Hilfe auf eigene Faust Moormerländer bringt Hilfsgüter mit Bulli in die Ukraine
Rolf Hauke und seine Mitarbeiterin sind im August mit Hilfsgütern in die Stadt Kowel gefahren. Medikamente und Konserven werden dort dringend gebraucht.
Moormerland/Hesel - Der VW-Bulli hat noch die olivfarbene Lackierung, er stammt aus Bundeswehr-Beständen. Aber an der Seite prangt ein Rotes-Kreuz-Symbol und vorsichtshalber hatte Rolf Hauke ein weiteres oben auf dem Dach des Transporters aufmalen lassen. „Ob es was hilft?“, fragte sich der Moormerländer vor der Abfahrt in die Ukraine. Niemand wisse doch, wie die Kriegsparteien darauf reagieren.
Was und warum
Darum geht es: Unerschrocken macht sich ein Moormerländer mit Hilfsgütern auf den Weg in die Ukraine.
Vor allem interessant für: Menschen, die sich für die Kriegsopfer in der Ukraine interessieren.
Deshalb berichten wir: Das gemeinnützige Hilfswerk der Zeitungsgruppe Ostfriesland, „Ein Herz für Ostfriesland“ hat den Transport unterstützt. Die Autorin erreichen Sie unter: k.lueppen@zgo.de
Doch der Bulli, Hauke und seine Mitarbeiterin Manuela Rossa sind wohlbehalten von ihrem Hilfstransport zurückgekehrt. „Ich habe mich da relativ sicher gefühlt“, sagt der Inhaber eines Reisebüros in Hesel. Eher habe er sich Sorgen gemacht, ob der Bully durchhält – aber alles ging gut. Immerhin ging die Fahrt nicht nur an die ukrainische Grenze, sondern direkt in das Land, in dem seit über einem halben Jahr Krieg ist.
Grenzkontrolle dauert fünf Stunden
Die Grenzkontrollen seien inzwischen zum Hindernis geworden. Obwohl Hauke alle Papiere und einen Passierschein hatte, dauerte die Einreise fünf Stunden, ebenso bei der Ausreise, erzählt er. Im Land gebe es weitere Checkpoints, an denen er sich ausweisen musste. Hilfe bekam er von einem Arzt, den er seit seinen ersten Besuchen in der ukrainischen Stadt Kowel kennt, und den er mit Hilfsgütern unterstützt. Die Ostfriesen hatten ihn an der Grenze getroffen, somit war das Sprachproblem gelöst. „Sonst hätte es sicherlich noch viel länger gedauert“, so Hauke.
Schon im April waren Rolf Hauke und Manuela Rossa auf gut Glück dorthin gefahren. Damals in einem Kombi, der aber vollgestopft war mit allem, was in der Ukraine am nötigsten gebraucht wurde. Eigentlich war der Plan, bis an die polnisch-ukrainische Grenze zu fahren, aber dann kam es anders.
Auf einem Parkplatz lernten die beiden die Fahrer eines Hilfskonvois aus Tübingen kennen. Deren Ziel war eine Kirche in Kowel in der Ukraine. Der dortige katholische Pfarrer hatte seinen Kollegen in Tübingen um Hilfe gebeten. Hauke und Rossa fuhren ihnen hinterher und wurden tatsächlich in die Ukraine gelassen. Hauke lernte in Kowel jenen Arzt kennen, der sich um Kriegsopfer kümmert. Zu ihm ist der Kontakt seitdem nie abgerissen – im Gegenteil: Es war jetzt der vierte Hilfstransport auf eigene Faust.
Spenden helfen dem Transport
Unterstützung bekamen Hauke und Rossa jetzt vom gemeinnützigen Hilfswerk der Zeitungsgruppe Ostfriesland, „Ein Herz für Ostfriesland“. Für 10.000 Euro hatte Hauke Konserven und technisches Equipment wie Batterien oder Gaskocher gekauft und im Bulli verstaut. Auch Chemikalien für die Wasseraufbereitung und Hygieneartikel hatte er im großen Stil beschafft, denn der Pfarrer hat inzwischen ein Hilfscamp für Menschen eingerichtet, die direkt von Kriegshandlungen geschädigt wurden. Frisches Wasser ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit.
Außerdem hat der Moormerländer Spenden von Firmen wie Lübbe Saathoff, AZ-Laden in Ihrhove, Mios, Multi und der Fehn-Apotheke sowie von Privatleuten erhalten. „Damit können wir direkt im Land helfen“, so Hauke. Er habe alles vor Ort abgeladen, in einem privaten Haus in einem Neubaugebiet, in dem die Baustellen seit Kriegsbeginn brach liegen.
Angst vor Angriff der Russen
Von dort aus werden die Hilfsgüter laut Hauke in das Kriegsgebiet weitertransportiert, wo der Arzt das Hilfslager unterhält. Zwar liegt Kowel nur gut 100 Kilometer hinter der polnischen Grenze und wurde bisher nicht bombardiert. „Aber die Menschen dort haben Angst davor, dass die Russen vielleicht im Herbst über Belarus einmarschieren“, erzählt der Moormerländer. Dann würde die Region zum Kriegsgebiet.
„Es ist unübersehbar, dass man in einem Land ist, in dem Krieg herrscht“, sagt Hauke. Aber weil der Pfarrer mit seiner Familie noch in Kowel wohne, habe er sich die Fahrt dorthin zugetraut. Doch der Krieg ist nie weit weg. Der Pfarrer war vor ein paar Wochen mit seinen Helfern in das Kriegsgebiet gefahren, um dort Menschen zu helfen. Auf einem Video zeigen sie ihr Fahrzeug, in dem sie gerade beschossen wurden.
Der Arzt und seine Mitstreiter bedankten sich übrigens auf besondere Weise: „Für die Übernachtung hat der Arzt uns zu seinem Bruder geschickt“, erzählt Hauke. Dabei habe er gesagt, es solle ein Hotelzimmer angemietet werden. Doch bekamen Hauke und Rossa kein Zimmer im Haus des Bruders, sondern in einer Ferienhaussiedlung mit allem Luxus. Es steht derzeit leer, zur Bewirtung sei das Personal aktiviert worden. „Wir waren die einzigen Gäste“, sagt Hauke. Dieser Aufwand sei ihm etwas unangenehm gewesen – andererseits zeige sich damit die Wertschätzung für seine Hilfe.
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