München (dpa)
BGH befasst sich mit Maskenaffäre um Nüßlein und Sauter
Zwei CSU-Politiker verdienten mit umstrittenen Maskengeschäften viel, viel Geld. Vor dem OLG haben sie nun einen juristischen Sieg errungen - aber das Gericht wählt dabei überaus kritische Worte.
Die Maskenaffäre um den Ex-CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und den CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter wird zum Fall für den Bundesgerichtshof (BGH).
Die Generalstaatsanwaltschaft München kündigte am Donnerstag an, beim BGH Beschwerde gegen mehrere Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) München einzulegen. Dieses hatte zuvor mitgeteilt, dass es im Handeln der Beschuldigten „den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nicht erfüllt“ sieht - wobei die Richter die aktuelle Rechtslage, an die sie gebunden seien, mit auffallend deutlichen Worten kritisieren.
Nüßlein und Sauter sollen für die Vermittlung von Corona-Maskengeschäften im Jahr 2020 viel Geld bekommen haben, Nüßlein 660.000 Euro, Sauter sogar 1.243.000 Euro. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen Nüßlein, Sauter und einen Unternehmer unter anderem wegen Korruptionsverdachts eingeleitet. Grundlage ist Paragraf 108e des Strafgesetzbuchs - Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern.
Erfolgreich Beschwerde eingelegt
Alle drei hatten sich vor dem OLG gegen Durchsuchungsbeschlüsse und gegen sogenannte Vermögensarreste gewehrt. Der Unternehmer legte zudem Beschwerde gegen einen Haftbefehl ein, der zwischenzeitlich aber bereits außer Vollzug gesetzt worden war. Diesen Beschwerden gaben drei verschiedene OLG-Senate nun weitgehend statt. Nüßlein und Sauter bekommen damit das Geld aus den Maskengeschäften zurück. Der Haftbefehl wurde nunmehr ganz aufgehoben. Und im Fall Sauter war, anders als bei den beiden anderen, laut OLG-Entscheidung auch schon der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig: Schon bei dessen Erlass habe kein ausreichender Verdacht bestanden, „dass die ihm zugesagte Gewinnbeteiligung auch parlamentarische Tätigkeiten einschließen sollte“, hieß es in der Mitteilung des Oberlandesgerichts.
Das OLG befasste sich dabei sehr grundsätzlich mit der gesamten Problematik: Der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern setze voraus, „dass einem Abgeordneten ein Vorteil als Gegenleistung für eine Handlung bei der Wahrnehmung seines Mandats zugewendet beziehungsweise versprochen wird“, so das Gericht. „Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers macht sich dagegen ein Mandatsträger durch die Annahme von unberechtigten Vermögensvorteilen nicht strafbar, wenn er - wie vorliegend geschehen - lediglich die Autorität seines Mandats oder seine Kontakte nutzt, um Entscheidungen von außerparlamentarischen Stellen, zum Beispiel Behörden und Ministerien, zu beeinflussen.“ Diesen klaren Willen des Gesetzgebers hätten die Senate bei ihren Entscheidungen hinnehmen müssen.
„Ausnutzung einer nationalen Notlage“
Allerdings machen die Richter selbst keinen Hehl daraus, dass sie damit selbst unzufrieden sind: Dass sogar „die missbräuchliche Kommerzialisierung des Mandats unter Ausnutzung einer nationalen Notlage von beispielloser Tragweite“ nach aktueller Rechtslage straflos bleibe, erscheine kaum vertretbar und stehe in eklatantem Widerspruch zum allgemeinen Rechtsempfinden, so eine Argumentation.
Die Generalstaatsanwaltschaft will aber auch so erst einmal eine höchstrichterliche Klärung durch den Bundesgerichtshof herbeiführen. Die Rechtsfrage sei bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden, teilten die Ermittler umgehend mit. „Nach vorläufiger Beurteilung überzeugt die Begründung des Oberlandesgerichts nicht.“ Die aktuelle rechtliche Würdigung des OLG weiche auch von der rechtlichen Würdigung der Ermittlungsrichterin des OLG ab - diese hatte die Durchsuchungs- und die anderen Beschlüsse damals erlassen.
Zur endgültigen Klärung lege man deshalb Beschwerde zum BGH ein. Das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern werde weiter fortgeführt. „Rechtlich maßgeblich wird die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache sein, die es abzuwarten gilt“, betonte die Generalstaatsanwaltschaft.
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