Berlin/New York (dpa)

Merkel lehnt Jobangebot der Vereinten Nationen ab

Jörg Blank und Benno Schwinghammer, dpa
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Von Jörg Blank und Benno Schwinghammer, dpa
| 19.01.2022 02:32 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
UN-Chef António Guterres wollte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel als Beraterin gewinnen. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
UN-Chef António Guterres wollte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel als Beraterin gewinnen. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
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Seit sechs Wochen ist Angela Merkel „Bundeskanzlerin a.D.“ - außer Dienst. In der Öffentlichkeit ist sie seither kaum aufgetaucht. Jetzt ist zumindest klar, was sie künftig nicht machen will.

Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein Jobangebot von UN-Generalsekretär António Guterres aus New York abgelehnt.

Sie habe „dazu in der letzten Woche mit dem UN-Generalsekretär telefoniert, sich bedankt und ihm mitgeteilt, dass sie das Angebot nicht annehmen wird“, teilte Merkels Büro am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Offen bleibt weiterhin, ob und in welcher Form sie sich nach ihrem Ausscheiden am 8. Dezember künftig womöglich ehrenamtlich engagieren will. Merkel war 16 Jahre lang Bundeskanzlerin.

Beratung zu globalen öffentlichen Gütern

Guterres hatte der 67-Jährigen den Vorsitz in einem hochrangig besetzten Beratungsgremium zu globalen öffentlichen Gütern angeboten, die potenziell über Ländergrenzen hinweg der gesamten Weltbevölkerung dienen sollen. Beispiele für globale öffentliche Güter sind etwa die Ozonschicht, aber je nach Definition auch international geltende Regelwerke wie jene zur Flugsicherheit und zum weltweiten Handel. Auf Seiten der Vereinten Nationen war das Telefonat zwischen Guterres und Merkel zunächst nicht als definitive Absage gewertet worden.

Nach dpa-Informationen aus UN-Kreisen hatte Guterres Merkel das Angebot auch per Brief gemacht. Das Beratergremium zu globalen öffentlichen Gütern ist eines von Guterres' Vorzeigeprojekten zur UN-Reform. In seinem Bericht zur Veränderung der UN aus dem Jahr 2021 hatte er geschrieben: „Ich werde einen hochrangigen Beirat unter der Leitung ehemaliger Staats- und Regierungschefs bitten, globale öffentliche Güter und andere Bereiche von gemeinsamem Interesse zu ermitteln, in denen Verbesserungen der Führung am dringendsten erforderlich sind.“ Nach Ansicht von Guterres hat die Corona-Pandemie große Lücken bei der internationalen Zusammenarbeit aufgezeigt.

Ex-Kanzlerin seit 8. Dezember Privatperson

Merkel hatte sich nach 16 Jahren Regierungszeit mit dem Tag der Vereidigung ihres SPD-Nachfolgers Olaf Scholz am 8. Dezember aus der aktiven Politik zurückgezogen. Seither sind nur selten Fotos von ihr aufgetaucht. So war die Ex-Kanzlerin in der Woche nach dem Ende ihrer Amtszeit beim Lebensmittel-Einkauf im Berliner Kaufhaus des Westens gesehen worden. Ein damals in der „Bild“-Zeitung veröffentlichtes Foto zeigt sie im typischen Blazer mit schwarzer Hose und schwarzem Mund-Nase-Schutz. Das Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker besuchte Merkel gemeinsam mit ihrem Ehemann Joachim Sauer.

Über Merkels Zukunftspläne ist nur wenig bekannt. Nach Darstellung ihrer langjährigen Büroleiterin und Vertrauten Beate Baumann plant sie eine Autobiografie. Dem „Spiegel“ sagte Baumann im Dezember: „Die Kanzlerin möchte nicht ihr ganzes Leben nacherzählen. Sie möchte ihre zentralen politischen Entscheidungen in eigenen Worten erklären, und mit Rückgriff auf ihren Lebensweg.“ Das Buch werde ein gemeinsames Projekt von Merkel und Baumann, die seit fast 30 Jahren zusammenarbeiten, schrieb das Magazin. Laut Baumann ist es auf zwei bis drei Jahre angelegt, einen Verlag gebe es noch nicht.

Merkel selbst hatte sich vor dem Ende ihrer Amtszeit zurückhaltend über ihre Pläne geäußert. Im September antwortete sie bei der 750-Jahr-Feier ihrer Heimatstadt Templin in der Uckermark auf die Frage, ob sie künftig häufiger kommen werde, knapp: „Bestimmt.“ Die Ex-Kanzlerin besitzt dort ein Wochenendhaus. Es ist bekannt, dass sie sich dort gerne selbst um den Garten kümmert.

Nachdenken, „was mich eigentlich interessiert“

Bei ihrem Abschiedsbesuch in den USA im Juli sagte Merkel, sie wolle nach ihrer Amtszeit eine Pause einlegen und nachdenken, „was mich so eigentlich interessiert“. In den vergangenen 16 Jahren habe sie dafür nur wenig Zeit gehabt. „Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal.“

Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte sie im Oktober: „Jetzt schaue ich, dass ein paar Sachen folgen, die als Bundeskanzlerin etwas zu kurz kamen, vielleicht etwas reisen oder lesen oder einfach mal Muße haben in dem Wissen, dass nicht in den nächsten zwanzig Minuten schon wieder etwas Umwälzendes passieren kann. Darauf freue ich mich.“

Seit ihrem Auszug aus dem Kanzleramt arbeitet Merkel in einem Büro in einem Bundestagsgebäude. Beim Abschied von der Unionsfraktion im Dezember hatte sie nach damaligen Informationen aus Teilnehmerkreisen gesagt, sie ziehe in „Margot Honeckers Büro“ in der Straße Unter den Linden ein - wo auch Helmut Kohls Büro als Altkanzler gewesen sei. Die Ehefrau des damaligen DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker hatte in der DDR Unter den Linden residiert.

Ihren womöglich ersten öffentlichen politischen Auftritt nach dem Ende ihrer Amtszeit dürfte Merkel am 13. Februar haben. Die CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern hat die Altkanzlerin für die Bundesversammlung nominiert, die den nächsten Bundespräsidenten wählt. Aller Voraussicht nach wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für eine zweite Amtszeit bestätigt. Merkel hatte ihren Bundestagswahlkreis in Vorpommern.

© dpa-infocom, dpa:220119-99-761560/7

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