Venedig (dpa)
„Wir sind hier!“ - Venedig ehrt schwarze Künstlerinnen
Mit Venedig hat die Kunstszene coronabedingt ein Jahr auf die Biennale gewartet. Nun werden die Qualität der Ausstellung und die Kunst in den Länderpavillons gefeiert. Die Preisvergabe bei der Eröffnung wird auch zum Signal.
Mit der Auszeichnung von zwei international gefeierten Künstlerinnen der Black Community hat die Jury der
Auszeichnungen gab es auch für den Länderpavillon von Uganda und den libanesischen Künstler Ali Cherri. Einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk bekam zudem die Düsseldorfer Künstlerin Katharina Fritsch.
Boyce erhielt die Auszeichnung für ihre Arbeit im britischen Pavillon. Sie sieht in dem Preis auch ein Zeichen für die internationale schwarze Kunstszene. „Wir sind hier. Wir gehen nicht mehr weg“, sagte Boyce der Deutschen Presse-Agentur in Venedig zur Bedeutung der Auszeichnung. „Es werden noch mehr fabelhafte Dinge passieren.“ Es gebe ungemein viele Talente unter schwarzen Künstlerinnen und Künstlern. „Ich kann es kaum erwarten, dass sich andere durchsetzen.“
Boyce, die auch Professorin für Black Art und Design ist, gilt seit Jahrzehnten als wichtige Vertreterin im Kampf um Anerkennung für Künstlerinnen und gegen Rassismus. Im britischen Pavillon zeigt sie mit ihrer Arbeit „Feeling Her Way“ die Kraft weiblichen Gesangs. Die Stimmen von fünf schwarzen Sängerinnen füllen die Räume des Pavillons einzeln und kombiniert über große Bildschirme. Die ebenso kraftvoll wie verletzlich wirkenden Töne umgeben dabei geometrisch strukturierte goldene Elemente an den Wänden.
Bei den Bewertungen für die Länderpavillons erhielt das erstmals auf der Biennale vertretene Uganda mit den Arbeiten von Acaye Kerunen und Collin Sekajugo eine besondere Erwähnung. Beide werteten die Auszeichnung als wichtigen Hinweis auf die häufig noch immer unterschätzte Kunstszene afrikanischer Länder.
Ebenfalls besonders erwähnt wurde der französische Pavillon, vor dem sich auf dem Biennale-Gelände seit Tagen lange Schlangen von Interessierten bilden. In den unter anderem von den beiden Direktoren des Hamburger Bahnhofs in Berlin, Sam Bardaouil und Till Fellrath, kuratierten Räumen analysiert die französisch-algerische Künstlerin Zineb Sedira anhand rekonstruierter Szenen in einer Mischung aus Dokumenten und Fiktion Fragen von politischen Umbrüchen und Feminismus.
Die US-Amerikanerin Leigh ist gleich zweimal vertreten, sie hat auch den Länderpavillon der USA gestaltet, in dem sie mit ihren großformatigen Skulpturen selbstbewusst Rolle und Aufbruch der schwarzen Community thematisiert. Ausgezeichnet wurde Leigh für ihren Beitrag in der bereits seit Tagen gefeierten Biennale-Ausstellung „The Milk of Dreams“ der in New York lebenden Kuratorin Cecilia Alemani. Ihre Großplastik einer wie verblendet erscheinenden Schwarzen steht am Anfang des zweiten Biennale-Areals Arsenale. Der Libanese Cherri wurde für seine multimediale Installation „Of Men and Gods and Mud“ als hoffnungsvoller Newcomer ausgezeichnet.
Goldener Löwe für Lebenswerk für Fritsch
Die für ihre Plastiken international bekannte Fritsch eröffnet mit einer Arbeit den zentralen Raum in den Giardini von Venedig. Im Eingangsbereich empfängt Fritschs lebensgroßer „Elefant“ von 1987 die Besucherinnen und Besucher, dessen Verbindung von grünlicher Farbe und realistischen Formen auf die surrealistische Reise der Ausstellung vorzubereiten scheint. Neben Fritsch erhielt auch die chilenische Künstlerin Cecilia Vicuña einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk.
Ohne Auszeichnung blieb der Deutsche Pavillon. Dort hat die in Berlin lebende Künstlerin Maria Eichhorn die Struktur des von den Nazis umgebauten Gebäudes und so seine Geschichte freigelegt.
Kuratorin Alemani hat für „The Milk of Dreams“ 213 Künstlerinnen und Künstler aus 58 Ländern mit mehr als 1500 Arbeiten eingeladen. Der Titel geht zurück auf ein Kinderbuch der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011), die darin eine sich durch Imagination ständig neu erfindende magische Welt beschreibt. Daneben präsentieren sich 80 Nationen mit ihren Länderpavillons.
Die Kunstbiennale gilt neben der documenta in Kassel als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 59. Biennale, coronabedingt um ein Jahr verschoben, ist seit Samstag bis zum 27. November geöffnet.
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