Berlin (dpa)
Lobbyregister füllt sich - bisher wenige große Unternehmen
Wer mischt in Berlin bei Entscheidungen und Gesetzgebung mit, obwohl er gar nicht zum politischen Apparat gehört? Das soll das neue Lobbyregister sichtbar machen.
Das am Jahresanfang an den Start gegangene Lobbyregister des Bundestags füllt sich langsam.
Nach einem Monat haben sich in dem öffentlich einsehbaren Verzeichnis 239 Unternehmen, Verbände, Vereinigungen, Organisationen, Netzwerke und Einzelpersonen registriert. Sie gaben insgesamt 943 Personen an, die mit Interessenvertretung beschäftigt sind. Auffallend ist: Bisher haben sich nur wenige große Unternehmen und Verbände eingetragen. Die Bundestagsverwaltung erklärt dies mit dem hohen Rechercheaufwand, den diese hätten, um alle erforderlichen Angaben machen zu können.
Um sich zu registrieren, ist aber auch noch bis zum 1. März Zeit. Die Bundestagsverwaltung geht davon aus, dass die Registrierungen bis dahin noch Fahrt aufnehmen werden. Für Unmut hat dort gesorgt, dass am Anfang viele Einträge nicht den Vorschriften entsprachen - obwohl es eine klare Anleitung in einem dazu erstellten Handbuch gibt. Dieses sei offenbar nicht richtig gelesen worden, hieß es aus der Verwaltung, wo von Anfangsschwierigkeiten die Rede ist. Die Fehler zu korrigieren, sei mit einem hohen Aufwand verbunden gewesen.
Lobbyisten müssen sich an Verhaltenskodex halten
Das öffentlich einsehbare Lobbyregister soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Interessenvertreter sind verpflichtet, sich dort bis spätestens 1. März einzutragen. Sie müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Zu erläutern sind auch der Interessenbereich und die Tätigkeit. Lobbyisten werden zudem verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten. Wenn sie sich nicht an die Regeln halten, droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.
Als mächtigste Lobbyeinrichtung - gemessen am finanziellen und personellen Aufwand - erweist sich nach den bisherigen Meldungen der Verband kommunaler Unternehmer (VKU). Er gab im Jahr 2020 nach eigenen Angaben 7,88 bis 7,89 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus und beschäftigt dafür bis zu 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der TÜV-Verband investierte im selben Jahr nach eigenen Angaben 2,12 bis 2,13 Millionen Euro in Lobbytätigkeit, das Deutsche Verkehrsforum immerhin noch 1,24 bis 1,25 Millionen Euro.
Zu den wenigen großen Unternehmen, die sich bereits registriert haben, gehört Philip Morris. Der - nach eigenen Angaben - Marktführer im Tabakwarenmarkt ließ sich 2021 seine Lobbyarbeit 1,24 bis 1,25 Millionen Euro kosten.
Register noch lange nicht vollständig
Zu den bereits Registrierten gehört auch die Organisation Lobby Control, die sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Politik stark macht. Mit einem angegebenen Aufwand von bis zu 280.000 Euro und 11 bis 20 Beschäftigten im Bereich Interessenvertretung im Jahr 2020 gehört sie sogar zu den größeren Einflussnehmern.
Längst nicht alle Einträge sind vollständig. So werden vor allem Angaben zu den jährlichen finanziellen Aufwendungen verweigert. Diese Möglichkeit sieht das Gesetz ausdrücklich vor. Allerdings hat das Konsequenzen: Wer sich um Angaben drückt, wird beispielsweise nicht zu öffentlichen Anhörungen zugelassen und kann nicht an Gesetzgebungsverfahren beteiligt werden.
Nicht immer wird anhand der von den Lobbyisten selbst geschriebenen Einträge eindeutig klar, was sie genau machen. So beschreibt etwa einer von ihnen seine Tätigkeit einfach mit „Entwicklung von Ideen und Lösungen zur Zukunftsgestaltung“. Was einerseits wenig besagt, andererseits aber eigentlich genau den Kern von Politik trifft.
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