Jamel (dpa)
Forstrock-Festival zeigt dem Extremismus die rote Karte
Nach einer Corona-Zwangspause hat das Festival in dem kleinen Ort Jamel bei Wismar wieder ein Zeichen für Demokratie und gegen Extremismus gesetzt. Mit dabei auch prominente Künstler.
Das Forstrock-Festival in Jamel hat nach einer Corona-Zwangspause in diesem Jahr wieder lautstark Stimmung gemacht gegen Extremismus in Deutschland. „Das kleine Forstrock-Festival 2021 war durch und durch ein Erfolg“, sagte Organisatorin Birgit Lohmeyer zum Abschluss am Samstagabend.
Sie und ihr Mann Horst veranstalten das Festival seit 2007, sie wollten auf die starke Neonaziszene im Ort aufmerksam machen. Inzwischen reicht ihr zivilgesellschaftliches Engagement weit hinaus über Jamel bei Wismar in Mecklenburg-Vorpommern. Wegen der Pandemie waren nur 450 statt der normalerweise bis zu 1500 Besucher zugelassen, das Line-up war etwas kürzer und es galt die 3G-Regel: Besucher mussten geimpft, genesen oder getestet sein.
Dieses Mal gab es keine Infostände von Vereinen und Initiativen, keine Workshops und keine Möglichkeit zu campen. Zwischen den Auftritten richteten immer wieder Aktivisten ihr Wort an die Gäste wie zum Beispiel die Initiative Omas gegen rechts.
Prominente Künstler
Zu den Künstlern zählten unter anderem die Leoniden, Danger Dan und Igor Levit. Die Musiker sorgten am Freitag und Samstag für Partystimmung, ohne dass der Zweck, für den das Forstrock-Festival steht, aus dem Fokus geriet.
Für ihn sei sein Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus Teil seiner Staatsbürgerpflichten: „Wenn du siehst, mit deinen Augen, oder hörst, dass Unrecht geschieht, dass Menschen angegriffen werden, wegen ihrer Herkunft, ihrer Hauptfarbe, ihrer Religion (...), dann hilf ihnen“, sagte Levit. Daniel Pongratz, wie Danger Dan mit bürgerlichem Namen heißt, sieht das genauso: „Mich macht das einfach sauer und ich finde das total anstrengend, nicht darauf zu reagieren.“
Pongratz und Levit machten deutlich, wie weit Antisemitismus aus ihrer Sicht in der Gesellschaft verbreitet ist. Er sei auch dort, wo man es nicht vermute. Auch an Politikern und Medien übten die beiden Kritik: „Wir haben Verharmlosungen dieser Ideologien seit Jahren. Teils unter Politikern, teils in den Medien“, so Levit. Mit Blick auf antisemitische Muster in der Querdenken-Bewegung stellte er fest: „Das ist nichts Neues, das ist keine Steigerung der Qualität für mich.“
Jakob Amr und Lennart Eicke von den Leoniden hatten am Freitag erklärt, wie wichtig ihnen das Engagement gegen Rechtsextremismus ist. Von seinen Künstlerkollegen erwarte er, dass sie zumindest eine Haltung haben und diese auch kundtun, wenn sie danach gefragt werden. Es sei das falsche politische Zeichen, nichts zu sagen, so Amr.
Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), schaute am Samstag vorbei. „Jamel rockt den Förster ist längst weit mehr als ein Konzert. Es ist das Zeichen: Wir geben Rechtsextremisten keinen Raum in unserem Land. Wir geben kein Dorf verloren“, sagte Schwesig. Sie sei dankbar dafür, dass sich überall im Land Menschen für die Demokratie engagieren.
Was in diesem Jahr unverändert blieb: Um nicht von Zuschauern überrannt zu werden, blieb das Line-up bis zum letzten Moment geheim. In den vergangenen Jahren hieß das Festival Bands wie Die Ärzte, Die Toten Hosen oder die Beatsteaks willkommen. Die Organisatoren kündigten an, dass das 15-jährige Bestehen im kommenden Jahr groß gefeiert werden solle.
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