
Jeweils rund 400 Abschiebungen wurden im vergangenen Jahr organisiert, um Menschen, die aus der Türkei oder dem Kosovo stammen, außer Landes zu bringen. Zu den Hauptzielländern der Abschiebungsflüge zählten 2021 auch Serbien, Pakistan, Moldau und Rumänien.
Ampel setzt auf Migrationsabkommen
Im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen heißt es: „Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.“ Zudem sollen nach dem Willen der Ampel-Parteien Migrationsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern vereinbart werden.
Zur Gestaltung dieser Abkommen werde die Bundesregierung einen Sonderbevollmächtigten einsetzen. Eine Einigung darüber, in welchem Ministerium dieser neue Posten angesiedelt sein soll und wer diese Funktion bekleidet, haben die Koalitionäre bislang allerdings noch nicht erzielt. Die Beratungen in der Bundesregierung dazu „dauern aktuell noch an“, hieß es aus dem Bundesinnenministerium.
Die Union ist generell skeptisch. „Die im Koalitionsvertrag angekündigte Rückführungsoffensive ist nicht mehr als heiße Luft“, sagt ihr innenpolitischer Sprecher Alexander Throm. Schließlich solle nach den Plänen der Ampel-Koalition „künftig nahezu jeder, der nach Deutschland kommt, dauerhaft bleiben dürfen“, kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete.
Die meisten Abschiebungen hat im vergangenen Jahr das bevölkerungsreichste Bundesland, Nordrhein-Westfalen, organisiert. Von dort wurden rund 2900 Menschen abgeschoben. Das Land Berlin sorgte laut einer Aufstellung des Innenministeriums für 959 Abschiebungen. Die Bundespolizei veranlasste demnach 328 Abschiebungen.
Seehofer hatte bei seinem Amtsantritt 2018 angekündigt, er wolle dafür sorgen, dass weniger geplante Abschiebungen kurzfristig scheitern. Tatsächlich ging die jährliche Zahl der Abschiebungen während seiner Amtszeit sogar zurück - auch vor Beginn der Pandemie.
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