München (dpa)

Recycling-Firmen kämpfen mit High-Tech-Kunststoff Carbon

Carsten Hoefer, dpa
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Von Carsten Hoefer, dpa
| 30.08.2021 05:49 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i8. Carbon ist als High-Tech-Kunststoff gut für den Autobau geeignet - doch das Material ist nur schwer zu entsorgen. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i8. Carbon ist als High-Tech-Kunststoff gut für den Autobau geeignet - doch das Material ist nur schwer zu entsorgen. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
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Carbon ist als High-Tech-Kunststoff im Autobau ebenso geeignet wie für die Herstellung von Windradrotoren. Doch das Material ist schwer zu entsorgen - und kann Müllverbrennungsanlagen beschädigen.

Recyclingfirmen macht die fortschreitende Verbreitung leichter Carbon-Bauteile vom Auto bis zum Windrad Kopfzerbrechen.

„Das Hauptproblem des Recyclings ist nicht die Faser an sich, sondern, dass sie mit anderen Materialien eng verbunden ist, was das Recycling, also die stoffliche Verwertung, erschwert beziehungsweise bisher nicht möglich macht“, sagt Jörg Lacher, Sprecher des Bundesverbands Sekundärrohstoffe.

Doch da Carbon nicht nur leicht, sondern auch sehr stabil ist und somit für viele industrielle Anwendungen Vorteile bietet, geht das Umweltbundesamt davon aus, dass sich Carbon-Werkstoffe in Zukunft noch weiter verbreiten werden - mit entsprechenden Mühen bei der späteren Aufarbeitung.

Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) bestehen aus synthetischen Fasern, die verwebt und mit Hilfe von Epoxidharzen oder anderen Materialien verklebt werden. Das Problem bei Entsorgung und Recycling verursachen vor allem die Verbundwerkstoffe - beispielsweise kohlenstofffaserverstärkter Beton oder Sandwichbleche aus zwei Lagen Metall mit einer Lage Carbon in der Mitte.

In anderer Hinsicht ist Carbon jedoch geradezu ein Traumwerkstoff. „CFK eingesetzt an den richtigen Stellen in der Karosseriestruktur bietet ein hohes Maß an funktionellen Vorteilen“, sagt eine Sprecherin von BMW in München. „Das Material ist sehr langlebig, fünfmal stärker als Stahl, leichter als Aluminium, lässt sich fast beliebig formen und rostet nicht.“

Das Elektroauto BMW i3 hat eine Carbonkarosserie, auch beim aktuellen 7er setzt BMW Carbon unter anderem in der A-, B- und C-Säule, im Tunnel und im Dach ein. „Das Fahrzeuggewicht konnte so gegenüber dem Vorgänger je nach Version und Ausstattung um insgesamt bis zu 130 Kilogramm reduziert werden“, sagt die Sprecherin. „Leichtbau leistet einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit, indem er den Materialeinsatz und den damit verbundenen CO2-Footprint in der Herstellungs- und Nutzungsphase reduziert.“

Nicht nur die Autoindustrie hat Gefallen an Carbon gefunden. Radprofis fahren Carbonrahmen, es gibt Angelruten und Wanderstöcke aus Carbon, orthopädische Schienen und Schuhsohlen, kohlenstofffaserverstärkte Bauteile, Bootsrümpfe, achtzig Meter lange Windradrotoren, ganz zu schweigen von exotischen Anwendungen, etwa in der Raumfahrt.

Wäre da nicht das Entsorgungsproblem. Autohersteller etwa sind an die Umweltvorgaben der EU gebunden. Demnach müssen 95 Prozent des Fahrzeuggewichts verwertbar, 85 Prozent recycelbar sein. „Das gilt selbstverständlich auch für Fahrzeuge mit CFK-Struktur“, sagt die BMW-Sprecherin. „Im Schnitt können beim Recycling von CFK bis zu 50 Prozent des Ausgangsmaterials wiederverwendet werden.“

Doch in der Praxis haben die Recyclingfirmen mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Tückisch ist Carbon etwa im Verbund mit Metall, wie es sich unter anderem in Autoteilen findet. „CFK-haltige Kunststoffe können den Recyclingprozess stören“, heißt es beim Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau. „Bei der Zerkleinerung von CFK entstehen leitfähige brennbare Faserstäube, was die Gefahr von Schäden und Störungen in Schreddern und Müllverbrennungsanlagen mit sich bringt.“ Der Ratschlag der Behörde: „Daher sollten CFK-Bauteile vor der Abgabe der Restkarosse an die Schredderanlage demontiert werden, um der Gefahr von Kurzschlüssen zu begegnen.“

Doch das ist sehr aufwendig. „CFK hat so einen geringen Anteil und ist so weit diversifiziert, dass man ihn überall findet, es aber nicht ökonomisch ist, ihn zu separieren“, sagt Christian Satlow, Mitglied der Geschäftsführung bei dem Recycling- und Entsorgungsunternehmen Theo Steil in Trier. „Jetzt ist aber das Problem, dass am Ende jeder Verwertungskette - jedenfalls in Deutschland - die Müllverbrennung steht.“ Und dabei macht nach Worten des Fachmanns auch der kleinste Anteil an CFK Probleme, weil das Material äußerst stabil ist. „Es zerfällt erst bei weitaus höheren Temperaturen als denen, die in einer Müllverbrennungsanlage vorherrschen.“

Was die Verwertung von Altautos betrifft, erwarten die Fachleute des Umweltbundesamts, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Carbon und anderen Verbundwerkstoffen das Recycling in Zukunft aufwendiger wird - mit entsprechenden Kosten: „Wir gehen davon aus, dass mittelfristig hierfür teilweise neue Behandlungstechniken zu entwickeln und großtechnisch durch Investitionen umzusetzen sind.“

© dpa-infocom, dpa:210830-99-18261/4

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