Best of 2022 Polder mussten geöffnet werden – Regen machte Wieken voll

| | 22.02.2022 08:52 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Voll bis oben hin: Am Rajen und den anderen Wieken in Rhauderfehn stand das Wasser am Montagmorgen hoch wie selten mal. Foto: Janßen
Voll bis oben hin: Am Rajen und den anderen Wieken in Rhauderfehn stand das Wasser am Montagmorgen hoch wie selten mal. Foto: Janßen
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In kurzer Zeit kam jede Menge Regen runter. Weil das Land völlig durchnässt ist, landete jeder Liter in den Fehntjer Wieken. Die Sielacht hatte gut zu tun, all das Wasser wegzuschaffen.

Als nach dem Dauerregen im Februar morgens das Wasser in den Wieken plötzlich bis ganz oben am Rand stand, hat mich das schon ziemlich beeindruckt. Und einen Moment lang war ich auch besorgt, dass das Wasser tatsächlich überlaufen könnte - auf die Straßen, in die Häuser... Die Erinnerung an die Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr zuvor kamen hoch. Theoretisch wusste ich, dass wir hier gut geschützt sind: Anfang des Jahres hatten wir mit den Recherchen für die GA-Serie „Leben mit Wasser in Ostfriesland“ begonnen, in der wir in den darauffolgenden Monaten darüber berichteten, welche Gefahren steigende Meeresspiegel und Hochwasserereignisse bedeuten können, warum und wie wir geschützt sind und was uns das kostet – an Geld und Aufwand. Die hohen Pegelstände im Februar haben mir deutlich vor Augen geführt, wie wichtig diese Themen für uns alle sind.

Rhauderfehn - Sozusagen „Oberkante Unterlippe“ stand am Montagmorgen das Wasser in den Fehntjer Wieken. Einen Pegelstand von 6,6 Metern zeigte die Messlatte beim Schöpfwerk am Hauptfehnkanal, nahe der Paddel- und Pedalstation in Rhauderfehn, so Schöpfwerkswärter Laurenz Damm. Schon in der Nacht war er im Einsatz, behielt die Pumpe im Auge. Bis zum frühen Mittag hatte die soviel Wasser aus dem Untenende in den Hauptfehnkanal gepumpt, dass auf der gelben Holzlatte der Wasserstand bei der 6,4 angekommen war.

Schöpfwerkswärter Laurenz Damm hielt die Anlage ei der Paddel- und Pedalstation im Auge und holte unter anderem mit dem Greifer Laub und Äste aus dem Wasser, die von der Pumpe des Schöpfwerks mit angezogen wurde. Foto: Janßen
Schöpfwerkswärter Laurenz Damm hielt die Anlage ei der Paddel- und Pedalstation im Auge und holte unter anderem mit dem Greifer Laub und Äste aus dem Wasser, die von der Pumpe des Schöpfwerks mit angezogen wurde. Foto: Janßen

Dieser Pegelstand, so Meino Kroon, Geschäftsführer der Sielacht Stickhausen und des Leda-Jümme-Verbandes, zeige, wenn man fünf Meter abziehe, den Wasserstand über Normallhöhennull an. Der lag am frühen morgen also bei 1,6 Metern. Damm, der seinen Beruf seit vielen Jahren ausübt, sagt: „Dass der Wasserstand so schnell steigt, habe ich noch nicht gesehen.“

Ledasperrwerk nur drei Stunden offen

Gleichwohl: „Die Lage ist nicht kritisch“, betont Kroon. Es sei nur in sehr kurzer Zeit sehr viel Wasser zusammengekommen. „Die Böden sind voll bis oben hin mit Wasser. Jeder Liter, der gestern runtergekommen ist, floss sofort in die Gräben. Und es ist ja einiges heruntergekommen.“ Gleichzeitig habe man das Ledasperrwerk wegen der Sturmflut nur drei Stunden, von 8 bis 11 Uhr, offen halten können. Die Sielacht habe also wenig Wasser rauskriegen können. Um die „Ebbe zu verlängern“, habe man den Polder Leer geöffnet.

Das erste Mal seit 2012 wurde der Polder Holter Hammrich geöffnet und überflutet. Foto: Janßen
Das erste Mal seit 2012 wurde der Polder Holter Hammrich geöffnet und überflutet. Foto: Janßen

Auch der Polder Holter Hammrich sei geöffnet worden. Er entlastet Ostrhauderfehn, Rhauderfehn und das Burlager-Langholter Tief. Zur weiteren Entlastung sei ebenfalls das Langholter Meer geöffnet worden. Überschüssiges Wasser wird dabei in Höhe Langholt ins das Langholter Meer gelassen, später gelangt es in Rhauderfehn wieder in den Hauptfehnkanal. Bis dorthin trägt es als Zwischenspeicher zu einer schnellen Entlastung des Tiefs bei.

Das ganze Wasser muss hier durch

Im Ammerland war die Lage zunächst nicht so angespannt gewesen. „Der Druck kam aus unserem südlichen Verbandsgebiet“, so Kroon. Am Nachmittag hieß es dann aber: Auch der Polder Detern-Übertiefland muss geöffnet werden, die „Wassernot“ im Ammerland wurde zu groß.

Besondere Bedeutung fürs Fehn habe das Schöpfwerk bei der Paddel- und Pedalstation, so Schöpfwerkswärter Laurenz Damm: „Das Wasser vom Rajen, von der 1., 2. und 3. Südwieke kommt hier an. Fünf Schöpfwerke sind vorgelagert, die alle Wasser in diese Richtung pumpen. Das muss alles hier durch.“

Wasser von drei Seiten

4100 Hektar groß sei das Einzugsgebiet dieses Schöpfwerks an der Straße Am Siel, sagt Kroon. Dessen Pumpen wiederum leistet Starkes: „Bis zu 8 Kubikmeter, also 8000 Liter, in der Sekunde, können weggepumpt werden.“.

Über den Hauptfehnkanal fließt das Wasser Richtung Holte und wird in die Leda abgeführt. Die war am Montag aber selber voll. Dort, wo Leda und Hauptfehnkanal sich treffen, steht das Ein- und Auslassbauwerk des Polders Holter Hammrich. Dessen Tore waren geöffnet worden. Mit Macht sprudelte das Wasser gleich von drei Seiten auf die Fläche des Polders: aus dem Hauptfehnkanal, der Leda aus Richtung Barßel kommend, sowie aus dem Bereich der Leda, in dem das Wasser eigentlich Richtung Leer abfließt. Weil das Sperrwerk zu war, stauten sich die Wassermengen, die auch aus dieser Richtung zum Durchlass strömten.

Das erste Mal seit zehn Jahren

2011, so Meino Kroon, sei der Polder erstellt worden. 2012 sei der dann sofort das erste Mal benötigt worden - und seitdem nicht mehr. Seit zehn Jahren wurde der Polder jetzt das erste Mal wieder geöffnet.

Ohne Deich, Schöpferwerke und Polder hätte es für das Oberledingerland schlecht ausgesehen. Dank der aufwändigen Technik blieben die Häuser trocken. Ein bisschen Glück spielte den Entwässerungs-Experten auch in die Hände: Zwischen dem hohen Wasserstand Ende vergangener Woche und dem aktuellen Hochwasser gab es eine kleine Pause. „Wir hatten ein paar gute Ebben, bei denen wir Wasser loswerden konnten“, so Kroon. Sonst wäre der Pegelstand jetzt noch höher gewesen.

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