Berlin (dpa)

Tag 1: Die neue Regierung macht sich an die Arbeit

Theresa Münch, Michael Fischer, Ulrich Steinkohl, Andreas Hoenig, Jörg Blank, dpa
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Von Theresa Münch, Michael Fischer, Ulrich Steinkohl, Andreas Hoenig, Jörg Blank, dpa
| 09.12.2021 18:36 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Bundeskanzler Scholz bei der Amtsübergabe von Steffen Seibert an den neuen Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Foto: Steffi Loos/POOL AP/dpa
Bundeskanzler Scholz bei der Amtsübergabe von Steffen Seibert an den neuen Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Foto: Steffi Loos/POOL AP/dpa
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„An die Arbeit!“ Mit diesen Worten hat sich Angela Merkel am Mittwoch aus dem Kanzleramt verabschiedet. Ihr Nachfolger Olaf Scholz und seine Regierung nehmen sich das zu Herzen und legen am ersten Arbeitstag gleich richtig los.

Zeit zum Eingewöhnen gibt es kaum, für die neue Bundesregierung geht es sofort an die Arbeit: Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz absolvierte an seinem ersten vollen Arbeitstag in neuer Funktion auch gleich sein erstes internationales Gipfeltreffen.

Joe Biden hatte für Donnerstag und Freitag Vertreter von mehr als 100 Regierungen zu einem virtuellen „Gipfel für Demokratien“ eingeladen, bei dem Scholz gleich zum Auftakt dabei war. Anschließend schaltete er sich mit den Ministerpräsidenten der Länder zu Beratungen unter anderem zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zusammen. Aber das waren längst nicht alle Termine auf seinem Programm.

Amtsübergaben

Scholz ist am Mittwoch zwar schon ins Kanzleramt eingezogen. Aber an seiner alten Wirkungsstätte, dem Finanzministerium, verabschiedete er sich erst am Donnerstag. Seinem Nachfolger Christian Lindner von der FDP gab er auf den Weg, beim Wirtschaften schon jetzt daran zu denken, dass die nächste Krise bestimmt komme. Lindner sagte, er verstehe das Finanzministerium als „Ermöglichungsministerium“ - als Ministerium, das die Vorhaben der neuen Regierung ermögliche und dabei zugleich die Verfassung achte und sparsam mit den Mitteln der Steuerzahler umgehe.

Auch in anderen Ministerien gab es noch Amtsübergaben. Nur in einem ist das nicht nötig: Im Arbeitsministerium bleibt der SPD-Politiker Hubertus Heil am Ruder. Er lud zum Auftakt seiner zweiten Amtsperiode trotzdem zu einer virtuellen Mitarbeiterversammlung ein.

Neuer Regierungssprecher

Der bisherige Pressesprecher von Scholz im Finanzministerium, Steffen Hebestreit, hat die Leitung des Bundespresseamts vom bisherigen Amtsinhaber Steffen Seibert übernommen. Scholz verwies bei der Übergabe darauf, dass Hebestreit über Jahre als Journalist gearbeitet habe und die Perspektive der Medien gut kenne. Seibert räumte ein, dass es für ihn Tage gemischter Gefühle seien. Er habe beim Gang durchs Regierungsviertel am Vortag aber eine anregende Stimmung und neuen Elan festgestellt. „Das nimmt einen aufs Neue wieder ganz stark für unsere Demokratie ein“, sagte Seibert mit Blick auf den reibungslosen Regierungswechsel.

Erste Reisen

Die neue Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) brach schon am Mittwochabend zu ihrer ersten Reise nach Paris, Brüssel und Warschau auf. Dabei beschwor sie die europäische Einigkeit und die deutsch-französische Freundschaft. Europa sei „Dreh- und Angelpunkt der deutschen Außenpolitik“, sagte die Grünen-Politikerin. Die erste Frau an der Spitze des Auswärtigen Amts nutzte die Paris-Visite auch für einige private Momente. Auf dem Weg vom französischen Außenministerium zum Bahnhof, von dem sie klimagerecht mit dem Zug nach Brüssel fuhr, lässt die 40-Jährige ihre Fahrzeugkolonne kurz auf einer Seine-Brücke halten, um Fotos mit dem Eiffelturm im Hintergrund machen zu lassen. Diese seien nur für ihre beiden Töchter, sagte sie bei dem spontanen Stopp.

Bundestag

Der Regierungswechsel schlug sich auch im Bundestag nochmals nieder: Dieser wählte die bisherige Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zur Vizepräsidentin. Notwendig wurde die Wahl, weil ihre Vorgängerin Claudia Roth jetzt Kulturstaatsministerin ist.

Ansonsten herrschte im Reichstagsgebäude nach der Zäsur durch die Bundestagswahl und Regierungsbildung fast schon wieder Routine. Wirtschaftshilfen in der Corona-Krise, die drohende Eskalation des Ukraine-Konflikts und die sozialen Folgen der deutlich gestiegenen Inflation waren einige der Themen. Nichts Aufregendes also - und so war denn die Regierungsbank dünn besetzt. Kanzler und Vizekanzler ließen sich zwar kurz blicken, waren aber auch schon bald wieder weg.

So mancher Minister ließ sich durch einen Staatssekretär vertreten. In der Debatte über den AfD-Antrag zur Inflation war es zum Beispiel die neue Baustaatssekretärin Cansel Kiziltepe (SPD), die den Rechtspopulisten vorwarf, Hysterie zu schüren. In der kommenden Woche könnte es wieder spannender werden - möglicherweise hält Scholz dann seine erste Regierungserklärung und skizziert die Grundlinien der von ihm geführten Koalition.

© dpa-infocom, dpa:211209-99-322212/2

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