Hamburg/Moskau (dpa)
Deutsche Gazprom-Gasspeicher leerer als Anfang November
Vor einem Monat wollte der russische Staatskonzern Gazprom mit dem Auffüllen deutscher Gasspeicher beginnen. Angekommen ist davon noch nicht so viel.
Die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin Ende Oktober angekündigte Liefermengenerhöhung nach Deutschland lässt sich bislang nicht am Füllstand der Gazprom-Gasspeicher ablesen.
So waren die deutschen Speicher der Firma Astora, einer Tochtergesellschaft des russischen Staatskonzerns Gazprom, am Mittwoch (8.12.) insgesamt nur zu rund 18 Prozent gefüllt. Gazprom hatte am 9. November mitgeteilt, mit der Gas-Einspeisung in fünf europäische unterirdische Anlagen begonnen zu haben. Am 8. November waren die deutschen Gazprom-Speicher einer Übersicht der europäischen Speicherunternehmen zufolge noch zu 22 Prozent gefüllt.
Zuvor hatte am Freitag der „Spiegel“ berichtet. Astora erklärt auf Anfrage des Nachrichtenmagazins, man habe als Betreiber von Gasspeichern „aufgrund gesetzlicher Vorgaben keinen Einfluss auf das Kundenverhalten und die Füllstände“.
Kritiker hatten Gazprom mehrfach vorgeworfen, nicht auf die erhöhte europäische Nachfrage reagiert zu haben. Vermutet wurde, dass die russische Seite so eine rasche Inbetriebnahme der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 erzwingen will. Moskau wies solche Anschuldigungen zurück. Russland wirft vielmehr der EU vor, es nach dem letzten kalten Winter versäumt zu haben, ihre Gasspeicher rechtzeitig wieder aufzufüllen.
Großhandelspreise auf Rekordniveau
Die Großhandelspreise für Gas liegen nach Angaben des Vergleichsportals Check24 derzeit auf Rekordniveau. Demnach kostete eine Megawattstunde Erdgas zuletzt gut 81 Euro, vor einem Jahr waren es nur knapp 14 Euro. Auch die Gaspreise für Verbraucher haben laut Vergleichsportal Verivox einen Rekordwert erreicht.
Die russische Staatsagentur Tass meldete, Gazprom liefere weiter über die verschiedenen Leitungen. Russland hatte stets betont, seine Verpflichtungen im vollen Umfang zu erfüllen. Allerdings gibt es insgesamt weiter keine Liefermengen, wie sie nötig wären, um Speicher rasch aufzufüllen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.
Gazprom selbst hatte erklärt, den Transit durch die Ukraine zwar zu nutzen, aber keine zusätzlichen Liefermengen zu buchen bei den Auktionen, weil die Durchleitungsgebühren dafür zu hoch seien. Putin hatte zudem erklärt, dass das Leitungsnetz in der Ukraine marode und störungsanfällig sei. Normal in Betrieb ist Nord Stream 1. Russland hatte immer darauf hingewiesen, dass sich die Lage durch die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 entspannen ließe.
Insgesamt waren die europäischen Speicher der im Branchenverband Gas Infrastructure Europe vertretenen Unternehmen am Mittwoch zu gut 64 Prozent gefüllt - mit der für die Jahreszeit üblichen, abnehmenden Tendenz. Der Füllstand am 8. Dezember des Vorjahres lag allerdings bei knapp 84 Prozent. Der aktuelle Speicherstand ist der niedrigste Füllstand an einem 8. Dezember seit mindestens 2011, wie sich einer Übersicht des Verbandes entnehmen lässt. Der bisherige Tiefstwert an diesem Datum lag 2016 bei 74,9 Prozent. Die Gasspeicher in Deutschland waren am Mittwoch zu 61 Prozent gefüllt (Vorjahr: 83 Prozent).
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