Kiew (dpa)

Scharfe Kritik an Deutschland wegen russischer Ölkäufe

| 14.04.2022 19:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj während einer Videobotschaft. Foto: Ukrainian Presidency Press Offic/ZUMA Press Wire Service/dpa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj während einer Videobotschaft. Foto: Ukrainian Presidency Press Offic/ZUMA Press Wire Service/dpa
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Der ukrainische Präsident Selenskyj kritisiert Deutschland in Bezug auf die Blockade eines russischen Öl-Embargos. Währenddessen stuft die Ukraine Gräueltaten der russischen Armee offiziell als „Völkermord“ ein.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland wegen des weiteren Einkaufs von russischem Öl erneut scharf kritisiert. Deutschland sowie Ungarn hätten ein Embargo blockiert, sagte Selenskyj der BBC in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interviewausschnitt.

„Wir verstehen nicht, wie man mit Blut Geld verdienen kann. Leider ist es das, was einige Länder tun.“ Nun müsse mit diesen Ländern gesprochen werden, um deren Haltung zu ändern, sagte Selenskyj sieben Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs.

„Einige unserer Freunde und Partner verstehen, dass jetzt eine andere Zeit ist, dass es nicht länger um Geschäfte und Geld geht. Dass es eine Frage des Überlebens ist“, betonte der Staatschef. Er lobte die USA, Großbritannien und einige andere europäische Staaten für Waffenlieferungen. „Aber wir brauchen sie trotzdem früher, früher und schneller. Das Schlüsselwort lautet „jetzt“.“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte von Bundeskanzler Olaf Scholz eine schnelle Zusage für weitere deutsche Waffenlieferungen. „Ich hoffe, dass Scholz eine positive Entscheidung fällt“, sagte Kuleba den ARD-„Tagesthemen“. Argumente gegen eine Lieferung der geforderten Waffen seien nicht stichhaltig. Aus Sicht Kulebas hätte der Krieg vermieden werden können, „wenn Deutschland früher Waffenlieferungen zugelassen hätte“.

Ukraine wirft Russland erneut Kriegsverbrechen vor

Die seit Tagen erwartete neue russische Offensive in der Ostukraine bereitet Selenskyj Sorgen. „Doch sind dort unsere kampfstärksten Einheiten konzentriert“, versicherte er. Der Staatschef schloss zwar nicht aus, dass diese komplett vernichtet werden. „Sie können uns töten, aber sie werden auch sterben“, betonte der 44-Jährige. Dennoch verstehe er bis heute nicht, warum die Russen sein Land angegriffen haben. „Ich kann nicht verstehen wofür? Ich kann nicht verstehen, warum sie gekommen sind.“

Selenskyj warf Russland erneut schwere Kriegsverbrechen vor. Die Gräueltaten in den Kiewer Vororten Butscha und Borodjanka hätten die Möglichkeit von Friedensgesprächen mit Russland weiter eingeschränkt. Bei seinem Besuch in Butscha habe er „das gesamte Spektrum an Emotionen erlebt“, aber den Tag mit „nichts als Hass auf das russische Militär“ beendet.

In der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol seien etliche Menschen verschwunden. „Wir wissen, dass ihre Dokumente ersetzt wurden, sie bekamen russische Pässe und wurden tief nach Russland gebracht - einige in Lager, andere in Städte. Niemand weiß, was mit diesen Leuten passiert. Niemand weiß, wie viele getötet wurden“, sagte Selenskyj.

Ukrainisches Parlament wirft Russland Völkermord vor

Das ukrainische Parlament stufte die Gräueltaten der russischen Armee derweil offiziell als „Völkermord“ ein. Eine entsprechende Entschließung wurde am Donnerstag verabschiedet, wie das Parlament auf seiner Internetseite mitteilte. Der Genozid äußere sich dabei in den „massenhaften Gräueln“ in den Kiewer Vororten Butscha, Borodjanka, Hostomel, Irpin und anderen Ortschaften. Darunter seien Morde, Entführungen, Folter und Vergewaltigungen von ukrainischen Bürgern.

Zudem versuche Moskau, durch die komplette oder teilweise Blockade von Städten Teile der ukrainischen Bevölkerung auszulöschen. Der Kreml verhindere nicht zuletzt durch Zwangsdeportationen von Kindern und deren Adoption durch Russen deren Selbstidentifikation als Ukrainer.

Als weiteren Beleg führt die Entschließung die systematische Zerstörung der wirtschaftlichen Infrastruktur an. Auch damit beabsichtige Russland eine Vernichtung des ukrainischen Volkes.

Außerdem stufte das Parlament Russland als Terrorstaat ein und verbot die Symbolik des als „Spezialoperation“ bezeichneten russischen Angriffskrieges. Für das Gesetz stimmten 354 Parlamentarier, schrieb der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak auf seinem Telegram-Kanal. 226 Stimmen wären notwendig gewesen. „Die Russische Föderation ist ein Terrorstaat, eines der Ziele des politischen Regimes ist der staatliche Genozid des ukrainischen Volkes, die physische Auslöschung, die massenhafte Ermordung der Bürger der Ukraine“, heißt es im Gesetz.

Verboten werden dabei die Symbole der russischen Streitkräfte und anderer russischer Behörden. Die Verwendung der lateinischen Buchstaben „V“ und „Z“ zur Propagierung des russischen Einmarsches ist ebenso untersagt. Russlands Regierung wird dabei als „neonazistisches totalitäres Regime“ eingestuft.

© dpa-infocom, dpa:220414-99-922852/5

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