Kiew/Moskau (dpa)
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Der Krieg in der Ukraine ist auch am orthodoxen Osterfest weitergegangen, Bitten um eine Waffenruhe erteilte Russland eine Absage. Zwei US-Minister sind am Sonntag in Kiew eingetroffen. Die aktuellen Entwicklungen.
Die russischen Streitkräfte haben ihre Angriffe in der Ukraine trotz internationaler Bitten um eine Waffenruhe auch am orthodoxen Osterfest fortgesetzt.
Es wurden erneut Dutzende Militärobjekte und zahlreiche Stellungen des ukrainischen Militärs beschossen, wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, mitteilte. Bei Angriffen auf die Hafenstadt Odessa starben am Wochenende nach ukrainischen Angaben acht Menschen. Kremlchef Wladimir Putin betonte zum russisch-orthodoxen Osterfest die Rolle der Kirche für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab sich in seiner Osterbotschaft siegessicher.
Angriffe in Dnipropetrowsk und Charkiw
Russlands Militär zerstörte nach eigenen Angaben in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk eine unterirdische Anlage zur Produktion von Munition für die ukrainischen Streitkräfte. Im Gebiet Charkiw seien zudem vier Munitionslager und Truppenansammlungen mit Raketen beschossen worden. Laut Verteidigungsministerium wurden bei den Angriffen 150 ukrainische Kämpfer getötet. Insgesamt wurde demnach in der Nacht auf Sonntag 423 Mal mit Raketen und Artillerie geschossen. Das ukrainische Militär berichtete, die Kontrolle über acht Ortschaften im Gebiet Cherson im Süden des Landes wiedererlangt zu haben. Sämtliche Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Selenskyj gibt sich siegessicher
Der ukrainische Präsident Selenskyj zeigte sich in seiner Botschaft zum orthodoxen Osterfest siegessicher. Ostern symbolisiere den Sieg des Guten über das Böse, des Lebens über den Tod, darum werde die Ukraine in dem Krieg gewinnen. Das Land solle nicht die Leidenschaft für seinen Kampf um die Freiheit verlieren. Zugleich erinnerte Selenskyj an Kriegsgräuel in den Städten Butscha, Irpin, Borodjanka und Hostomel, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden waren.
Selenskyj-Berater: Treffen mit US-Ministern läuft
Eine ranghohe US-Delegation mit Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin ist nach ukrainischen Angaben wie angekündigt in Kiew eingetroffen. Die beiden Minister träfen sich in der Hauptstadt mit Präsident Selenskyj, sagte sein Berater Olexij Arestowytsch in einem Videointerview. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.
Selenskyj hatte den Besuch bei einer Pressekonferenz am Samstag angekündigt. In Washington hatte es keinen Kommentar dazu gegeben. Der ukrainische Präsident wollte mit den US-Ministern über weitere Waffenlieferungen und Unterstützung zur Abwehr des russischen Angriffs sprechen.
Selenskyjs Heimatstadt bereitet sich auf Attacke vor
Krywyj Rih, die Heimatstadt von Präsident Selenskyj, bereitet sich auf einen Angriff russischer Truppen vor. Die ukrainischen Streitkräfte rechneten mit einer Offensive in den kommenden Tagen, schrieb der örtliche Militärchef Oleksandr Wilkul im Online-Dienst Telegram. Man habe mehrstufige Verteidigungslinien aufgebaut und versuche, Zivilisten aus gefährdeten Gebieten zu bringen.
Krywyj Rih ist unter anderem dank der Einsenerz-Förderung ein wichtiges Industriezentrum für die Ukraine. Die Stadt liegt nördlich von Cherson, das als erste große Stadt schon zu Beginn des Krieges von russischen Truppen besetzt wurde. In den vergangenen Wochen wurde die Stadt wiederholt Ziel von Raketenangriffen.
Erdogan soll sich um Lösung bemühen
Selenskyj telefonierte am Sonntag mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und rief diesen auf, sich bei Putin für eine Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol einzusetzen. Zudem solle Erdogan einen Austausch der im Stahlwerk Azovstal eingeschlossenen ukrainischen Soldaten erreichen.
Hamburg und Kiew starten Städtepartnerschaft
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko haben eine strategische Städtepartnerschaft vereinbart. Beide Städte wollen sich in Krisenzeiten gegenseitig unterstützen. Einen entsprechenden „Pakt für Solidarität und Zukunft“ haben beide Politiker am Sonntag in Hamburg und in der ukrainischen Hauptstadt Kiew unterzeichnet. Klitschko war live ins Rathaus der Hansestadt zugeschaltet.
Gleichzeitig appellierten beide Bürgermeister an die Menschen, Firmen und Institutionen ihrer Städte, den Pakt zu unterstützen. Dabei gehe es zunächst um humanitäre Hilfe. In einer zweiten Phase sollen die wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen gestärkt werden. Das Brüderpaar Wladimir und Vitali Klitschko ist eng mit Hamburg verbunden. Von der Hansestadt aus haben sie ihre Box-Weltkarrieren gestartet. Vitali Klitschkos Frau Natalia hatte sich zuletzt auf Demonstrationen in Hamburg für Frieden in der Ukraine stark gemacht.
Guterres reist in die Türkei
UN-Generalsekretär António Guterres reist vor seinen Besuchen in Moskau und Kiew in die Türkei. Er werde am Montag von Präsident Erdogan empfangen, teilte Ankara am Sonntag mit. Das Nato-Mitglied Türkei unterhält gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und sieht sich als Vermittler in Friedensgesprächen. Guterres reist am Dienstag weiter nach Moskau und wird dort von Putin empfangen, am Donnerstag trifft er in der Ukraine unter anderem Präsident Selenskyj. Der UN-Generalsekretär will vermitteln. Auch er hatte eine Feuerpause an Ostern gefordert - erfolglos.
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