London (dpa)
Deutscher Handel mit Großbritannien geht weiter zurück
Gut ein Jahr ist es her, dass Großbritannien die EU-Zollunion und den Binnenmarkt verlassen hat. Immer wieder ist seither von Handelsproblemen zu hören. Zahlen untermauern diesen Eindruck.
Großbritannien verliert nach dem Brexit weiter an Bedeutung als Handelspartner für Deutschland.
Selbst die Erholung der globalen Wirtschaft von der Corona-Pandemie war 2021 keine Hilfe für den deutsch-britischen Handel, wie eine Auswertung der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) ergab. „Während das Handelsvolumen mit allen anderen Partnern der Top Ten im Corona-Rebound fast ausschließlich zweistellig gewachsen ist, schrumpfte der Handel mit dem Vereinigten Königreich sogar um 4,6 Prozent“, sagte GTAI-Experte Marc Lehnfeld der Deutschen Presse-Agentur in London. Großbritannien rutschte vom siebten Platz der wichtigsten Warenhandelspartner auf Platz zehn ab.
Tschechien könnte Großbritannien den Rang ablaufen
Betroffen sind demnach sowohl Exporte nach Großbritannien als auch Importe. Die Einfuhren gaben 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent nach, die Ausfuhren sanken deutlich geringer, um 2,6 Prozent. Insgesamt hatte Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Warenausfuhren im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2020 um 14,0 Prozent auf den Bestwert von 1375,5 Milliarden Euro erhöht. Das waren 3,6 Prozent über dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019.
Lehnfeld sagte, das Vereinigte Königreich könne sogar aus den deutschen Top Ten rutschen. Die Dezember-Daten des Statistischen Bundesamtes, auf die sich der Außenhandelsexperte bezieht, seien noch vorläufig und könnten revidiert werden. Der britische Vorsprung auf Tschechien sei derzeit nur marginal. „Da sich der deutsch-britische Handel schon seit Jahren schleppend entwickelt, ist der zehnte Platz eher als Gnadenfrist zu verstehen“, sagte Lehnfeld. „Der deutsch-tschechische Handel entwickelt sich im Vergleich besser.“
Mehr Bürokratie führt zu Schwierigkeiten
Großbritannien ist seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarktes. Zwar sichert der im letzten Moment vereinbarte Brexit-Handelsvertrag in den meisten Bereichen die Zollfreiheit. Dennoch kommt es wegen gestiegener bürokratischer Anforderungen zu Schwierigkeiten im Handel.
Lehnfeld erwartet weitere Probleme, die den Handel weiter hemmen könnten. Besonders betonte der Experte die zu Jahresbeginn aufgenommenen britischen Kontrollen auf EU-Importe. „Die bevorstehende letzte Stufe bei der Einführung weiterer Zollformalitäten auf Lebensmittel im Sommer wird den deutschen Export ins Königreich weiter belasten“, sagte Lehnfeld.
© dpa-infocom, dpa:220210-99-63688/2