Bad Neuenahr-Ahrweiler/Euskirchen (dpa)

Hätte der Kreis Ahrweiler früher warnen können?

| 01.08.2021 12:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Artikel teilen:

Berge von Schutt und eine zerstörte Infrastruktur: In den Hochwassergebieten arbeiten die Helfer unerlässlich. Kritik gibt es am Krisenmanagement.

Der Kreis Ahrweiler hat laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erst spät den Katastrophenfall ausgerufen.

Die Kreisverwaltung habe neben online veröffentlichten Informationen im Laufe des Abends mehrere automatisierte E-Mails des zuständigen Landesamts für Umwelt erhalten, in denen auch der prognostizierte enorme Pegelstand von fast sieben Metern mitgeteilt wurde, heißt es in dem Bericht. Die Kreisverwaltung Ahrweiler wollte am Sonntag diesen Bericht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht kommentieren und verwies auf einen späteren Zeitpunkt.

In einer Antwort an die dpa heißt es: „Wir sind derzeit aber noch immer dabei, die Katastrophenlage zu bewältigen. Oberste Priorität hat für den Kreis und Landrat Dr. Jürgen Pföhler die Versorgung der Menschen im Flutgebiet wieder herzustellen. Hieran arbeiten alle Beteiligten gewissermaßen „rund um die Uhr“.“

Der Kieler Krisenexperte Frank Roselieb sieht die Verantwortung beim Landrat. Der Katastrophenschutz gehöre zur Kernfunktion jedes Kreischefs und jedes Oberbürgermeisters, sagte er der „Rhein-Zeitung“. „In der Stellenbeschreibung eines Landrats oder einer Oberbürgermeisterin zählt das Krisenmanagement zu den wenigen Tätigkeiten, die nicht wirklich delegiert werden können.“

„Gegenseitige Schuldzuweisungen“ würden „den Ernst der Lage“ verkennen, kritisierte Landrat Pföhler im Bonner „General-Anzeiger“. Die „Fragen nach den Verantwortlichkeiten“ müssten später „sehr sorgfältig aufgearbeitet werden“. „Für mich steht schon jetzt fest, dass alle vorhandenen Warn- und Alarmierungssysteme auf diesen nie dagewesenen Tsunami technisch nicht vorbereitet waren“, zitierte die Zeitung Pföhler.

In Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz baute das Technische Hilfswerk indes eine neue Behelfsbrücke in der zerstörten Infrastruktur. In Bad Münstereifel in Nordrhein-Westfalen sollte am Sonntag eine vom Hochwasser beschädigte Brücke gesprengt werden. Dutzende Brücken waren in den Krisenregionen beschädigt oder zerstört worden.

Die Ursache für das Hochwasser? Mehr als die Hälfte der Bevölkerung glaubt, dass die Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels ist. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vertraten knapp 55 Prozent der Befragten diese Ansicht.

Der Präsident des Bundesverbandes der Bauindustrie, Peter Hübner, zeigte sich optimistisch beim Wiederaufbau in den Katastrophengebieten. Die Aufräumarbeiten gingen „unglaublich schnell voran, und ich bin optimistisch, dass wir den Wiederaufbau rasch anpacken“, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe). „In einem halben Jahr sollten die Menschen wieder einigermaßen normal im Ahrtal leben können, auch die wichtigsten Straßen dürften bis Ende des Jahres hergerichtet sein.“ Bei manchen Brücken und auch Bahntrassen sei mehr Zeit erforderlich. „Zwei oder drei Jahre dürfte sich das hinziehen, das zeigen die Erfahrungen in anderen Hochwassergebieten.“

© dpa-infocom, dpa:210801-99-649781/4

Ähnliche Artikel