Berlin (dpa)
Bundespräsident Steinmeier würdigt Löw im Schloss Bellevue
Hansi Flick brütet über seinem letzten Kader 2021. Sein Vorgänger Joachim Löw muss sich mit Personalien nicht mehr beschäftigen. Der einstige Weltmeister-Trainer wird vom Bundespräsidenten mit besonderen Worten geehrt.
Beim Mittagessen mit Joachim Löw waren auch für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die wunderbaren Bilder des goldenen WM-Sommers 2014 schnell wieder präsent.
„Sie haben den Menschen in diesem Land viele Momente geschenkt, die im Gedächtnis unserer Nation bleiben werden“, sagte Steinmeier in seiner Laudatio zu Ehren des ehemaligen Bundestrainers in seinem Amtssitz in Berlin. Die Erinnerung an den WM-Titel von Rio de Janeiro war der rote Faden in der präsidialen Lobeshymne auf den im Sommer zurückgetretenen vierten deutschen Weltmeistertrainer nach Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer.
Löws Gesamtwerk als Bundestrainer
Gut vier Monate nach dem EM-Ausscheiden mit dem schmerzhaften 0:2 im Achtelfinale in Wembley gegen England war der Termin im Schloss Bellevue der erste größere öffentliche Auftritt für Löw. WM-Aus 2018, Spanien-Demütigung und zu frühes EM-Scheitern zum Abschluss spielten darin nur eine kleine Rolle. Es ging um Löws Gesamtwerk als Bundestrainer. „Wir ehren heute einen Erneuerer und Visionär, der den deutschen Fußball zurück an die Weltspitze geführt hat“, sagte Steinmeier und wandelte den WM-Song 2014, „Ein Hoch auf uns“ von Andreas Bourani, für Löw ab: „Ein Hoch auf Sie!“
Für den höchsten Repräsentanten Deutschlands gehen die Verdienste Löws als Rekord-Bundestrainer weit über das Sportliche hinaus. „Joachim Löw und seine Spieler stehen für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland, für ein Deutschland, das nicht griesgrämig, verbissen und herablassend auftritt, sondern freundlich, zuversichtlich und fair“, sagte Steinmeier laut vom Bundespräsidialamt veröffentlichtem Redetext.
Für Steinmeier bleibt Löw als Vorbild ein Top-Repräsentant Deutschlands. „Wir ehren heute einen Bundestrainer, dessen Mannschaft die Vielfalt unserer Gesellschaft widergespiegelt hat. Die Erfolge seines Teams haben das Selbstbild unseres Landes verändert, sie haben unterschiedliche Herkunftsgeschichten junger Deutscher zum festen Bestandteil unserer nationalen Erzählung gemacht. Und sie haben vor allem gezeigt, wie viel wir als Verschiedene gemeinsam erreichen können, wenn wir füreinander da sind“, sagte Steinmeier.
Löws bemerkenswerte Bilanz
198 Spiele, 124 Siege in 15 Jahren als Bundestrainer. Löws Bestmarken werden mit dem Glanzpunkt des WM-Sieges 2014 lange Bestand haben. Während sein Nachfolger Hansi Flick bis zum Freitag die richtige personelle Zusammenstellung für die letzten beiden Länderspiele gegen Liechtenstein und Armenien in der längst geschafften WM-Qualifikation 2022 finden muss, ist Löw dem hektischen Fußball-Alltag entkommen.
Er hatte sich nach seinem Abschied bewusst aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. In gewisser Weise blieb er sich damit selber treu. Auch als Bundestrainer hatte er sich nach Turnieren eine - natürlich kürzere - Auszeit genommen. Erholung und Selbstreflexion waren für ihn immer wichtig.
Den erfolgreichen Neustart unter seinem Rio-Assistenten Flick verfolgte Löw mit Wohlwollen. „Ich freue mich für ihn, für die Mannschaft. Sehr vielversprechend. Die Spiele waren gut“, sagte Löw in einem Mitte Oktober vom TV-Sender Sky veröffentlichten Video, in dem die Moderatoren mit Löw telefonierten. „Gute Dynamik. Guter Geist in der Mannschaft auf jeden Fall, ein guter Anfang“, sagte Löw.
Offizieller Abschied am 11. November
In der kommenden Woche hat Löw dann auch wieder einen öffentlichen Auftritt im DFB-Kreis. Beim letzten Heimspiel der WM-Qualifikation am 11. November gegen Liechtenstein wird der 61-Jährige in Wolfsburg im Stadion gemeinsam mit seinem Langzeit-Torwarttrainer Andreas Köpke und seinem ehemaligen Assistenten Thomas Schneider offiziell verabschiedet. Ehemalige Weltmeister wie Per Mertesacker, Sami Khedira und Lukas Podolski werden dann für Löw Spalier stehen.
„Ein Teil der Nationalmannschaftsfamilie kommt zusammen. Spieler, Trainer, Betreuer, die ihn über die Jahre begleitet haben und ihm viel bedeuten, die mit ihm gemeinsam Weltmeister geworden sind“, sagte Rio-Champion Benedikt Höwedes, der derzeit DFB-Direktor Oliver Bierhoff assistiert. Die schönen Erinnerungen an den Rio-Triumph werden dabei nicht fehlen.
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