Best of 2022 „Im Buckingham Palace ist es gemütlich“
Der Diplomat Werner Graf von der Schulenburg genießt seinen Ruhestand in Leer. In den 1980er-Jahren übernachtete er im Hause der Königin.
Zum Platinthronjubiläum der Queen besuchte ich Werner Graf von der Schulenburg in Leer. Er hatte die Queen getroffen und im Buckingham Palace geschlafen. Der 92-Jährige erzählte so unaufgeregt, was er erlebt hatte. Das hat mich, die die Royals nur aus dem Fernsehen kennt, mächtig beeindruckt. An diesen Termin habe ich noch oft gedacht.
Leer/London - In einem himmelblauen Kleid, so strahlend wie der Himmel über ihr, tritt Queen Elizabeth II. am Donnerstagmittag auf den Balkon des Buckingham Palace. Davor haben sich Zehntausende Menschen versammelt, um mit der englischen Königin und ihrer Familie, die neben ihr steht, an diesem Wochenende ihr Platinthronjubiläum zu feiern. Seit 70 Jahren führt die Königin hauptsächlich aus dem Buckingham Palace heraus, das britische Königreich.
Dort im Buckingham Palace traf auch Werner Graf von der Schulenburg die englische Königin, anlässlich der Staatsbesuche von Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Der 92-Jährige, der heute mit seiner Frau in Leer lebt, war bis zu seinem Ruhestand 1994 deutscher Diplomat und Botschafter in Griechenland und der Schweiz. Die Queen traf er Mitte der 1980er Jahren als Chef des Protokolls im Auswärtigen Amt. „Sie ist eine hochintelligente und zurückhaltende Frau“, erinnert sich von der Schulenburg. Sie schaffe den schwierigen diplomatischen Weg zwischen Toleranz und Wertebeständigkeit. „Sie ist sehr offen“, sagt von der Schulenburg.
Für Genscher im Einsatz
Als Diplomat sei es damals seine Aufgabe gewesen, die Staatsbesuche unter anderem von seinem Vorgesetzten Hans-Dietrich Genscher (FDP) und dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, vorzubereiten. Der 92-Jährige legt allerdings Wert darauf, dabei nicht die Hauptperson gewesen zu sein. „Ich bin kein Wichtigtuer“, sagt er. Er habe in der zweiten Reihe die Reisen vorbereitet, die Abläufe geklärt und die Besuche organisiert. Von Land und Leuten bekam er während einer solchen Reise wenig mit. „Das war zu stressig“, erinnert er sich. Nur während der Besuche, die der Minister und der Bundespräsident tätigten, habe er aber ein bisschen von London und dem restlichen Land sehen können.
Auch wenn Graf von der Schulenburg nicht die Hauptperson des Besuchs war, ins Gespräch mit der Queen kam er dennoch. Ebenso wie mit ihrem im vergangenen Jahr verstorbenen Mann Philip, mit dem er sogar Deutsch sprach. „Wir haben über die Jagd gesprochen“, erzählt von der Schulenburg. Die Queen und Prinz Philip waren leidenschaftliche Jäger. „Das ist immer ein gutes Thema für so eine Konversation“, sagt von der Schulenburg.
Im Palast übernachtet
Natürlich reisten die deutschen Diplomaten zu so einem Besuch nicht allein an. Ein großes Team aus vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kam damals mit nach London, um die Besuche zu besprechen. „Dabei haben die meisten unserer Mitarbeiter im Hotel geschlafen“, sagt von der Schulenburg. Nur die wichtigsten Leute hätten ein Zimmer im Buckingham Palace bekommen. Der heutige Leeraner war damals dabei. Er habe mit seiner Frau Dorothea, die als Begleitung der Frau des Bundespräsidenten an der Reise teilnahm, ein Zimmer um Palast gehabt. „Es ist gemütlich“, sagt der ehemalige Diplomat und lächelt. Mehr verrät der Diplomat nicht.
Der 92-Jährige plaudert eben nicht aus dem Nähkästchen, auch nicht über Staatsbankette und die Begegnungen mit Prinz Charles und Lady Diana, die er und seine Frau ein paar Jahre später auf deren Staatsbesuch in Deutschland ebenfalls begleiten durften. Nur so viel: „Die beiden waren sehr nett.“ Für den Protokollchef waren die Besuche eben auch Arbeit und Stress, weniger royaler Glanz.
Es ging darum, die für Deutschland wichtigen Beziehungen zu Großbritannien und dem Königshaus zu pflegen. „Wir hatten unsere Wünsche von diesen Besuchen, die Engländer hatten ihre. Wir haben versucht, Lösungen zu finden“, sagt von der Schulenburg. Kompromisse seien wichtig gewesen. Offenbar hat es geklappt, denn auch mehr als 30 Jahre später sagt Werner Graf von der Schulenburg noch heute mit ein wenig Stolz: „Wir haben respektable Ergebnisse erzielen können.“