Bratislava (dpa)
DHB-Auswahl schließt EM mit Sieg ab
Mit einem Erfolg gegen Russland verabschieden sich die deutschen Handballer von der EM. Bundestrainer Alfred Gislason ist auch angesichts der Umstände insgesamt zufrieden mit seiner Mannschaft.
Ihren versöhnlichen Abschluss mit dieser kuriosen Europameisterschaft feierten Deutschlands coronageplagte Handballer mit einem Tanz auf dem Spielfeld.
Arm in Arm hüpfte die auf 13 Spieler zusammengeschrumpfte Truppe über das Spielfeld in Bratislava, anschließend umarmte Bundestrainer Alfred Gislason jeden seiner Akteure mit einem Lächeln im Gesicht. Nach dem hart erkämpften 30:29 (16:12)-Sieg im abschließenden Turnierspiel gegen Russland tritt die DHB-Auswahl die Heimreise mit einem lange vermissten Erfolgserlebnis an. „Das ist unser persönlicher EM-Titel“, beschrieb Torwart Johannes Bitter die Bedeutung des Erfolges.
Gislason mit Auftritt zufrieden
Bundestrainer Gislason war durchaus erleichtert, dass dieses für die deutsche Mannschaft ungewöhnliche Turnier endlich vorbei war. „Man hat gesehen, dass einige Spieler am Ende waren, die schon sieben Spiele in den Knochen haben, teilweise mit wenig Pausen“, sagte er im ZDF. „Mit dieser Mannschaft hätten wir wahrscheinlich kaum noch ein Spiel spielen können.“ Dennoch war der Isländer mit dem Auftritt seines Teams bei der EM zufrieden. „Auf lange Sicht war das ein sehr, sehr gutes Turnier, für uns, für mich.“
Zum Abschluss zeigte seine Mannschaft noch einmal eine vor allem starke kämpferische Leistung. Kapitän Johannes Golla, Tobias Reichmann und Patrick Zieker waren mit je fünf Toren beste deutsche Werfer und sorgten dafür, dass das Team mit einem guten Gefühl die Heimreise antreten konnte. „Für uns war es wichtig, das Turnier mit einem positiven Gefühl zu verlassen“, sagte Gislason. „Wir haben aus der Not sehr, sehr viel Positives geschaffen.“
DHB-Auswahl stark dezimiert
Etliche Nationalspieler hatten schon vorher das Teamhotel in der slowakischen Hauptstadt verlassen. Für das abschließende Turnierspiel war der ohnehin schon dezimierte Kader der DHB-Auswahl nochmals kleiner geworden. 16 Spieler darf Bundestrainer Gislason bei den EM-Spielen eigentlich in sein Aufgebot berufen, immerhin 14 waren diesmal eingeplant - doch dann verzichtete der Isländer kurzfristig auf Hendrik Wagner. Der Rückraumspieler hatte nach seiner Corona-Infektion und mehrtägiger Quarantäne am vergangenen Sonntag gegen Schweden zwar sein Turnier-Debüt gegeben, nach wenigen Minuten aber über Atemprobleme geklagt.
So standen diesmal nur 13 Akteure im deutschen Kader, so wenige wie nie zuvor bei dieser kuriosen EM. Nicht mal eine richtige Abwehr konnte Gislason aufbieten, weil nach den positiven Corona-Tests von Patrick Wiencek und Simon Ernst nur noch Golla als Defensivspezialist übrig geblieben war. Dennoch erwischte die DHB-Auswahl einen guten Start ins Spiel, was auch am starken Torhüter Daniel Rebmann lag. Der nachnominierte Turnier-Debütant von Frisch Auf Göppingen durfte erstmals bei der EM von Beginn an ran und überzeugte mit zahlreichen Paraden. Deutschland lag schnell mit vier Toren in Front.
Fehlende Automatismen im Team
Aber wer kann Gislasons Mannschaft die anschließenden Fehler verdenken? Vom ursprünglichen Kader, mit dem der Isländer die Reise zur EM angetreten hatte, sind nur Julian Köster, Philipp Weber, Lukas Zerbe und Golla vom Virus verschont geblieben - insgesamt 15 Spieler hatte es dagegen erwischt. Auch deshalb fehlte es der DHB-Auswahl an Automatismen. Anstatt die Führung zu verwalten, unterliefen im Angriff immer wieder Fehler. Vor allem Weber fiel durch zahlreiche Fehlwürfe auf, auch andere erfahrene Akteure wie Reichmann oder Fabian Wiede vergaben teils beste Chancen. Aber Gislason blieb am Seitenrand diesmal gelassen.
Anstatt an den Defiziten seiner Mannschaft zu verzweifeln, übte sich der 62-Jährige in seinen Auszeiten in Geduld. Was hätte er auch fordern sollen? Wegen des chronischen Mangels an Abwehrspielern musste unter anderem der 21-jährige Köster vom Zweitligisten VfL Gummersbach im Deckungszentrum aushelfen, in der Offensive fehlte es irgendwann an der Ausdauer. Dennoch reichte es am Ende zum Erfolg. Per Kempa-Trick erzielte der nachnominierte Zieker den Siegtreffer.
Auch er wäre nicht mal beim Turnier gewesen, hätten sich nicht so viele Nationalspieler mit Corona infiziert. „Was wir mitnehmen, ist, dass viele Spieler, die sonst nicht ihre Chance bekommen hätten, sie genutzt haben“, sagte Gislason.
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