Melbourne (dpa)

„Sprachlos“ - Heftiges Zweitrunden-Aus für Kohlschreiber

Kristina Puck, dpa
|
Von Kristina Puck, dpa
| 20.01.2022 07:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Philipp Kohlschreiber war gegen Bautista Agut chancenlos. Foto: Frank Molter/dpa
Philipp Kohlschreiber war gegen Bautista Agut chancenlos. Foto: Frank Molter/dpa
Artikel teilen:

Auch Philipp Kohlschreiber scheidet bei den Australian Open aus - und wie! Der Routinier kann sich seinen Auftritt in der zweiten Runde nicht erklären. Und er sieht ein Problem im deutschen Tennis.

Im Olympia-Muskelshirt mit der Aufschrift „Germany“ erfüllte Titelkandidat Alexander Zverev noch den einen oder anderen Autogrammwunsch. Mit zwei Sicherheitsmännern an der Seite verschwand er dann vom Trainingsplatz.

Für Philipp Kohlschreiber fanden dagegen auf einem Matchcourt kurz zuvor die Australian Open nach einem „armseligen“ Auftritt ein unerklärliches Ende. Der 38-Jährige war am Donnerstag in Melbourne nach seiner Klatsche gegen den spanischen Top-20-Spieler Roberto Bautista Agut „sprachlos“ und fühlte sich wie mit „zwei linken Schuhen“. Ihm bleibe nur „Galgenhumor“, bilanzierte Kohlschreiber nach seinem 1:6, 0:6, 3:6 in Runde zwei. Der Grund: „Es war durch und durch verhext. Es hätte nicht schlimmer gehen können.“

Die Folge: Allein Olympiasieger Zverev trug Down Under noch die deutschen Hoffnungen. „Sascha ist immer der Lichtblick, der irgendwie alles rausreißt“, kommentierte Kohlschreiber die Frage nach der Situation im deutschen Tennis: „Aber wenn man es realistisch betrachtet, ist es in der Masse, dafür, wie viele Leute in Deutschland Tennis spielen, ist es schlecht.“

Elf deutsche Profis im Einzel raus

Die Namen von zwölf deutschen Tennisprofis - von neun Herren und drei Damen - standen zu Beginn im Tableau des Turniers, bei dem die diesmal nach einer Corona-Erkrankung nicht gut vorbereitete Angelique Kerber vor sechs Jahren ihren ersten Grand-Slam-Triumph gefeiert hatte. Und für das sich Zverev seinen ersten Coup bei einem Event dieser im Tennis wichtigsten Kategorie vorgenommen hatte.

Allein der Olympiasieger schaffte es in Runde drei. Mit Bruder Mischa Zverev erledigte der Weltranglisten-Dritte auf Court 18 im Trainingspark den Feinschliff für Freitag und für sein Duell um den Einzug ins Achtelfinale gegen den klaren Außenseiter Radu Albot aus Moldau (nicht vor 06.00 Uhr deutscher Zeit/Eurosport).

Für den einstigen Top-20-Spieler Kohlschreiber ist es fünf Jahre her, dass er in der dritten Runde der Australian Open stand. Selbst die Teilnahme an den vier wichtigsten Turnieren im Tennis ist für den auf Position 134 in der Weltrangliste abgerutschten Augsburger nicht mehr selbstverständlich. Sein Karriereende rückt immer näher. „Es kommt extrem wenig nach. Es ist ein bisschen zu wenig, ob jetzt im Herren-Tennis oder Damen-Tennis“, bilanzierte er etwas ernüchtert. Er wolle nicht der „Kritiker“ sein, er habe einen „kuriosen“ Tag erlebt.

Kohlschreiber mit Galgenhumor

Auch wenn ein kleiner Junge in der ersten Zuschauerreihe lange durchhielt und immer wieder „Kohli“ für die seltenen gelungenen Schläge anfeuerte - Kohlschreiber war ratlos. „Ich würde persönlich behaupten, es war das wahrscheinlich unerklärlichste Gefühl auf dem Platz, was ich bis dato gesehen habe“, stellte er fest: „Ich kann nicht mal sauer, böse, enttäuscht sein. Hätte ich hier in fünf Sätzen verloren, wäre ich viel schlimmer angepisst als jetzt. Ich kann es eigentlich nur mit Galgenhumor nehmen und sagen: „Ok, ich habe es probiert, aber es waren zwei linke Schuhe.“

Dass ihm nach nur 88 Minuten beim Matchball des an Position 15 gesetzten Spaniers auch noch ein Doppelfehler unterlief, passte ins Bild. Eine Erklärung aber habe er nicht, warum an diesem warmen Sommertag nichts zusammenlief. War es der Platz, der sich anders anfühlte? Die Bälle, die nicht so hochsprangen wie in den Tagen zuvor? Oder der komplett blaue Himmel? „Ich kann es nicht erklären“, meinte Kohlschreiber. „Es war vielleicht auch leider so schlecht, dass ich nicht einmal sagen kann: „Ich fliege nach Hause und arbeite an ein paar Dingen.“ Es war einfach kompletter Mist.“ Ihm taten sogar die Leute leid, die zugeschaut hatten: „Mein Coach hat gesagt: Er haut sich jetzt erst mal einen Burger rein.“

© dpa-infocom, dpa:220120-99-778555/6

Ähnliche Artikel