Hamburg (dpa)

Alkoholmissbrauch von Schülern 2020 rückläufig

| 14.12.2021 05:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Ein Mann und eine Frau sitzen in der Abenddämmerung am Rheinufer und trinken aus Flaschen. (Archivbild). Foto: Marius Becker/dpa
Ein Mann und eine Frau sitzen in der Abenddämmerung am Rheinufer und trinken aus Flaschen. (Archivbild). Foto: Marius Becker/dpa
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Gab es unter Kindern und Jugendlichen im ersten Pandemie-Jahr weniger Drogenexzesse? Auf diese positive Entwicklung weist eine aktuelle Erhebung der Krankenkasse DAK hin. Was die Experten darüber hinaus herausgefunden haben, ist aber eher besorgniserregend.

Weniger Partys gleich weniger Rausch bei Jugendlichen? Das legt zumindest das Ergebnis einer Studie nahe, die die DAK-Gesundheit an diesem Dienstag vorgestellt hat.

Demnach waren im Corona-Pandemiejahr 2020 deutlich weniger Schulkinder wegen Alkoholmissbrauchs in ärztlicher Behandlung. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die deshalb Krankenhäuser oder Arztpraxen aufsuchten, sank im Vergleich zu 2019 um 28 Prozent.

Auch bei Tabak, Cannabis und weiteren Drogen zeigt sich im sogenannten Kinder- und Jugendreport 2021 ein Rückgang. So wurden 2020 insgesamt 18 Prozent weniger Kinder wegen Substanzmissbrauchs ärztlich versorgt. Gestiegen ist dem Bericht zufolge dagegen unter anderem die Zahl der depressiven Jugendlichen.

Für den Report untersuchten Wissenschaftler der Universität Bielefeld anonymisierte Abrechnungsdaten von rund 800.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. „Wir müssen den Rückgang des Suchtmittelkonsums bei Jugendlichen vorsichtig interpretieren“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, zu den Daten. Der Rückgang könne „auch damit zusammenhängen, dass Eltern stark mit sich selbst beschäftigt waren“ und deshalb weniger Kinder in Behandlung gewesen seien. Jenseits dessen sei der Einbruch bei den Alkoholexzessen aber „sicherlich auch auf weniger Partys“ zurückzuführen.

Die Daten zu Depressionen zeigen, dass acht Prozent mehr Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren neu an Depression erkrankten. Mädchen seien hier im späten Jugendalter dreimal so häufig wegen Depressionen in Behandlung gewesen wie gleichaltrige Jungen. Bei den Fünf- bis Zwölfjährigen erkrankten knapp zwölf Prozent weniger an Depressionen. Diese Altersgruppe wies dem Report zufolge aber deutlich mehr neue Fälle von Fettleibigkeit auf. So habe es im Vergleich zum Vorjahr 16 Prozent mehr Grundschulkinder gegeben, die neu an Adipositas erkrankt seien. Bei den älteren Teenagern blieb die Zahl demnach konstant.

Sorge bereitet den Studienautoren auch ein weiterer Befund zur Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV), was junge Frauen betrifft: Den Daten zufolge ist die Zahl der verabreichten Impfungen, die heranwachsende Frauen vor Gebärmutterhalskrebs schützen können, um 14 Prozent zurückgegangen. Kinder- und Jugendärzte-Präsident Fischbach mahnte dazu, möglicherweise versäumte Informationskampagnen für diese Gruppe nachzuholen.

Hilfsorganisationen und Mediziner hatten in den vergangenen Monaten immer wieder auf die negativen Folgen der Corona-Pandemie für die körperliche und seelische Gesundheit junger Menschen aufmerksam gemacht. So wies etwa die Organisation Save The Children kürzlich auf internationale Umfragen hin, wonach die Fälle von Depressionen, Angstzuständen, Einsamkeit und sogar Selbstgefährdung unter Kindern zugenommen hätten.

„Wir müssen alles dafür tun, dass die Pandemie sich nicht langfristig auf die Gesundheit, die Entwicklung und die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen auswirkt“, sagte Bundesfamilienministerin Anne Spiegel am Dienstag der dpa. Ihrem Ministerium sei „bewusst, dass die pandemiebedingten Beschränkungen zu psychischen und körperlichen Belastungen und teilweise auch zu Entwicklungsverzögerungen und Lernrückständen geführt haben“, sagte die Grünen-Politikerin, für die der Schutz von Kindern und Jugendlichen in ihrer neuen Aufgabe in Berlin nach eigenen Worten große Priorität hat.

Spiegel wies darauf hin, dass insbesondere Kinder und Jugendliche „aus sozial schwächeren Verhältnissen oder aus Familien mit einer Migrationsgeschichte“ unter den Folgen der Pandemie leiden würden. Für alle Betroffenen sei es „besonders wichtig“, dass Schulen und Kitas nicht mehr geschlossen werden, erklärte sie. Sie werde „alles daran setzen“, die Belange von Familien und jungen Menschen in der Pandemie weiterhin im Blick zu haben.

© dpa-infocom, dpa:211214-99-372387/5

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