München (dpa)
Bremsspuren bei der Automesse IAA
Der Ticketverkauf für die IAA läuft zäh an, in Corona-Zeiten haben einige ausländische Autokonzerne abgesagt. Und dann wollen auch noch Klimaschützer anreisen.
Nach langer Corona-Pause soll die erste große Messe in Deutschland am 7. September eröffnet werden: Die neue Automesse IAA Mobility in München.
Aber sie „ist nicht so groß geworden, wie vor der Pandemie geplant“, sagt Messechef Klaus Dittrich. „Dass die IAA eine halbe Milliarde Umsatz auslöst, in diese Größenordnung werden wir wohl nicht kommen.“ Bisher läuft der Ticketverkauf noch zurückhaltend. Dittrich rechnet aber damit, „dass die Nachfrage vor allen in den zehn Tagen vor Beginn noch deutlich anspringen wird“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich schon angekündigt: Nach der letzten Bundestagssitzung vor der Wahl will sie mittags ins Flugzeug steigen, um 14 Uhr die Messe eröffnen und dann noch einen kurzen Rundgang anschließen.
Nach einer enttäuschenden IAA 2019 in Frankfurt hatte der Verband der Automobilindustrie einen Neustart in München beschlossen. Hier sollen die Besucher die neuen Autos nicht nur auf Messeständen bestaunen, sondern auch fahren dürfen - auf Straßen und einem Autobahnstück zwischen dem Messegelände und der Innenstadt. Auch mit Brennstoffzelle oder hoch automatisiert.
Zwischen Marienplatz und Odeonsplatz werden Autos, E-Bikes und Scooter präsentiert, umgeben von Konzertbühnen und Essensständen - „ein Festival in der Stadt“, sagt Dittrich. Allerdings umzäunt: „Ich gehe davon aus, dass es eine Maskenpflicht geben wird und dass wir wohl eine Zugangskontrolle brauchen, um Überfüllung zu vermeiden.“
Platz für 50 Fahrradhersteller samt Testparcours
Auf dem Messegelände wird es ruhiger zugehen, trotz etwa 1000 Ausstellern. Die Branchenriesen Toyota, General Motors, der neue Stellantis-Konzern mit Fiat, Peugeot, Citroen und Opel haben abgesagt. Auch aus China kommen nun weniger Teilnehmer als erwartet: „Jeder Aussteller und Besucher müsste nach der Rückkehr drei Wochen in Quarantäne.“ In zwei Hallen gibt es dafür Platz für 50 Fahrradhersteller samt Testparcours.
Große Anziehungskraft übt die IAA auch auf Klimaschützer und Kapitalismuskritiker aus. Unter dem Motto „#aussteigen“ rufen der Bund für Umwelt- und Naturschutz, Greenpeace, der Fahrradclub ADFC und andere Verbände zu einer Fahrrad-Demo auf. Sie erwarten mehr als 20.000 Teilnehmer und fordern weniger Autoverkehr.
Das ist anderen Gruppen zu wenig. „Wir planen ungewöhnliche Aktionen, die für mehr Diskussion sorgen“, sagt Lisa Poettinger, Studentin und Sprecherin von #noIAA und Extinction Rebellion. Die Autolobby wolle nur E-Autos statt Verbrenner verkaufen und weiter Profit machen auf Kosten des Klimas. Das „antikapitalistische Bündnis No Future for IAA“ ruft zu „Aktionen zivilen Ungehorsams“ auf. „Smash IAA“ fordert: „Autokonzerne entmachten und enteignen!“ „Sand im Getriebe“, deren Aktivisten bei der IAA 2019 den Haupteingang zur Messe blockiert hatten, will autofreie Städte, kostenlosen öffentlichen Nahverkehr und die „IAA in ihrem Ablauf blockieren“.
VDA und Messegesellschaft hatten Kritiker zum Dialog auf der IAA eingeladen. „Auch friedlicher Protest ist ganz normal“, sagt Dittrich. Sachbeschädigungen oder Angriffe auf Menschen seien jedoch nicht akzeptabel. Bei der Entscheidung des VDA für München sei Sicherheit ein wesentlicher Faktor gewesen. Dass die IAA in München über die ganze Stadt verteilt sei, sei ein Vorteil, niemand werde die IAA lahmlegen können. Und wenn das neue Konzept erfolgreich sei, dann „wird es 2023 einen internationalen Run auf die IAA geben“.
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