Genf (dpa)
China und Europa größte Hersteller von Corona-Impfstoffen
Was passiert, wenn Impfstoffhersteller auf Omikron umstellen müssen? Wie sieht die Versorgung der ärmsten Länder aus? Ein Datenanalyse gibt Einblicke - auch darüber, woher die meisten Präparate kommen.
Die meisten Impfstoffe gegen das Coronavirus werden in China und Europa hergestellt - bislang in diesem Jahr schon mehr als 6,8 Milliarden Dosen.
Auf den weiteren Plätzen folgen Indien und die USA. Das geht aus Analysen des Datenverarbeiters Airfinity hervor, der seine Berechnungen zusammen mit dem Pharmaverband IFPMA in Genf präsentierte. Airfinity schätzt die weltweite Produktion allein in diesem Dezember auf insgesamt 1,4 Milliarden. Damit wären es seit Beginn des Jahres rund um den Globus schon 11,15 Milliarden Dosen.
Bei einer Weltbevölkerung von annähernd acht Milliarden gäbe es rein rechnerisch für jeden Menschen mindestens eine Dosis. Tatsächlich ist die Verteilung aber sehr ungleich, insbesondere zwischen den reichen Industrienationen und armen Ländern. In Deutschland zum Beispiel haben mehr als 23 Millionen Menschen schon eine Booster-Spritze erhalten, in der Regel also drei Injektionen.
Von den gut elf Milliarden Dosen in diesem Jahr wurden rund 4,5 Milliarden in China hergestellt, knapp 2,3 Milliarden im europäischen Wirtschaftsraum, knapp 1,6 Milliarden in Indien und knapp 950 Millionen in den USA. Airfinity wurde 2015 in Großbritannien gegründet. Das Unternehmen wertet Hunderte Millionen Unternehmens- und Wissenschaftsdaten aus.
Bei gleichbleibender Produktion würden bis Ende Juni 2022 weitere 8,7 Milliarden Dosen produziert, so die Analyse. Wenn Hersteller die Hälfte ihrer Produktion für einen an die Omikron-Variante des Coronavirus angepassten Impfstoff umstellen müssten, gäbe es 3,7 Milliarden weniger.
Reiche Länder, die sich anfangs den Großteil der Impfstoffproduktion sicherten und wenig für die Versorgung ärmerer Länder übrig ließen, spenden inzwischen deutlich mehr Impfdosen als Anfang des Jahres, als die Impfstoffe frisch auf den Markt kamen. Auch das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitgegründete Programm Covax, das überwiegend ärmere Länder versorgt, kann inzwischen mehr bestellen.
Bis Ende November standen für die Versorgung der ärmeren Länder insgesamt 784 Millionen Dosen zur Verfügung. Ende Oktober waren es 620 Millionen, Ende September erst 460 Millionen. Selbst, wenn reiche Länder allen Bewohnern Auffrischimpfungen anböten, hätten sie nach Airfinity-Berechnungen bis März noch fast 1,4 Milliarden Impfdosen übrig, die sie spenden könnten.
Zwar haben nach Angaben des Instituts 57 Prozent der Menschen weltweit mindestens eine Impfdosis erhalten. Die Verteilung ist allerdings höchst ungleich: In 41 Ländern überwiegend in Afrika sind nach WHO-Angaben nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung geimpft. „Wir haben bei der gerechten Verteilung der Impfstoffe auf erschreckende Weise versagt und müssen es 2022 besser machen“, sagte der Generaldirektor des Verbands IFPMA, Thomas Cueni. Es müsse eine Impfstoffherstellung in Afrika aufgebaut werden.
Kritiker werfen der Pharmaindustrie vor, auf ihren Patenten zu beharren und dadurch eine weltweite Produktion zu verhindern. Die Industrie widerspricht. Es werde längst mit 300 Partnern weltweit zusammengearbeitet, sagte Michelle McMurry-Heath, Präsidentin des Biotechfirmen-Verbandes Biotechnology Innovation Organization (BIO). Die Patente seien als Anreiz nötig, damit die Pharmafirmen Innovationen vorantreiben. Firmen können für ihre Patente Lizenzen vergeben und dadurch viel Geld einnehmen.
Dass in vielen Ländern noch nicht viele Menschen geimpft seien, liege nicht daran, dass es zu wenig Impfstoff gebe, meinte McMurry-Heath. Vielmehr hätten viele Länder Probleme, in großem Umfang die Impfprogramme aufzulegen. Ebenso sei Skepsis der Impfung gegenüber ein Problem.
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