Best of 2022 Nackter Mann fährt mit Fahrrad durch Emden

Mona Hanssen
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Von Mona Hanssen
| 27.12.2022 16:29 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Ein Mann ist am Sonntag nackt durch den Emder Stadtteil Uphusen geradelt. Dabei wurde er von Autofahrern gefilmt. Foto: Screenshot von Facebook-Video
Ein Mann ist am Sonntag nackt durch den Emder Stadtteil Uphusen geradelt. Dabei wurde er von Autofahrern gefilmt. Foto: Screenshot von Facebook-Video
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Ein Video wird in den sozialen Medien geteilt, auf dem ein nackter Mann mit seinem Rennrad zu sehen ist. Die Polizei hat davon auch schon Wind bekommen – und eine kuriose Antwort parat.

In einem Jahr voller Krisen (oder eigentlich schon fast drei Jahre) ist es immer wieder schön, über etwas Witziges und Kurioses zu berichten. Als mir das Video mit dem nackten Radfahrer von einer Freundin zugeschickt wurde, musste ich erst einmal lachen. So mutig/dreist/verrückt musste man erst mal sein! Auch die Recherche erwies sich als sehr witzig: Im Gespräch mit der Polizeisprecherin gab es so manche Lacher – und in der Redaktion eine heitere Stimmung. Und: Gelesen wurde der Artikel auch wie verrückt.

Emden - Das sieht man nicht jeden Tag: Ein nackter Rennradfahrer ist am Sonntag im Emder Stadtgebiet unterwegs gewesen. Ein geistesgegenwärtiger Autofahrer hat im Stadtteil Uphusen den Sportler gefilmt. Er ist deutlich erkennbar auf der Uphuser Straße unterwegs. Das Video macht seitdem über WhatsApp die Runde und ist am Montagvormittag auch auf der sozialen Plattform Facebook gelandet. Am Montagmorgen könnte er erneut gesehen worden sein, wie Facebook-Nutzer unter dem Video kommentieren.

Der Mann ist nur von hinten auf dem Video zu sehen. Selbstbewusst - mit Sportschuhen und Fahrradhelm - fährt er durch die Baustelle in Uphusen und biegt dann ins Feld Richtung Marienwehr ab. Gepostet hat das Video ein Uphuser, der es wiederum von Nachbarn zugeschickt bekommen hat. „Safety First - an seinen Helm hat er gedacht“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung lachend. Eine Spekulation von ihm: Vielleicht wollte der Mann im Uphuser Meer baden gehen. Den ursprünglichen Filmer und auch den Radfahrer konnte diese Zeitung noch nicht ausfindig machen. Das Video verschwand am frühen Nachmittag von dem Internetportal. Ob Facebook den Film gelöscht hat oder der Emder selbst, ist offen. Telefonisch war der Uphuser nicht mehr zu erreichen.

Die Polizei weiß Bescheid

Bei der Polizeiinspektion Leer/Emden ist der nackte Radfahrer schon bekannt, sagt Sprecherin Svenia Temmen auf Nachfrage. Angerufen habe zwar niemand bei der Dienststelle, aber die Kollegen hätten trotzdem davon Wind bekommen. Aber: Ein Fall für die Polizei ist das offenbar nicht. Eine Kleidervorschrift gebe es weder auf dem Rad noch im Auto, sagt sie. Von einer Erregung öffentlichen Ärgernisses könne man auch nicht sprechen. Das wäre nämlich eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung anderer, also etwa, wenn sich jemand vor Kindern entblößt.

Auch sei es strafbar, wenn nackt auf dem Rad sexuelle Handlungen vollzogen würden. Würde sich jemand so durch den nackten Radler belästigt fühlen, dass er diesen anklagt, wäre das ebenfalls eine andere Sache. Der Fall könnte als „Belästigung der Allgemeinheit“ ausgelegt werden. Aber: „Wo kein Kläger, da keine Anklage“, so die Polizeisprecherin. An einem Kindergarten sollte man vielleicht nicht nackt vorbei radeln - und auch lieber nicht in einer katholisch geprägten Gegend, meint sie. „Es ist hier auch nicht gängig“, sagt sie. Nacktheit sei gesellschaftlich einfach nicht akzeptiert.

„World Naked Bike Ride“ ist im Juni

Freikörperkultur (FKK) ist in Deutschland ein großes Thema - nicht nur am Strand. Das sagte auch Hartmut Wöhltjen, Vorsitzender des Niedersächsischen Verbands für Familiensport und Freikörperkultur (NFK), im vergangenen Sommer gegenüber dieser Zeitung. Bei ihrem Verband, dem auch Vereine in Oldenburg und Wilhelmshaven angehören, stehe das Sportliche im Vordergrund. Das aber dann eben nackt, „bei passendem Wetter“, wie der Vorsitzende betont. Für die ungestörte Ausübung würden die zugehörigen Vereine in der Regel eigene Sportanlagen betreiben. Die Vorteile des Sports ohne oder nur mit wenig Kleidung liegen für Wöhltjen auf der Hand. „Es zwickt nichts und die Kleidung ist auch nicht im Weg“, sagt er. Einen Zwang zur Nacktheit gebe es aber nicht. Wenn das Wetter zu schlecht ist oder andere Gründe für Kleidung sprechen, dann sei das auch völlig in Ordnung, sagt er.

Auch aus Protestgründen finden regelmäßig Fahrradtouren statt: Seit 2001 findet beispielsweise jährlich der „World Naked Bike Ride“ statt. Tausende waren vor knapp zwei Wochen etwa in Berlin unterwegs. Anfangs ging es bei dem Protest vornehmlich um das Anliegen fahrradfreundlicherer Städte, mittlerweile geht es um generell menschengerechtere Stadtplanung und um einen Verzicht auf fossile Energieträger wie Kohle, Öl, heißt es im Internet-Nachschlagewerk Wikipedia. Auch die Nacktheit, die anfangs vor allem zur Erlangung von Aufmerksamkeit diente, sei mittlerweile zum Symbol für Freiheit und für einen unverkrampfteren Umgang mit Nacktheit geworden.

Kurios: Während auf den Straßen das nackte Radfahren erst einmal nicht generell verboten ist, entbrannte in diesem Jahr eine Diskussion darüber, ob Brüste in Schwimm- und Freibädern nackt sein dürfen. In einem Göttinger Schwimmbad ist das Oben-Ohne-Baden an bestimmten Tagen allen erlaubt. In Ostfriesland bislang nicht.

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