Best of 2022 Baby kommt auf Parkplatz zur Welt

| | 28.12.2022 13:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Dem Familienzuwachs geht es blendend. Die Eltern Anke und Mike Decker, sowie Sohn Marlon sind überglücklich. Foto: privat.
Dem Familienzuwachs geht es blendend. Die Eltern Anke und Mike Decker, sowie Sohn Marlon sind überglücklich. Foto: privat.
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Mutter und Kind sind gesund und munter: In Wiesmoor hat ein Mädchen das Licht der Welt auf einem Parkplatz erblickt. Die Mutter hat uns ihre Geschichte erzählt.

Als ich in der Vorweihnachtszeit nach einem besonderen Artikel gefragt wurde, konnte das ja nur ein Neugeborener sein. Natürlich war ich nicht am Ort dabei –das wäre erst recht besonders gewesen – aber die Mutter hat mir das Geschehen so packend geschildert, das es tief im Gedächtnis hängen geblieben ist. Und da die Geschichte für alle gut ausgegangen ist, hat sie mir besonders viel Spaß gemacht.

Wiesmoor - Im Normalfall werden Babys in Ostfriesland gut behütet im Krankenhaus zur Welt gebracht. Es gibt aber auch Fälle, da haben es die jungen Erdenbürger eiliger. So auch in Wiesmoor, wo der jüngste Spross der Familie Decker auf einem Firmenparkplatz das Licht der Welt erblickte. Alles ist gut gegangen. Und mit ein wenig Abstand zu den dramatischen Minuten hat uns die junge Mutter aus Wiesmoor die Geschichte ihrer ungewöhnlichen Niederkunft erzählt.

„Es ist mein zweites Kind. Ich wusste, was bei einer Geburt passiert, wie die Abläufe sind. Daher war ich an diesem Tag ganz entspannt, als ich aufwachte“, berichtet Anke Decker im Gespräch mit dieser Zeitung. Ein wenig Sodbrennen habe sie gehabt an diesem Morgen. Sich nichts dabei gedacht, es auf das Essen oder den Orangensaft geschoben. Schließlich war es zwei Tage vor dem errechneten Entbindungstermin. Doch der Druck wurde stärker. „So gegen 7 Uhr habe ich mir dann gedacht, dass es doch nicht so schlecht wäre, ins Krankenhaus nach Westerstede zu fahren“, erzählt die 33-Jährige.

Der Mann war „dezent geschockt“

Kurz habe das Ehepaar überlegt, ob der Mann mitfahren soll, und sich dann dafür entschieden. Auch weil um 7.30 Uhr der vierjährige Sohn noch in den Kindergarten gebracht werden musste. „Ich hab mir dann meine Tasche geschnappt und wir haben uns auf den Weg gemacht.“ Erst den Sohn absetzen, dann noch schnell in Wiesmoor tanken. „Ich war ja noch entspannt.“ Um 7.45 Uhr saßen beide wieder im Auto. „Wir schaffen das nicht mehr, habe ich da zu meinem Mann gesagt. Das hat ihn dezent geschockt.“ Direkt habe dieser daraufhin einen Krankenwagen bestellt. Zum Parkplatz der Firma Schröder. „Wir waren ja unterwegs und das war die nächste Möglichkeit.“

Für einige Tage markierte ein Luftballon mit der Aufschrift „Hurra, ein Mädchen“ die Stelle an der das Baby zur Welt kam. Foto: privat
Für einige Tage markierte ein Luftballon mit der Aufschrift „Hurra, ein Mädchen“ die Stelle an der das Baby zur Welt kam. Foto: privat
Schmerzen habe sie nicht gehabt, berichtet Anke Decker. Der Druck wurde aber immer größer. „Ich hab sofort gemerkt: Jetzt geht es voran.“ Zur Entlastung stieg die werdende Mutter aus dem Auto aus. Wenig später platzte die Fruchtblase. „Da ist meinem Mann das zweite Mal alles aus dem Gesicht gefallen. Trotzdem hat er ganz toll reagiert.“ Flugs war alles vorbereitet: der Autositz nach hinten gestellt, ein Handtuch darüber ausgebreitet. „Ich hab mir nur gedacht: Das kann doch nicht wahr sein, dass ich mein Kind jetzt auf Pflastersteinen entbinde. Ich wollte dann gleich ins Auto steigen. Da haben wir den Krankenwagen vom DRK gesehen.“

Der erste Rettungswagen war belegt

Dieser war wohl eher zufällig in der Nähe und als Soforthilfe umgeleitet worden, bevor der Rettungswagen des Landkreises Aurich eintraf. Doch der Wagen rauschte am Parkplatz vorbei. „Wir haben dann sofort bei der Leitstelle angerufen und die haben ihn zurückgeschickt. Diesmal haben sie uns auch gefunden.“ Kaum ausgestiegen, hätten die Notfallhelfer eine blaue Folie auf dem Pflaster ausgebreitet, berichtet Anke Decker. „Dann mal runter, junge Dame“, schallte es ihr entgegen. „Da war ich geschockt“, betont die junge Mutter. Dem Notfallsanitäter habe sie gesagt, dass sie ihr Kind doch nicht auf den Pflastersteinen bekommen wolle. „Na, was glaubst du denn?“, entgegnete ihr der Mann. Mit einem unglaublichen Lächeln, wie Anke Decker sagt.

Der Wagen sei bereits belegt gewesen. Das Team des DRK habe nur angehalten, um kurzfristig zu unterstützen, bis der Rettungswagen aus der Wache in Spetzerfehn ankommen würde. Als dieser eingetroffen war, wurde die werdende Mutter in den Rettungswagen umgebettet. Nach Westerstede sollte es gehen, sobald der Notarzt ebenfalls am Parkplatz angekommen war. „Das hat nicht geklappt. Die Zeit hatten wir nicht mehr. Ich wollte nur noch, dass mein Mann dabei ist“, erzählt Anke Decker. Sie sei ein wenig hektisch geworden, während die Rettungssanitäter ganz ruhig blieben. „Als mein Mann da war, habe ich seine Hand genommen, sie zweimal gedrückt und dann war das Kind auch schon da. Das ging ganz schnell.“ Mit ihrem Mann Mike und den beiden Rettungskräften habe sie sich sicher aufgehoben gefühlt. Und der frisch gebackene Papa durfte gleich die Nabelschnur durchschneiden. Mit den Worten „Na, wer konnte denn hier nicht auf mich warten“, sei dann auch der Notarzt eingetroffen.

Alle freuen sich mit

Das Kind war gesund und munter. Die Erleichterung sei bei allen Beteiligten groß gewesen, berichtet die glückliche Mutter. „Sie haben mir meine neugeborene Tochter auf den Bauch gelegt und ab ging es ins Krankenhaus. Es war wirklich eine freudige Fahrt.“ Mittlerweile könnten sie und ihr Mann über das Geschehene lachen und die Geschichte jedem erzählen, sagt Anke Decker. „Es ist ja alles gut gegangen.“ Auch der Spott der Kollegen lasse sich für Ehemann Mike leicht ertragen. „Er arbeitet bei Traba und kriegt dort ständig zu hören, warum er nicht die paar Meter weiter zum Firmenparkplatz gefahren ist.“

Eine Überraschung sei auch eine Glückwunschkarte der Firma Schröder gewesen, die sich kräftig mitgefreut habe. Eine weitere Überraschung gab es dann beim Standesamt. „Als Geburtsort unserer Kleinen ist Wiesmoor angegeben. Das hat es seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gegeben, hat uns die Standesbeamtin erzählt.“

Ein freudiges Ereignis sei die Geburt im Rettungswagen auch für den Rettungsdienst gewesen, berichtet Carl-Heinz Arends, Leiter des Rettungsdienstes im Landkreis Aurich. Für die Rettungssanitäter und den Notarzt sei das immer eine ganz besondere Sache. Im Schnitt passiere so etwas nur ein Mal im Jahr, bei rund 30.000 Einsätzen im gesamten Landkreis. Sorgen machen müssten sich Betroffene aber nicht. Geburten seien Teil der Ausbildung der Rettungssanitäter und auch alle Rettungswagen seien mit der benötigten Ausrüstung ausgestattet.

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