Genf (dpa)
ILO: Arbeitsmarkterholung langsamer als gedacht
Reichere Länder sind besser durch die Krise gekommen, sagt die Internationalen Arbeitsorganisation - und warnt zugleich, dass sich die Ungleichheit auf den Arbeitsmärkten weiter verschärft.
Die Corona-Pandemie belastet die Arbeitsmärkte nach einer Analyse der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) weltweit stärker als bislang gedacht.
Die Konjunkturerholung sei ungleich verteilt, und das liege an den ungleichen Impfraten und finanziellen Möglichkeiten der Regierungen, sagte ILO-Chef Guy Ryder am Mittwoch in Genf. „Wir hatten in diesem Jahr mit einer langsamen, aber anhaltenden Erholung gerechnet. Dieser relative Optimismus ist geschwunden“, sagte er.
2021 werde die Zahl der Arbeitsstunden weltweit 4,3 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau liegen, das entspreche 125 Millionen weniger Vollzeitstellen, so die ILO. Im Juni war sie noch von minus 3,5 Prozent oder 100 Millionen weniger Vollzeitstellen ausgegangen.
Schon vor der Pandemie waren nach ILO-Angaben fast eine halbe Milliarde Menschen weltweit arbeitslos oder ohne ausreichende Arbeit. Jedes Jahr drängen Millionen junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt.
Die Pandemie habe die Ungleichheit zwischen den Ländern und innerhalb der Länder noch verstärkt, sagte Ryder. Reichere Länder hätten die Wirtschaft mit Steueranreizen und anderen Mitteln besser auffangen können als ärmere. Innerhalb der Länder hätten kleinere Firmen und geringer qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am stärksten unter der Pandemie gelitten.
Ryder warnte davor, es zuzulassen, dass sich die Ungleichheit weiter verschärft. Die Regierungen müssten dies mit finanzieller und technischer Hilfe abwenden. Er appellierte an reiche Länder, dafür zu sorgen, dass in den ärmeren Ländern mehr geimpft werden kann.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) moniert, dass reiche Länder Impfstoffe für Auffrischimpfungen horten, während in armen Ländern selbst Personal im Gesundheitsbereich mangels Impfstoff noch auf die erste Impfung wartet.
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