Brüssel (dpa)

Selenskyj fordert in eindringlichem Appell EU-Mitgliedschaft

| 01.03.2022 12:53 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office via AP/dpa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office via AP/dpa
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In einer Videobotschaft wendet sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an das Europäische Parlament.

In einem emotionalen Appell an das Europaparlament hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eindringlich die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union gefordert.

„Wir kämpfen für unsere Rechte, für unsere Freiheit, für unser Leben. Und nun kämpfen wir ums Überleben“, sagte Selenskyj am Dienstag zu Beginn einer Sondersitzung des Parlaments in einer Videobotschaft. Einem offenbar von Emotionen überkommenen Übersetzer brach dabei die Stimme weg. „Aber wir kämpfen auch, um gleichwertige Mitglieder Europas zu sein“, sagte Selenskyj der Parlamentsübersetzung zufolge.

„Die Europäische Union wird deutlich stärker mit uns sein. Das steht fest“, sagte Selenskyj. „Ohne euch wird die Ukraine alleine sein.“ Die Ukraine habe ihre Stärke bewiesen. „Beweisen Sie, dass Sie bei uns sind. (...) Beweisen Sie, dass Sie tatsächlich Europäer sind.“ Dann werde Leben gegen den Krieg gewinnen.

Wenige Tage nach dem russischen Angriff auf sein Land hatte Selenskyj bereits am Montag eine „unverzügliche Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur“ gefordert. Der Beitritt zur EU ist normalerweise kompliziert und langwierig.

Auch der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefanchuk warb am Dienstag in einer eigenen Videobotschaft an das Europaparlament eindringlich für den EU-Beitritt seines Landes.

EU-Ratspräsident Charles Michel sagte der Ukraine eine ernsthafte Prüfung des Gesuchs um einen EU-Beitritt zu. Das sei ein schwieriges Thema, und es gebe unterschiedliche Auffassungen der Mitgliedstaaten, sagte Michel am Dienstag im Europaparlament. „Aber der Rat wird sich da seiner Verantwortung nicht entziehen können.“ Den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilte er abermals scharf: „Dies ist geopolitischer Terrorismus, schlicht und einfach.“

Metsola: Zukunft gemeinsam meistern

Die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, sieht eine gemeinsame Zukunft für die Ukraine und die Europäische Union. „Wir begrüßen den Antrag der Ukraine auf Kandidatenstatus und werden auf dieses Ziel hinarbeiten“, sagte Metsola bei der Sondersitzung des Parlaments in Brüssel. „Wir werden und wir müssen die Zukunft gemeinsam meistern.“

Die EU-Parlamentspräsidentin forderte, die EU müsse angesichts des Konflikts mit Russland ihre Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren und ihre Gasimporte diversifizieren. Außerdem rief sie große Internetfirmen und Soziale Medien dazu auf, gegen falsche Informationen von russischer Seite vorzugehen. „Man kann zwischen dem Feuer und den Feuerwehrmännern nicht neutral bleiben“, sagte die maltesische Politikerin.

Zudem kündigte Metsola an, dass russische Offizielle das Europaparlament künftig nicht mehr betreten dürften. „Ich werde ein Verbot für alle Kreml-Vertreter ersuchen, diese Räumlichkeiten zu betreten“, sagte die Parlamentspräsidentin. „Aggressoren und Kriegstreiber haben im Haus der Demokratie keinen Platz.“

Von der Leyen: „Ein langer Weg“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Ukraine bei ihren Hoffnungen auf einen EU-Beitritt auf einen langen Weg eingestellt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe bei ihrem bisher letzten Gespräch erneut vom Traum seines Volks erzählt, der EU beizutreten, sagte von der Leyen am Dienstag im Europaparlament in Brüssel. Schon heute seien sich die Ukraine und die Europäische Union näher als je zuvor. „Aber es liegt noch ein langer Weg vor uns.“

Der Krieg müsse beendet und über die nächsten Schritte gesprochen werden, sagte von der Leyen. „Ich bin sicher: Niemand in diesem Plenarsaal kann daran zweifeln, dass ein Volk, das so mutig für unsere europäischen Werte steht, zu unserer europäischen Familie gehört.“

© dpa-infocom, dpa:220301-99-336590/9

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