Rom (dpa)
Kirche mit Laien verbessern - Papst will weltweiten Prozess
Seit eineinhalb Jahren planen die deutschen Katholiken tiefgreifende Reformen unter der der Überschrift „Synodaler Weg“. Jetzt will auch der Papst einen solchen Weg einschlagen.
Papst Franziskus will die katholische Kirche für mehr Mitsprache auch von Laien öffnen und dazu einen synodalen Prozess anstoßen.
„Die Kirche Gottes ist zu einer Synode zusammengerufen“, heißt es in einem am Dienstag im Vatikan vorgestellten Dokument in Vorbereitung auf die Weltbischofssynode 2023. Alle Gläubigen sind dazu aufgerufen, an der Weiterentwicklung der Kirche mitzuarbeiten. In dem Schriftstück ist von einem Prozess die Rede, „an dem alle teilnehmen können und von dem niemand ausgeschlossen wird“.
Allgemein wird unter Synodalität verstanden, dass auf möglichst breiter Basis unter Einbeziehung von Nicht-Klerikern über die Zukunft der Kirche beraten wird. Mehrfach verwendet der Vatikan den in der katholischen Kirche in Deutschland verwendeten Begriff des „Synodalen Wegs“. Allerdings ist fraglich, ob der Papst darunter Ähnliches versteht wie die deutschen Katholiken. Diese diskutieren seit eineinhalb Jahren die Position der Frau, die kirchliche Sexualmoral, den Umgang mit Macht und die priesterliche Ehelosigkeit und wollen dabei auch ganz konkrete Reformfortschritte erzielen.
Steht nun eine ähnliche Reformbestrebung in der katholischen Weltkirche nach deutschem Vorbild bevor? Deutschland sei ein Land, das einen solchen Prozess begonnen habe, erklärte die Kirchenrechtlerin der Universität Erfurt und Beraterin der Bischofssynode, Myriam Wijlens. Aber auch andere Länder wie Australien oder Irland hätten solche Prozesse angestoßen. Die Niederländerin hofft, dass in einem ersten Schritt des Zuhörens, beginnend ab diesem Oktober bis April 2022, Erfahrungen von Diözesen weltweit zusammenkämen und die Weltkirche davon „inspiriert“ werden könne.
Auch Missbrauch und Korruption werden in dem Vatikan-Dokument thematisiert: „Wir können uns aber nicht davor verstecken, dass die Kirche selbst dem Mangel an Glauben und der Korruption in ihrem Inneren entgegenwirken muss“, heißt es selbstkritisch. Vor allem könne man das Leiden von Minderjährigen und vulnerablen Personen nicht vergessen, das sie wegen „sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch“ durch Kleriker und Ordensleute erfahren hätten.
Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) werteten das Dokument als Bestätigung ihres Reformkurses. Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing sprach von einem „Meilenstein“. ZdK-Präsident Thomas Sterberg sagte: „Dass aus dem Vatikan heraus formuliert wird, Synodalität stelle für die Kirche einen Königsweg dar, gibt mir Hoffnung, dass wirklich auf den Glaubenssinn des Volkes Gottes gehört wird.“ Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sieht nach eigener Aussage „viele Gemeinsamkeiten“ mit dem Synodalen Weg in Deutschland. „Der Weg der Weltkirche geht hin auf eine „Synodale Kirche“. Dieser Schritt wird nicht mehr zurückgenommen, auch wenn die Bischofssynode 2023 zu Ende ist.“
Zweifel unter deutschen Bischöfen
Tatsächlich aber herrscht unter deutschen Bischöfen Zweifel, inwieweit der Papst ihren Kurs tatsächlich unterstützt. Nicht wenige befürchten, dass der Papst zwar viele Stimmen hören will, am Ende dann aber alles beim Alten bleibt. Es besteht nahezu Konsens darüber, dass dies bei der Masse der deutschen Gläubigen Desillusionierung und Frust auslösen würde.
Die Bedenken scheinen an einer Stelle auch aus Bätzings Erklärung durch, wenn er schreibt, in dem Vatikan-Dokument heiße es, dass es in der Konsultationsphase nicht darum gehe, Dokumente zu produzieren, sondern Träume aufkeimen zu lassen. „Ähnliches sagte mir der Papst im vergangenen Jahr im Gespräch über unseren Synodalen Weg“, so Bätzing. „Das ist authentisch Papst Franziskus, lässt aber unmittelbar die Frage der Wirksamkeit aufkommen, denn der Synodale Weg - ob weltweit oder in Deutschland - muss konkret bleiben.“
Der Theologe Daniel Bogner sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Vatikan-Dokument spiegele „das spezifisch römische Verständnis von Synodalität“. Das Ziel sei vor allem, sich besser zuzuhören. „Die römische Position setzt nicht tief genug an, denn auf eine kritische Diskussion der hierarchischen Verfassungsstruktur der Kirche wird verzichtet“, kritisierte Bogner. „Es bleibt dabei, dass Kirchenmitglieder zwar ausführlicher konsultiert werden sollen, die Entscheidungen aber werden am Ende allein von geweihten Amtsträgern getroffen.“ Damit offenbare das Dokument eine grundlegende Schwäche des Vorgehens von Papst Franziskus: „Er macht Vorschläge in die richtige Richtung, aber er bleibt auf halbem Wege stehen.“
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