Brüssel (dpa)

Flüge mit Folgen: Empörung über von der Leyen und Johnson

Ansgar Haase und Christoph Meyer, dpa
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Von Ansgar Haase und Christoph Meyer, dpa
| 04.11.2021 12:12 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Die EU-Kommissionspräsidentin reiste im Privatjet von Wien nach Bratislava. Foto: Jeff J Mitchell/PA Wire/dpa
Die EU-Kommissionspräsidentin reiste im Privatjet von Wien nach Bratislava. Foto: Jeff J Mitchell/PA Wire/dpa
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Reisen im Privatjet bergen für Politiker seit jeher ein Imagerisiko. Nun sehen sich EU-Kommissionschefin von der Leyen und der britische Premier Johnson Vorwürfen ausgesetzt.

Wann ist es gerechtfertigt, dass Spitzenpolitiker einen Privatjet nutzen? Und wann sollten sie als Menschen mit besonderer Vorbildfunktion lieber verzichten?

Enthüllungen über klimaschädliche Reisen von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Großbritanniens Premier Boris Johnson haben eine hitzige Diskussion über deren Glaubwürdigkeit im Kampf gegen die Erderwärmung entfacht - und das ausgerechnet während der UN-Klimakonferenz COP26.

Die EU-Kommission musste am Donnerstag einräumen, dass von der Leyen im Juni mit einem Charterjet von Wien aus in die keine Hundert Kilometer entfernte slowakische Hauptstadt Bratislava geflogen war. In London stand unterdessen der britische Premierminister Boris Johnson im Kreuzfeuer der Kritik. Der konservative Politiker hatte am Dienstag den versammelten Staats- und Regierungschefs bei der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow gehörig ins Gewissen geredet, beim Kampf gegen den Klimawandel den Worten Taten folgen zu lassen.

Einem Bericht des „Daily Mirror“ zufolge setzte sich Johnson allerdings direkt danach in einen Privatjet und flog zu einem Dinner in einem exklusiven Club in London, dessen Mitgliedschaft Männern vorbehalten ist. Er soll dort den früheren Chefredakteur des „Daily Telegraph“ und bekennenden Klimawandelskeptiker Charles Moore getroffen haben.

„Atemberaubende Heuchelei“

Die Reaktionen fielen empört aus. „Das ist atemberaubende Heuchelei vom Premierminister“, sagte Anneliese Dodds von der oppositionellen Labour-Partei dem „Mirror“. Von der Leyen geriet ebenfalls unter Beschuss. Der rund 20-minütige Flug von Wien nach Bratislava sei eine „ökologische Sünde“, sagte der Generalsekretär des Steuerzahlerbundes, Michael Jäger, der „Bild“-Zeitung (Donnerstag). Neben Steuergeld koste dies „vor allem viel Glaubwürdigkeit“. Die CDU-Abgeordnete Jana Schimke kommentierte: „Wenn man Wandel will, dann muss man ihn auch vorleben. Ansonsten wird man unglaubwürdig.“

Beide Kritiker spielten darauf an, dass von der Leyen die EU zum Vorreiter beim Klimaschutz machen will und immer wieder zu mehr Engagement aufruft. „Wir alle, weltweit, müssen viel mehr Tempo machen“, forderte sie erst Anfang der Woche bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow.

Nun müssen sich die frühere deutsche Verteidigungsministerin und der britische Premier unangenehme Fragen gefallen lassen. Ist es wirklich so, dass sie wegen voller Terminkalender oft keine anderen Reisemöglichkeiten haben als klimaschädliche Charterjet-Flüge? Wie viele Termine sind wirklich notwendig und wie viele nur PR in eigener Sache? Kann man den normalen Bürger und Manager dazu bringen, Flugreisen einzuschränken, wenn man es selbst offensichtlich nur in sehr begrenztem Umfang schafft?

Der Sprecher der EU-Kommissionspräsidentin bemühte sich um Schadensbegrenzung. Er argumentierte, dass ein Zurücklassen des Charterflugzeugs in Wien eine Verzögerung der geplanten Weiterreise nach Lettland zur Folge gehabt hätte und dass die persönlichen Kontakte zu den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten sehr wichtig seien. Zudem seien die Reisen in die Mitgliedstaaten auch unabdingbar, um den Bürgern in der EU zu zeigen, dass die EU bei der Bewältigung der Corona-Krise eine wichtige Rolle spiele.

Den deutschen Europaabgeordneten Martin Schirdewan überzeugte das allerdings nicht. „Schöne Worte und echte Taten klafften bei Kommissionspräsidentin von der Leyen schon immer weit auseinander“, kommentierte der Co-Chef der Linken im Parlament. Die europäische Spitzenpolitik habe aufgehört, Vorbild zu sein. So gehe die Glaubwürdigkeit europäischer Politik nachhaltig verloren.

© dpa-infocom, dpa:211104-99-863587/13

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