Berlin (dpa)
Radfahrer und Zebrastreifen: Fünf Behauptungen im Check
Der Zebrastreifen ist ein heißes Pflaster: Radfahrer kämpfen dort mit Autofahrern um ihre Rechte. Welche sie wirklich haben und welche Tricks es dabei gibt, erfahren Sie hier.
Gerade in Großstädten ist es ein gängiges Bild: Der Radfahrer fährt wie selbstverständlich über den Zebrastreifen und Autos müssen deshalb bremsen. Darf er das überhaupt? Hat er dort die gleichen Rechte wie ein Fußgänger? Populäre Behauptungen zum deutschen Tag des Zebrastreifens im Faktencheck:
BEHAUPTUNG: Radfahrer haben auf dem Zebrastreifen die gleichen Rechte wie Fußgänger.
FAKTEN: Falsch! Während Fußgänger oder Rollstuhlfahrer hier absoluten Vorrang genießen - und zwar schon dann, wenn sie sich dem Zebrastreifen nähern - hat der Radfahrer auf dem Fußgängerüberweg kein Vorrecht. „Als Radfahrer muss man am Zebrastreifen warten, bis der Weg frei ist“, erklärt der Rechtsexperte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Roland Huhn. Und wenn es bei der Überquerung des Zebrastreifens durch einen Radfahrer zu einem Unfall kommt? Dann drohe dem Radler eine Mitschuld, sagt Anika Meenken, Sprecherin für Radverkehr beim Verkehrsclub Deutschland (VCD).
BEHAUPTUNG: Radfahrer dürfen gar nicht über den Zebrastreifen fahren.
FAKTEN: Falsch! „Radfahrer dürfen über den Zebrastreifen fahren“, erklärt ADFC-Rechtsexperte Huhn. „Sie haben dann aber keinen Vorrang vor dem Autoverkehr auf der Straße.“ Was das heißt, erklärt der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) in einem Online-Ratgeber zum Zebrastreifen: „Muss ein Auto wegen eines fahrenden Radfahrers auf dem Fußgängerüberweg abbremsen oder halten, riskiert der Radfahrer ein Bußgeld für eine vermeidbare Behinderung.“
BEHAUPTUNG: Wer absteigt und schiebt, genießt Vorfahrt.
FAKTEN: Stimmt! „Wer sein Fahrrad schiebt, geht zu Fuß und hat deshalb Vorrang“, erklärt Huhn. Durch das Absteigen und Schieben werde aus dem Radfahrer ein Fußgänger, der sein Fahrrad bei sich hat, veranschaulicht VCD-Sprecherin Meenken.
BEHAUPTUNG: Wer sein Fahrrad wie einen Roller nutzt, wird wie ein Fußgänger behandelt.
FAKTEN: Stimmt! Das besagen zwei Gerichtsurteile (KG Berlin, Az.: 12 U 68/03 und OLG Stuttgart, Az.: 5 Ss 479/87). Beim Fall in der Hauptstadt war ein Radfahrer vor einem Zebrastreifen abgestiegen und hatte sein Rad wie einen Roller genutzt. Dabei kam es zu einem Unfall. Weil er aber nicht gefahren sei, trage er keine Mitschuld, urteilte das Gericht. Die Versicherung ARAG, die über den Fall berichtet, empfiehlt deshalb, das Rad zu schieben oder wie einen Roller zu nutzen: „So haben Sie Vorrang vor den Autos und anderen Verkehrsteilnehmern.“ Das bestätigt auch Rechtsexperte Huhn: „Wer auf dem Fahrrad auf einem Pedal stehend rollert, gilt als Fußgänger.“
BEHAUPTUNG: Kinder auf dem Fahrrad haben auf dem Zebrastreifen Vorfahrt.
FAKTEN: Radfahrende Kinder genießen auf dem Zebrastreifen eigentlich kein Vorrecht. Das heißt: Nur, wenn sie absteigen und ihr Fahrrad schieben, sind sie Fußgänger und haben damit Vorrang. In Paragraf 3 Absatz 2a der StVO (Straßenverkehrsordnung) ist jedoch von einer besonderen Rücksichtnahme auf Kinder die Rede. Das bedeutet: Autofahrer müssen sich so verhalten, dass eine Gefährdung von Kindern ausgeschlossen ist. Für den ADFC-Rechtsexperten Huhn bedeutet das: „Autofahrer müssen warten, wenn ein Kind auf einem Fahrrad über den Zebrastreifen fahren will.“
© dpa-infocom, dpa:210826-99-970665/3