Washington (dpa)

Rückschlag für Biden - Demokrat gegen Prestigeprojekt

| 20.12.2021 05:55 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Joe Manchin ist demokratischer Senator des US-Bundesstaats West Virginia. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
Joe Manchin ist demokratischer Senator des US-Bundesstaats West Virginia. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
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Seit Monaten versucht US-Präsident Biden ein Paket mit Investitionen in Soziales und Klima durchzusetzen und bezirzt vor allem einen Parteikollegen. Doch der lässt ihn nun abblitzen.

Böse Überraschung für Joe Biden kurz vor Weihnachten: Eines der innenpolitischen Kernvorhaben des US-Präsidenten könnte komplett scheitern. Der demokratische Senator Joe Manchin verkündete, dass er einem billionenschweren Sozial- und Klimapaket nicht zustimmen könne.

Nun ist unklar, ob das Prestigeprojekt des Präsidenten noch zu retten ist. Republikaner bejubelten die Blockade des eher konservativen Demokraten Manchin. Dessen Parteikollegen reagierten empört. Das Weiße Haus warf dem Senator aus dem Bundesstaat West Virginia Wortbruch vor.

Es geht um ein Gesetzespaket, in dem unter anderem geplant ist, die mitunter immensen Kosten für Kinderbetreuung zu reduzieren, Familien steuerlich zu entlasten und Gesundheitsleistungen auszubauen. Mehr als 500 Milliarden Dollar sind für den Kampf gegen die Klimakrise eingeplant. Das Repräsentantenhaus hatte das Paket im November mit einer knappen Mehrheit der Demokraten verabschiedet. Die Zustimmung der anderen Kongresskammer, des Senats, fehlt aber.

Biden ist auf Manchin angewiesen

Widerstand kam dort in den vergangenen Monaten allen voran von Manchin, der Bidens Kernprojekt aus Sorge vor zu hohen Ausgaben seit langem aufhält. Am Sonntag sagte der Demokrat dem Sender Fox News, er habe seit jeher Vorbehalte und könne nicht für das Vorhaben stimmen. „Ich kann es einfach nicht. Ich habe alles Menschenmögliche versucht.“ Auf Nachfrage, ob sein Nein definitiv sei, antwortete der Senator: „Dies ist ein Nein zu dieser Gesetzgebung. Ich habe alles versucht, was ich kann.“ Es gebe Probleme wie Corona und die steigende Inflation, um die man sich dringender kümmern müsse.

Da die Demokraten im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit haben und die Republikaner das Paket ablehnen, ist der Präsident dort auf Manchins Stimme angewiesen. Ob sich das Vorhaben in geänderter Form noch durchsetzen lässt oder zumindest Teile davon, ist unklar. Biden hatte auch in diversen persönlichen Verhandlungsrunden mit Manchin versucht, seinen Parteikollegen von dem Paket zu überzeugen und ihn zu einem Ja zu bewegen. Unter anderem strich er den Umfang des Pakets von ursprünglich 3,5 Billionen auf 1,75 Billionen Dollar um die Hälfte zusammen. Doch der Senator blieb skeptisch.

Demokraten reagierten verärgert

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, reagierte empört auf dessen Nein: Manchin habe versprochen, nach einem Kompromiss zu suchen. Sollte dies nun ein Ende dieser Bemühungen bedeuten, sei das „eine plötzliche und unerklärliche Kehrtwendung und ein Bruch seiner Verpflichtungen gegenüber dem Präsidenten und den Kollegen des Senators im Repräsentantenhaus und im Senat“. Das Weiße Haus werde weiter auf ihn einwirken, um zu sehen, „ob er seine Position noch einmal ändert, um seine früheren Zusagen einzuhalten und zu seinem Wort zu stehen“. Das Paket sei zu wichtig. Man werde „einen Weg finden, nächstes Jahr weiterzumachen“. Wie, blieb offen.

Zahlreiche Demokraten im Kongress reagierten höchst verärgert und warfen Manchin vor, soziale Verbesserungen für das Land zu verhindern und die Agenda des Präsidenten zu sabotieren. Auch aus ihren Reihen hieß es, der Kampf für das Paket sei noch nicht vorbei. Republikaner dagegen feierten das Nein. Die Senatoren John Thune und John Cornyn sprachen auf Twitter von einem „frühen Weihnachtsgeschenk“. Bidens „verantwortungslose Ausgabenpläne“ seien nun durchkreuzt. Auch der republikanische Senator Lindsey Graham begrüßte Manchins Nein.

Zentrales Anliegen für Biden

Dass ein Kernprojekt eines Präsidenten aus den eigenen Reihen derart torpediert wird, ist ungewöhnlich. Biden hat sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, um das Vorhaben durchzusetzen. Das Sozial- und Klimapaket sowie ein bereits beschlossenes Paket mit großen Infrastrukturinvestitionen gehören zu den Kernanliegen seiner Präsidentschaft - sie sollten so etwas wie sein Vermächtnis sein.

Dass Biden nun trotz einer - wenn auch knappen - Mehrheit in beiden Kongresskammern nicht in der Lage scheint, dies durchzubekommen, kratzt an seiner Autorität. Vor den Kongresswahlen im November 2022 bräuchten er und seine Partei das Paket als Erfolg - zumal sie ihre Mehrheit in beiden Kammern verlieren könnten.

Außerdem verschärft Manchins Ankündigung interne Flügelkämpfe und eine Vertrauenskrise innerhalb der Demokratischen Partei. Liberale Demokraten hatten das zuvor beschlossene Infrastrukturpaket mitgetragen unter der Prämisse, dass moderate Demokraten auch dem Sozial- und Klimaschutzpaket zustimmen. Progressive Demokraten beklagten nun, Manchin sei von Anfang nicht zu trauen gewesen.

© dpa-infocom, dpa:211220-99-447541/3

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