Zhangjiakou (dpa)
„Sehr zähe Spiele“ für Skispringer Geiger
Als bester Skispringer des Weltcup-Winters kommt Karl Geiger zu den Olympischen Winterspielen. Dort läuft es plötzlich nicht mehr. Der Oberstdorfer sucht nach seiner Form.
An seinem 29. Geburtstag deutete Karl Geiger seine Leistung zumindest als kleinen Schritt in die richtige Richtung und gegen den tief sitzenden Frust.
„Die Sprungidee habe ich jetzt mal. An der muss ich feilen, ein Gefühl kriegen und speziell wieder Selbstvertrauen kriegen“, sagte Deutschlands bester Skispringer nach seinem zwölften Platz in der Qualifikation für das olympische Einzel von der Großschanze.
Ausgerechnet bei den Winterspielen in China hat Geiger jegliche Lockerheit und seine sonst so typische Souveränität verloren. Ein verpatzter Auftakt und das dramatische Anzug-Chaos im Mixed-Wettkampf in Zhangjiakou nehmen den erfolgsverwöhnten Sportler auch Tage danach noch mit. Das sieht man an Geigers Körpersprache und dem häufig nach unten gewandten Blick. Das hört man mitunter an seiner leisen Stimme. Und das sagt Geiger auch selbst.
Geiger über Mixed: „War schon eine dicke Packung“
„Das Mixed hängt schon noch irgendwo in den Gliedmaßen. Das war schon eine dicke Packung“, meinte er. Nach zahlreichen ungewöhnlich schwachen Sprüngen auf der Normalschanze und Rang 15 im ersten Wettbewerb war ihm am Montag endlich mal ein guter Flug gelungen. Der Allgäuer jubelte, dann schaute er auf die Anzeigetafel und die Freude wich Entsetzen: Teamkollegin Katharina Althaus war wegen angeblich nicht passender Sprungkleidung disqualifiziert worden, Deutschland schied nach dem ersten Durchgang aus.
Normalerweise ist Geiger jemand, den solche Erlebnisse fuchsen - wie er es selbst schon einmal formuliert -, aber nicht langfristig aus dem Konzept bringen. Den klar verpassten Sieg bei der Vierschanzentournee rund um den Jahreswechsel hatte er zügig abgehakt. Im Weltcup gelangen ihm anschließend noch zwei erste und zwei zweite Plätze im Einzel. Als Führender des Gesamtklassements tritt er bei Olympia an. Dort scheint jedoch alles anders zu sein.
Auf der gigantischen Schanzenanlage in den chinesischen Bergen kommt Geiger einfach nicht zurecht. Die meisten Versuche auf der Normalschanze waren weit unter seinem Niveau. Und auch auf der Großschanze, wo an diesem Samstag das zweite Olympia-Einzel (12 Uhr/ZDF und Eurosport) sowie am Montag das Mannschaftsspringen stattfindet, klappte es im Training überhaupt nicht wie gewünscht. Dass nun Platz zwölf in der Qualifikation als kleiner Mutmacher gilt, spricht für sich. „Es sind sehr, sehr zähe Spiele bisher für mich“, sagte Geiger.
Skispringer in Pyeongchang noch mit drei Medaillen
Bei den vergangenen Winterspielen in Pyeongchang räumten die deutschen Skispringer starke drei Medaillen ab. Andreas Wellinger gewann Gold auf der Normalschanze und Silber auf der Großschanze. Zudem gab es Silber im Team. Diesmal droht ein Olympia-Fiasko.
Für das Einzel scheint Geiger selbst schon kaum noch an sich zu glauben. Hoffnung habe er zwar immer, als realistisch schätzt er seine Chancen auf die Teilnahme an der Siegerehrung jedoch nicht ein. Die Mannschaft am Montag bestmöglich unterstützen: „Das muss mein langfristiges Ziel sein“, sagte er.
Auch der zweite deutsche Medaillenkandidat, Markus Eisenbichler, nennt das Mannschaftsspringen als wichtigsten Wettkampf. Zu den Favoriten auf einen Podestplatz zählen die Adler des Deutschen Skiverbands in ihrer aktuellen Form dort aber nicht. Als tagesbester Athlet aus dem Team von Bundestrainer Stefan Horngacher belegte Eisenbichler in der Einzel-Qualifikation den sechsten Platz und war „ganz zufrieden“.
Nach dem missglückten Olympia-Start und vor den Großschanzen-Entscheidungen setzte sich sein österreichischer Coach extra nochmal mit dem Team zusammen. „Wir haben alle Dinge aufgearbeitet. Alles ist zur Sprache gekommen“, sagte Horngacher. Anders als Geiger gab er sich zuversichtlich: „Es fehlt nicht viel. Wir werden das morgen mit voller Entschlossenheit durchbringen.“
© dpa-infocom, dpa:220211-99-81651/4