Fulda (dpa)
Bätzing: Katholische Bischöfe streben wirkliche Reformen an
Derzeit läuft in der katholischen Kirche in Deutschland ein Reformprozess, der Synodale Weg. Kritiker sagen: Da kommt am Ende doch nichts bei rum. Dem widerspricht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nun entschieden.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat zu Beginn ihrer Herbstvollversammlung in Fulda den Willen zu echten Reformen unterstrichen.
Ziel des derzeitigen Reformprozesses der deutschen Katholiken, des Synodalen Wegs, sei es, „das Handeln der Kirche sehr konkret zu verändern“, betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Montag zu Beginn des viertägigen Treffens. Es gehe nicht um einen „kleineren Außenanstrich“, sondern um „wesentliche Veränderungen“.
Konkret heißt das für Bätzing: „Die Rolle der Frau ist nach meinem Begriff, das habe ich oft genug gesagt, die entscheidende Zukunftsfrage, und eine Öffnung in die Dienste und Ämter hinein muss diskutiert werden.“ Zur kirchlichen Sexualmoral sagte er: „Wir brauchen da Zeichen. Zeichen auch im Blick auf Partnerschaften, die nicht in einer sakramentalen Ehe beschlossen werden, ob sie gleichgeschlechtlich oder mehrgeschlechtlich sind. Wir brauchen konkrete Zeichen.“
Bätzing machte diese Zusicherung angesichts immer drängenderer und ungeduldiger Forderungen nach Reformen. So hatte Andrea Keber von der feministischen Reformbewegung „Maria 2.0“ zuvor bei einer Pressekonferenz in Fulda erklärt, man erwarte von den Bischöfen auch „eine klare Positionierung gegenüber Rom“. Es helfe nichts, lediglich für Reformbestrebungen Verständnis zu zeigen und Zusicherungen zu machen - und dann einzuknicken, wenn eine Entscheidung aus Rom komme, sagte Keber und erklärte auch mit Blick auf die massiven Kirchenaustritte: „Es geht um die Zukunft dieser Kirche.“
An der Pressekonferenz beteiligten sich auch Vertreter der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ sowie die stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, Agnes Wuckelt. Sie verwies darauf, dass gerade auch eine wachsende Zahl von Frauen der katholischen Kirche den Rücken zukehrten - und keineswegs nur junge Frauen: Zuletzt seien auch bei den über 80- und sogar über 90-jährigen weiblichen Kirchenmitgliedern Austritte zu verzeichnen gewesen.
Konservative Bischöfe wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wiederum kritisieren, dass Bätzing und andere Reformer nur Erwartungen schüren würden, die sie am Ende nicht einhalten könnten, weil der Vatikan dabei nicht mitmachen werde. Dies könne dann nur zu großem Frust bei den deutschen Katholiken führen. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte jüngst sogar Alternativtexte auf einer eigenen Website veröffentlicht. Dazu sagte Bätzing, dies sei ein „Überraschungsmoment“ gewesen, Voderholzers Initiative gefährde den Synodalen Weg jedoch in keiner Weise. Ob es klug von ihm gewesen sei, so zu handeln, müsse sich zeigen. Vom 30. September bis zum 2. Oktober tritt in Frankfurt/Main zum zweiten Mal die Synodalversammlung zusammen, das aus Klerikern und Laien (Nichtklerikern) zusammengesetzte Gremium, das am Ende konkrete Handlungsempfehlungen vorgeben soll.
An der Herbstvollversammlung nimmt auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße teil, der dem Papst im März seinen Rücktritt angeboten hatte. Der Grund dafür war, dass ihm ein Gutachten Pflichtverletzungen bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch nachgewiesen hatte. In der vergangenen Woche hatte Papst Franziskus gleichwohl entschieden, dass Heße in sein Amt zurückkehren kann. Dies hatte in Deutschland eine Welle der Kritik ausgelöst. Der Tenor war: Was müssen Bischöfe eigentlich tun, um ihr Amt zu verlieren?
Bätzing äußerte in Fulda Verständnis für die Irritation. „Ich kann das wirklich gut verstehen“, sagte er. Für den Papst sei jedoch ausschlaggebend gewesen, dass er keine Hinweise für eine „aktive, willentliche Vertuschung“ durch Heße gefunden habe. Es sei aber nicht so, dass der Papst immer seine schützende Hand über die Bischöfe halte. In den vergangenen Jahren hätten etliche Bischöfe auf der Welt ihr Amt verloren, betonte Bätzing.
Zugleich mahnte er eine baldige Entscheidung im Fall des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki an. Das größte deutsche Bistum befindet sich seit einem Jahr in einer Dauerkrise, weil Woelki ein Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsvorwürfen zunächst aufgrund rechtlicher Bedenken zurückgehalten hatte. „Wir warten. Ich warte auch“, sagte Bätzing.
Nach einer von der „Bild“-Zeitung in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage wollen 61 Prozent der rund 22,2 Millionen Katholiken in Deutschland, dass Franziskus Woelki sofort abberuft. Der Zeitung zufolge sprachen sich in der Insa-Umfrage 70 Prozent der Katholiken dafür aus, „dass alle 27 deutschen Ortsbischöfe dem Papst ihren Rücktritt anbieten, weil die Kirche insgesamt in der Missbrauchsaffäre versagt“ habe. 51 Prozent der Katholiken haben demzufolge schon an Kirchenaustritt gedacht, davon 19 Prozent wegen des umstrittenen Kardinals Woelki.
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