Moskau/Washington (dpa)
Ukraine-Gespräche: Biden warnt Putin vor harten Sanktionen
Soldaten nahe der Grenze, düstere Warnungen und Sanktionsdrohungen: Der Ukraine-Konflikt schien zuletzt bedrohlicher zu werden. Nun wollen US-Präsident Biden und der russische Staatschef sprechen.
Die USA wollen Russland für den Fall eines weitergehenden militärischen Eingreifens in der Ukraine mit harten Sanktionen belegen.
US-Präsident Joe Biden will in einem für den späten Abend geplanten Telefonat mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin für eine diplomatische Lösung werben, aber auch die Bereitschaft zu harten Strafmaßnahmen betonen, wie ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses erklärte. Der Kreml reagierte zunächst nicht auf die Androhung aus den USA.
Vielmehr veröffentlichte der Kreml ein Neujahrsschreiben Putins an Biden. In dem Telegramm warb der Kremlchef für einen Dialog, „der auf gegenseitigem Respekt und der Berücksichtigung der nationalen Interessen des anderen beruht“. Die beiden Atommächte hätten eine besondere Verantwortung für die internationale und regionale Stabilität, heißt es in dem Schreiben. Angesichts vieler Herausforderungen und Bedrohungen für die Menschheit sollten Moskau und Washington „konstruktiv zusammenarbeiten“.
In dem Gespräch von Biden und Putin sollte es etwa um ein für den 10. Januar geplantes Treffen von Vertretern beider Länder in Genf gehen, bei dem auch die von Moskau geforderten Sicherheitsgarantien der Nato auf die Tagesordnung kommen sollten, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge in Moskau sagte.
Warnungen und Vorwürfe
Der Vertreter der US-Regierung sagte an die Adresse des Kreml: „Wir haben uns mit unseren Verbündeten abgestimmt, um harte Sanktionen gegen die russische Wirtschaft und das Finanzsystem zu verhängen - sehr viel weitergehender als das, was 2014 umgesetzt wurde.“ Damals hatte sich Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt und damit begonnen, Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen.
Für den Fall eines erneuten russischen Einmarsches in der Ukraine gebe es bereits Pläne, die Nato-Präsenz in den osteuropäischen Mitgliedstaaten auszubauen und deren Fähigkeit zu verstärken, warnte der US-Vertreter. Zudem sei man dazu bereit, „der Ukraine weitere Unterstützung zukommen zu lassen, ihr Gebiet zu verteidigen und auf eine mögliche russische Besatzung zu reagieren“, sagte er.
Die USA werfen Russland seit Wochen einen massiven Truppenaufmarsch in Gebieten an der Grenze zur Ukraine vor. Befürchtet wird im Westen eine russische Invasion der Ex-Sowjetrepublik. Russland weist das zurück und wirft wiederum der Ukraine vor, zusätzliche Soldaten in die Region verlegt zu haben.
US-Außenminister Antony Blinken hatte am Mittwoch zunächst mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen, später dann auch in einer Schalte mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und seinen Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien, wie das Ministerium erklärte. Sie hätten erneut ihre „standhafte Unterstützung“ für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine versichert, hieß es aus Washington.
Auch Gespräche mit Nato und OSZE geplant
Biden und Putin hatten Anfang Dezember im Rahmen einer rund zweistündigen Videoschalte gesprochen. Als Staatschefs waren sich die beiden erstmals im Juni in Genf persönlich begegnet.
Nach dem für den 10. Januar in Genf geplanten Treffen von Vertretern Russlands und den USA stehen weitere Gespräche an. Die Nato plant für den 12. Januar eine Unterredung mit der russischen Seite. Zudem soll es am 13. Januar ein Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dazu geben.
Ein direktes militärisches Eingreifen der USA oder der Nato wäre im Fall eines russischen Einmarsches in der Ukraine eher unwahrscheinlich. Washington und die europäischen Verbündeten dürften vielmehr mit drastischen Wirtschaftssanktionen reagieren. Unter anderem soll erwogen werden, Russland aus dem internationalen Zahlungsverkehr-System der in Belgien ansässigen Organisation Swift auszuschließen.
© dpa-infocom, dpa:211230-99-539354/4