Ärger um den Altkanzler geht in neue Runde Schröder darf in der SPD bleiben

| | 15.05.2023 20:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Abgeschlossen? „PO-Verfahren Gerhard Schröder“ steht auf mehreren Aktenordnern im Kurt-Schumacher-Haus des SPD-Unterbezirks Region Hannover. Foto: Spata/dpa/Archiv
Abgeschlossen? „PO-Verfahren Gerhard Schröder“ steht auf mehreren Aktenordnern im Kurt-Schumacher-Haus des SPD-Unterbezirks Region Hannover. Foto: Spata/dpa/Archiv
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Der SPD-Landtagsabgeordnete Wiard Siebels (Aurich) hofft, dass Schröder die Partei doch noch freiwillig verlässt. Im Landtag fordert die CDU, Schröder die Landes-Ehrungen wieder abzuerkennen.

Berlin/Hannover - Jetzt steht es endgültig fest: Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder darf trotz seiner engen Verbindungen zu Russland in der SPD bleiben. Die Anträge auf Berufung gegen eine entsprechende Entscheidung der SPD-Schiedskommission in Hannover wurden von der Bundesschiedskommission aus formellen Gründen als unzulässig zurückgewiesen. Das teilte das Gremium am Montag den Antragstellern und der Öffentlichkeit mit. Damit gilt das Verfahren als abgeschlossen.

Ziemlich sicher ist aber wohl, dass Schröder seine Partei weiter nerven wird. Erst in der vergangenen Woche verärgerte er seine Genossen, als er beim Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg auftauchte. Unter den Gästen waren auch Ex-SED-Generalsekretär Egon Krenz und AfD-Chef Tino Chrupalla.

CDU: Schröder soll Auszeichnung abgeben

Die CDU in Niedersachsen fordert wegen der Teilnahme des Altkanzlers jetzt, Auszeichnungen des Landes an Schröder zu widerrufen. „Ich halte das für eine berechtigte Forderung und für dringend notwendig“, betont der CDU-Landtagsabgeordnete Ulf Thiele (Filsum). Schröders Verdienste für Niedersachsen seien zwar unbestritten, „aber eine Ehrung sollte sich nicht nur auf die Vergangenheit beziehen, sondern auch das aktuelle Verhalten berücksichtigen“, findet Thiele. Schröder füge mit seinem Verhalten „der Bundesregierung nachhaltig Schaden zu“. Der Altkanzler mache sich „zum Kronzeugen von Kriegstreiber Putin und stärkt diesem den Rücken“, kritisiert Thiele.

Gerhard Schröder Foto: Nietfeld/dpa/Archiv
Gerhard Schröder Foto: Nietfeld/dpa/Archiv

Durch sein Verhalten habe sich Schröder der Niedersächsischen Landesmedaille und des Großen Verdienstkreuzes unwürdig erwiesen. „Gerhard Schröder feiert mit denjenigen, die derzeit für das unsägliche Leid und den Tod so vieler Menschen in der Ukraine die Verantwortung tragen“, schrieb der Vorsitzende der CDU im Landtag, Sebastian Lechner, in einem Brief an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), berichtete die „Hannoversche Allgemeinen Zeitung“ am Montag.

Auch Weil bedauere Schröders Teilnahme an dem Empfang in der russischen Botschaft sehr, sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen. Trotzdem sehe der Ministerpräsident keinen Anlass, seine bisherige Position in Sachen Landesmedaille zu revidieren. Gerhard Schröder habe sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident um das Land verdient gemacht. Diese Verdienste seien auch durch Schröders Verhalten seit Beginn des Ukraine-Kriegs nicht kleiner geworden. „Ich glaube nicht, dass Weil seine Position angesichts der aktuellen Entwicklung weiter aufrechterhalten kann“, kontert Ulf Thiele.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Wiard Siebels (Aurich) kann über Schröder „nur noch den Kopf schütteln“. „Was er macht, geht gar nicht, das ist nicht akzeptabel“, sagt er im Hinblick auf Schröders Teilnahme am Empfang der russischen Botschaft. „Er richtet mit seinem Verhalten großen Schaden an – auch für sich selbst.“

Die Ehrungen des Landes Niedersachsen seien „vermutlich die letzten, die Schröder noch hat“, so Siebels. Dessen Verdienste für Niedersachsen seien auch heute noch unbestritten. Aktuell wünscht sich Siebels aber vor allem, „dass Schröder einfach mal eine Weile lang gar nichts mehr macht, nur still bleibt“.

Schröder steht weiter zur Freundschaft mit Putin

Schröder war von 1998 bis 2005 Kanzler und von 1999 bis 2004 SPD-Parteivorsitzender. Nach seiner Abwahl als Regierungschef war er viele Jahre für russische Energiekonzerne tätig und gilt bis heute als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin, von dem er sich auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht lossagte. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn besuchte er Putin sogar in Moskau – angeblich, um zu vermitteln.

Das Parteiausschlussverfahren gegen Schröder war von 17 SPD-Gliederungen ins Rollen gebracht worden. In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover im Sommer 2022, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein, die im März von der Schiedskommission des Bezirks Hannover zurückgewiesen wurde. In der Begründung hieß es, es lasse sich „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen“, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe.

Gegen diese Entscheidung zogen dann noch zwei Ortsvereine weiter vor die Bundesschiedskommission. Ihre Anträge wurden aber aus formellen Gründen abgewiesen. Die Berufung wäre nur zulässig gewesen, wenn in erster Instanz eine nicht unerhebliche Sanktion gegen Schröder verhängt worden und es in zweiter Instanz zu einer Abschwächung dieser Sanktion gekommen wäre, hieß es zur Begründung. Die Bundesschiedskommission ist die letzte Instanz in dem Verfahren, das damit beendet ist.

Schröder darf also Parteimitglied bleiben. Ein Ausschluss wäre nach den SPD-Regularien die härteste mögliche Strafe gegen ihn gewesen. Als mildere Sanktionen standen etwa eine Rüge oder eine zeitweilige Aberkennung des Rechts zur Bekleidung von Parteifunktionen im Raum. Auch dazu kommt es jetzt nicht.

Schröder: Entscheidung „politisch konsequent“

Schröder hatte die Entscheidung der Schiedskommission in Hannover als „juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent“ begrüßt. Die Parteispitze hat sich aus dem Verfahren herausgehalten. Unabhängig davon betont sie seit langem, dass der Ex-Kanzler in der SPD isoliert sei. „Vielleicht tritt Schröder ja doch noch freiwillig aus“, sagt Wiard Siebels und erinnert an den ehemaligen SPD-Bundesminister Wolfgang Clement, der gegen seinen Parteiausschluss durch alle Instanzen geklagt hatte – und am Ende freiwillig die SPD verließ.

Unklar ist, wie die Parteiführung weiter mit Gerhard Schröder umgeht. Das wird sich spätestens vor dem Bundesparteitag der SPD im Dezember zeigen. Normalerweise werden alle ehemaligen Vorsitzenden eingeladen. Ob das auch noch für Schröder gilt, ist offen.

Mit Material von DPA

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