Sacramento/Washington (dpa)
Kaliforniens Gouverneur Newsom vor möglicher Abwahl
In manchen US-Staaten gibt es die Möglichkeit, einen Gouverneur vorzeitig aus dem Amt zu wählen. Dazu kommt es selten. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom ist einem Abwahlverfahren ausgesetzt.
Die Wähler im US-Bundesstaat Kalifornien stimmen darüber ab, ob der demokratische Gouverneur Gavin Newsom sein Amt vorzeitig aufgeben muss. Eine Gruppe Republikaner hatte das Abwahlverfahren angestrengt.
Der 53-jährige Newsom wird von konservativer Seite unter anderem wegen seiner liberalen Einwanderungspolitik und strikten Corona-Vorschriften kritisiert. Mehrere Dutzend Gegenkandidaten treten an, um ihn zu ersetzen - niemand von ihnen ist jedoch ein politisches Schwergewicht.
Sollte Newsom tatsächlich seinen Posten verlieren und durch einen Republikaner ersetzt werden, was jüngsten Umfragen zufolge als unwahrscheinlich gilt, wäre das eine Sensation. Kalifornien ist eine Hochburg der Demokraten. Die Abstimmung läuft nach deutscher Zeit bis zum frühen Mittwochmorgen. Erst dann ist also frühestens ein Resultat zu erwarten. Bei einem knappen Ausgang könnte es sich allerdings länger hinziehen, bis das Ergebnis klar ist.
Die oberste Partei-Prominenz unterstützte den Amtsinhaber Newsom mit Wahlkampfauftritten. Im Wahlkampf-Endspurt reisten dazu sogar Vizepräsidentin Kamala Harris und US-Präsident Joe Biden nach Kalifornien. Biden sagte am Montagabend in Long Beach bei einem Auftritt mit Newsom, dieser sei einer der besten Gouverneure der USA. „Die Augen der Nation sind auf Kalifornien gerichtet. Behaltet Gavin als Gouverneur. Der Rest Amerikas zählt auf Euch.“
Am Dienstagmorgen appellierte Biden erneut über Twitter an die Wähler. Sie sollten Newsom nicht abwählen, um sicherzustellen, dass sich Kalifornien weiter auf dem Weg des Fortschritts bewege, schrieb Biden.
Newsom ist seit Anfang 2019 Gouverneur des Bundesstaates. Er war 2018 für vier Jahre ins Amt gewählt worden. Seine reguläre Amtszeit endet im Januar 2023. Eine Gruppe von Republikanern hatte mehr als die nötigen rund 1,5 Millionen Unterschriften gesammelt, um das Abwahlverfahren gegen ihn anzustoßen.
Dass sich ein Gouverneur einem solchen Verfahren stellen muss, ist in den USA extrem selten. Versuche, ein Verfahren in Gang zu setzen, gibt es häufiger, doch in den meisten Fällen kommt es nicht zu einer Abstimmung, weil die Hürden dafür hoch sind. In der Geschichte der USA ist Newsom erst der vierte Gouverneur, der einer solchen „Recall“-Wahl ausgesetzt ist.
Dass ein Gouverneur auf diese Weise aus dem Amt vertrieben wird, ist erst recht selten. In der US-Geschichte ist das erst zwei Mal passiert - ein Mal davon in Kalifornien: 2003 schaffte der Republikaner und Filmstar Arnold Schwarzenegger durch einen „Recall“ den Sprung ins Gouverneursamt des Westküstenstaates. Schwarzenegger gewann später die Wiederwahl und war bis 2011 im Amt. Seither gab es bislang keinen republikanischen Gouverneur in Kalifornien mehr.
Die Wähler in Kalifornien haben bei der Abstimmung zwei Fragen zu beantworten: Wollen sie, dass Newsom vorzeitig abberufen wird? Und wer sollte ihn im Fall einer Abwahl für den Rest der Amtszeit ersetzen? Um sich auf seinem Posten zu halten, braucht Newsom mindestens 50 Prozent der Wähler auf seiner Seite. Stimmen mehr als 50 Prozent für seine Abwahl, würde er vorzeitig abgelöst, und der Alternativkandidat mit den meisten Stimmen - egal, wie viele oder weniger Stimmen das sind - würde Gouverneur.
Caitlyn Jenner steht auf der Liste
Als Alternativkandidaten bewerben sich mehrere Dutzend Politiker, die meisten von ihnen Republikaner. Angeführt wird das Feld der Gegenkandidaten von dem erzkonservativen Radiomoderator Larry Elder, der sich gegen Abtreibung und für die Todesstrafe stark macht. Der 69 Jahre alte Herausforderer ist ein Anhänger von Ex-US-Präsident Donald Trump und fiel durch diverse kontroverse Äußerungen auf. Zuletzt rangierte er in Umfragen bei 28 Prozent. Biden verglich Elder am Montagabend mit einem „Trump-Klon“. Mit auf der Liste ist auch Reality-Star Caitlyn Jenner. Wirklich prominente Politiker sind nicht dabei. Auch einzelne - kaum bekannte - Demokraten treten an.
Jüngste Umfragen sagten für Newsom eine ausreichende Mehrheit voraus, um das Abwahlverfahren abzuschmettern. Im August dagegen hatte es in Umfragen zwischenzeitlich brenzlig für ihn ausgesehen. Kalifornien ist traditionell ein „blauer“ Staat und wählte in den vergangenen Jahren klar demokratisch. Viel hängt aber von der Wahlbeteiligung ab und davon, ob Newsom bei dieser Abstimmung außerhalb des regulären Wahlkalenders genügend Anhänger mobilisieren kann.
Kalifornien hat politisch und wirtschaftlich großes Gewicht. Mit seinen rund 40 Millionen Einwohnern ist es der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA. Für sich gerechnet ist Kalifornien die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.
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