Berlin (dpa)

Berliner Fashion Week: Ist die Zeit der Jogginghose vorbei?

| 06.09.2021 23:41 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Die Gruppenausstellung „Der Berliner Salon“ mit Kollektionen deutscher Designer bei der Mercedes-Benz Fashion Week. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Die Gruppenausstellung „Der Berliner Salon“ mit Kollektionen deutscher Designer bei der Mercedes-Benz Fashion Week. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
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Zu Jahresanfang wanderte die Fashion Week wegen der Pandemie ins Netz. Nun sind wieder Menschen live und vor Ort mit dabei. Hat sich die Mode durch die Pandemie verändert?

Eine Weile waren sie einfach praktisch. In der Pandemie ließ es sich in Jogginghosen gut aushalten - oder wahlweise in Schlafanzügen, mit dicken Strümpfen an den Füßen. Während des monatelangen Lockdowns dürften so manche Menschen auch modisch andere Wege gegangen sein. Oder sagen wir: keine Wege.

Nach langer Pause findet nun in Berlin erstmals wieder eine Modewoche vor Publikum im Saal statt. Dabei steht auch die Frage im Raum, wie die Krise unseren Stil verändert. Oder ob sie das überhaupt tut. Vielleicht verändern sich auch manche Prioritäten.

Designerin Florentina Leitner glaubt, dass Menschen wieder mehr Lust aufs Experimentieren bekommen könnten. Mit ihren Entwürfen wurde am Montagabend der große Laufsteg im Kraftwerk eröffnet. „Manchmal trage ich auch eine Jogginghose“, sagte Leitner. Sie habe aber in diese Kollektion keine eingebaut, weil sie hoffe, dass „die Jogginghosen-Zeit“ jetzt etwas vorbei sei.

Sie glaube, dass Menschen mit Mode den tristen Alltag wieder etwas hinter sich lassen wollten. Und dafür hat sie dann auch ein paar Vorschläge. Enge Körperanzüge zum Beispiel, bedruckt und glänzend. Blumenmuster und Federschmuck. Oder einen Body mit Schwan. Manche Schnitte erinnern an eine Matrosenuniform. Daneben gibt es auch einen bequemen Kapuzenpullover und übergroße Hemden.

Inspiriert sind Leitners Entwürfe von der Frage, wie eine Reise zum Mond aussehen könnte - und vom Mondsee in Österreich. Sie sei in ihrer Kindheit öfter an dem See gewesen, sagte die Designerin, die aus Österreich stammt. Sie habe sich von dem Land inspirieren lassen wollen, von Trachten und Blumen. Und ihr habe die Verbindung der gegensätzlichen Elemente gefallen - Weltall und Seengebiet.

Bis ins Weltall dürfte es auch vor der Krise kaum jemand geschafft haben. Viele mussten wegen der Pandemie ihren Urlaub ausfallen lassen - oder konnten nur von daheim aus arbeiten. Andere mussten zwar weiter zur Arbeit fahren, konnten aber nicht mehr ins Fußballstadion, in die Kneipe oder ins Kino. Alles Dinge, die Einfluss auf Mode haben können.

Journalistin Christiane Arp hält es aber für ein Klischee, wenn man nun glaubt, Menschen würden in der Jogginghose versacken. „Ich denke, dass es eine Zeit lang für uns alle gut funktioniert hat. Weil wir eben zuhause waren“, sagte Arp, die lange Chefredakteurin der deutschen „Vogue“ war. Aber das Rausgehen und sich Schmücken mache ihr und anderen auch Spaß - „und heute noch viel mehr nach diesen Monaten“.

Mit der Eröffnungsschau zeigte sich Arp zufrieden. „Genau davon müssten wir in Berlin mehr sehen“, sagte sie. Es sei wichtig, dass junge Kreative Plätze hätten, um sich auszuleben, und auch den Mut. Später gebe es für Designer mehr wirtschaftliche Zwänge. Arp sagte, für sie persönlich sei Mode immer noch der Platz, um sich kreativ auszuleben. „Und wenn ich das hier sehe, dann ist das toll.“

Unter dem Dach der Berliner Modewoche laufen mehrere Veranstaltungen. Zuletzt sind Teile der Modewoche nach Frankfurt abgewandert, in Berlin gibt es weiterhin etliche Schauen, Konferenzen und andere Formate. Neben der Mercedes-Benz Fashion Week sind etwa später noch Schauen von About You geplant, mit Kollektionen von Sängerin Lena Meyer-Landrut und Leni Klum, der Tochter von Heidi Klum.

Bei der Eröffnung der Modewoche war auch Berlins Regierungschef Michael Müller unter den Gästen. Es sei schön, dass es wieder losgehe und man Mode feiern könne, sagte der SPD-Politiker. Es seien wie immer ein paar Sachen dabei, bei denen man sich vorstellen könne, dass man das gut tragen könne. „Und bei anderen bin ich da sehr skeptisch.“

Er glaube, dass sich nach der Pandemie auch in der Mode wie in der Messe- und Kongresswelt hybride Formate wiederfinden werden. Damit sind Veranstaltungen gemeint, die sowohl vor Ort als auch im Internet stattfinden. Bei der Modewoche etwa werden einzelne Veranstaltungen schon länger auch online übertragen. Und wie ist Müllers Meinung zu Jogginghosen? „Ist nicht mein Ding.“

© dpa-infocom, dpa:210906-99-118216/3

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