Flüchtlingshilfe Aurich „Wir brauchen mehr Menschen, die anpacken“
Finanziell fühlt sich die Auricher Flüchtlingshilfe bei ihrem Einsatz für Geflüchtete aus der Ukraine gut unterstützt. Aber es fehlen Helfer und Dinge wie Werkzeug und Küchenausstattung.
Aurich/Ihlow - Helmut Wendt von der Flüchtlingshilfe Aurich sitzt in den Räumen der ehemaligen Lastwagen-Reparaturwerkstatt auf dem Gelände der Blücher Kaserne in Aurich. Noch immer hängt hier ein Diesel- und Ölgeruch in der Luft. Deshalb dienen die vorderen Räume dem Verein nur als Zwischenlager für Möbel und Dekoration. Hier landen Dinge, die viel Platz wegnehmen oder schwerer zu vermitteln sind. Die Abnehmer kommen in der letzten Zeit überwiegend aus der Ukraine – es sind Kriegsflüchtlinge, die bei der Ankunft in Aurich mit dem Notwendigsten versorgt werden.
Was und warum
Darum geht es: Geld haben die Flüchtlingshelfer genug – es fehlt vor allem an Fahrern und Helfern mit technischem Hintergrund.
Vor allem interessant für: Alle, die helfen wollen, Dinge wie Küchenzubehör und Werkzeug übrig haben und vor allem Freiwillige, die mit anpacken können und ein Team von technischen Helfern auf die Beine stellen.
Deshalb berichten wir: Die Flüchtlingshilfe Aurich hat in den letzten zwei Monaten wieder 40.000 Euro von „Ein Herz für Ostfriesland“ bekommen. Wir wollten wissen, wofür das Geld verwendet wird. Die Autorin erreichen Sie unter: n.boening@zgo.de
In den hinteren Räumen lagern nagelneue Saisonkleidung und Dinge, die den Geruch der großen Halle annehmen würden. Mit dem Zustand des Lagers ist Wendt nicht zufrieden: „Viele Möbel und Geräte könnte man herrichten“, sagt Wendt, „wenn man Leute hätte, die sich darum kümmern könnten.“ Möbel aufbauen, wenigstens teilweise, die Maße notieren – damit die Empfänger sehen können, was sich hinter dem Holzstapel verbirgt. Bisher lehnen die Möbel bretterweise geschichtet an der Wand. Daneben steht ein Einmachglas mit Schrauben und sonstigem Zubehör. In dem Zustand gehört schon eine gehörige Portion Fantasie dazu, sich die Möbel in einem Zimmer vorzustellen.
Alles zerlegt und gestapelt
„Das sind ganz tolle Schränke und andere Möbel, aber wir haben niemanden, der sie hier mit aufbaut oder ausbessert“, sagt Wendt. Dafür, dass Geflüchtete sie mitnehmen und selbst montieren können, fehlt das Werkzeug. Werkzeugspenden würde sich Wendt wünschen – und zwar jede Menge davon. Die meisten Spenden in den Hallen hat Wendt persönlich abgeholt. Allein. „Ich bekomme sie nicht anders verladen, als in Einzelteile zerlegt“, sagt er. Gebracht werden die wenigsten Stücke. Auch das würde schon helfen.
Wendt nickt in Richtung einer massigen Waschmaschine, einer Einbauspülmaschine und deutet auf mehrere Durchlauferhitzer und andere technische Geräte. „Wir bräuchten technisch versierte Helfer, die diese Geräte sichten, die passenden Anschlüsse organisieren und sie dann auch montieren können.“ Eine schnelle technische Einsatztruppe, sagt Wendt, die wäre gut. Viele würden vergessen, dass es eben nicht reicht, eine Waschmaschine anzuschaffen. „Jemand muss sie transportieren, Anschlüsse und Schläuche anschaffen, Termine absprechen und die Geräte anschließen“, sagt Wendt. Diese Arbeit werde oft vergessen und wenig wertgeschätzt.
81.000 Euro durch „Ein Herz für Ostfriesland“
An Geld mangelt es der Flüchtlingshilfe nicht. Allein 81.000 Euro hat sie durch die Aktion „Ein Herz für Ostfriesland“ (EHFO) der Zeitungsgruppe Ostfriesland erhalten. 40.000 Euro waren es in den Monaten Mai und Juni. Das meiste Geld wurde dafür verwendet, die Zeit von der Ankunft der Geflüchteten bis zur Registrierung zu überbrücken. Denn bis sich die Geflüchteten aus der Ukraine in der zentralen Anlaufstelle in Utlandshörn vorgestellt haben, erhalten sie kein Geld für Verpflegung und Unterbringung. Dann springt Wendt ein. Für diese, von den Spendern ermöglichte, flexible Hilfe, ist Wendt dankbar. Das Geld der Aktion stammt vom gemeinsamen Hilfswerk von General-Anzeiger, Ostfriesen-Zeitung und den Ostfriesischen Nachrichten, das derzeit geflüchtete Menschen aus der Ukraine in den Fokus rückt und unterstützt.
„Wir geben auch Geld dazu, wenn die zur Verfügung gestellten Mittel für die Anschaffung von Waschmaschinen und anderen Dingen des täglichen Bedarfs nicht ausreichen“, sagt Wendt. Noch immer ist der Gebrauchtmarkt leergekauft. Günstige Möbel und Geräte suchen nicht nur die Auricher Helfer. „Manches muss dann einfach neu angeschafft werden“, sagt Wendt. Es mangelt an vielem – von Großgeräten wie Waschmaschinen, über Einzel- und Kinderbetten bis hin zu kleineren Kleiderschränken. „Große Schlafzimmerschränke, die oft gespendet werden, können wir in den Flüchtlingswohnungen meist gar nicht aufstellen“, sagt Wendt. „Es sei denn, sie sind teilbar.“
Der Kleiderkammer fehlt Besteck und Kleingeräte
Auch in der Kleiderkammer an der Kreisvolkshochschule herrscht Mangel, allerdings nicht an Helfern. Sie wird von einem Team von mehr als 20 Freiwilligen der Flüchtlingshilfe betreut, das sich im Wechsel um die Annahme und Ausgabe kümmert. Dort sind es vor allem kleine Haushaltsgeräte wie Mixer, außerdem Töpfe, Pfannen und Besteck, die fehlen. „Falls jemand noch solche Dinge übrig hat, unbedingt herbringen“, sagt Yasmin Al-Hussein.
„Helfer sind immer zu wenig da“, ist die Erfahrung von Marianne Gronewold, einer der Organisatorinnen der Ukrainehilfe Ihlow. Gronewold ist die Person, die alle Helfer der Gemeinde anrufen, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Das Team hat über Helmut Wendt schon viel finanzielle Hilfe für die in der Gemeinde betreuten Geflüchteten bekommen. Die meisten Ukrainer kommen direkt hier an – „meist inzwischen über Bekannte und Verwandte“, sagt Groenewold. Weit mehr als 60 Ukrainer haben in Ihlow ein Zuhause auf Zeit gefunden. Über Utlandshörn kam kaum einer von ihnen. Betreut werden sie meist von den Menschen, die ihnen eine Wohnung zur Verfügung stellen.
Wenn das mal nicht geht, springen andere ein. Dafür organisiert sich das Team für Fahrdienste, Transporte und Absprachen in WhatsApp-Gruppen. „Aber auch dafür sind wir einfach zu wenig“, sagt Gronewold. Oft spannt sie deshalb bei Transporten und Montagearbeiten ihren Mann ein. „Der bedankt sich schon“, sagt sie am Telefon und lacht. Leute, die anpacken, organisieren, fahren und sich kümmern, werden auch deshalb dringend gebraucht.“