Verkehr Lang-LKW sind auch auf Autobahnen in Ostfriesland unterwegs
Besonders lange LKW dürfen auch auf einigen Strecken in Ostfriesland fahren. Sie helfen den Speditionen, Kosten zu sparen. Ob sie auch gut fürs Klima sind, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen.
Ostfriesland - Wer auf den Autobahnen in Ostfriesland unterwegs ist, dem wird ab und an ein besonders langer LKW begegnen. Während ein normaler Lastwagen in Deutschland maximal 18,75 Meter lang sein darf, sind für einen Lang-LKW oder Gigaliner 25,25 Meter erlaubt. Gefahren und Nutzen des Einsatzes von Lastwagen in Übergröße waren von 2012 bis 2016 in einem Feldversuch untersucht worden. Seitdem sind sie grundsätzlich in Deutschland erlaubt, allerdings mit einigen Einschränkungen.
Was und warum
Darum geht es: Auf ostfriesischen Straßen sind auch Lang-LKW unterwegs, die sich aber an bestimmte Regeln halten müssen.
Vor allem interessant für: Verkehrsteilnehmer in Ostfriesland
Deshalb berichten wir: Uns sind immer wieder LKW auf ostfriesischen Autobahnen begegnet. Die Autorin erreichen Sie unter: k.mielcarek@zgo.de
Bei der Spedition Weets in Emden sind zwei so genannte Gigaliner im Einsatz, sagt Xuan Möller, Leiter der Planabteilung. Ihr Hauptvorteil liege für die Spedition darin, dass sie sich durch die höhere Ladungskapazität Fahrten spare. Da ein Lang-LKW genauso wie die kürzeren Fahrzeuge nur 40 Tonnen schwer sein darf, kann er seine Vorteile nur bei Waren ausspielen, die nicht zu schwer sind. Weets transportiere vor allem Zubehörteile für Autos, sagt Möller: „Achsteile, Karosserieteile.“ Die stünden auf Gestellen, von denen in einen Gigaliner einige mehr passten als in einen konventionellen Lastwagen. Ein Lang-LKW darf genauso wie jeder andere LKW nur 2,50 Meter breit sein.
Wo dürfen die langen LKW fahren?
Gigaliner dürfen nur dort fahren, wo das ausdrücklich erlaubt ist. Die Fachleute sprechen von einem Positivnetz. In Ostfriesland gehören die Autobahnen A 28, A 31 und A 280 dazu. Die Fahrten auf den Autobahnen seien für die Lang-LKW unkompliziert, sagt Xuan Möller. Allenfalls die Auf- und Abfahrten hätten es in sich. Deshalb würden die Fahrer eigens für diese besonderen Fahrzeuge geschult. Das Gesetz verlangt neben einem Einweisungs-Lehrgang, dass die Fahrer von Gigalinern seit mindestens fünf Jahren den Führerschein CE für schwere LKW haben. Außerdem sind für sie fünf Jahre Berufserfahrung im gewerblichen Straßengüter- oder Werkverkehr vorgeschrieben.
Projekt „Zukunft Nordsee“
Dieser Beitrag ist Teil des Projekts „Zukunft Nordsee“ von Ostfriesen-Zeitung, General-Anzeiger, Borkumer Zeitung, Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Deutscher Presse-Agentur (DPA). In dieser Serie beschäftigen wir uns mit Themen, die für die gesamte Küstenregion relevant sind – zum Beispiel mit dem Klimawandel, erneuerbaren Energien, der Entwicklung der Wirtschaft und dem Tourismus. Weitere Beiträge dazu finden Sie hier.
Komplizierter kann es auf Straßen abseits der Autobahnen werden, wo Kreisverkehre oder enge Kurven warten könnten. Wer dort mit einem Gigaliner unterwegs sein will, muss vorher die Aufnahme dieser Strecke ins Positivnetz beantragen. Das habe auch die Spedition Weets getan, die regelmäßig mit ihren beiden Lang-LKW von Emden zu einem Kunden nach Braunschweig fahre, sagt Xuan Möller. In Ostfriesland gibt es eine ganze Reihe von Bundes- und Landesstraßen, die für Gigaliner freigegeben sind. Dazu gehören zum Beispiel Teile der Bundestraße 210 bei Emden, der Landesstraße 2 bei Emden oder der Bundesstraßen 70 und 72 bei Leer. Auch wenn man es vermuten könne, habe er noch von keinen Vorfällen gehört, die sich beim Überholen ergeben könnten, weil andere Fahrer die Länge des LKW unterschätzt hätten. „Letztlich sind es ja nur ein bis zwei PKW-Längen, die der Gigaliner länger ist.“
An welche Regeln müssen sich die Gigaliner halten?
Gigaliner dürfen nur Fahrzeuge überholen, die nicht schneller als 25 Kilometer pro Stunde fahren können oder dürfen. Auf Autobahnen dürfen sie gar nicht überholen. Seit Juli des vergangenen Jahres müssen alle Lang-LKW mit einem Abbiegeassistenten und mit blinkenden Seitenmarkierungsleuchten ausgestattet sein. Das gilt auch für die Bestands-Fahrzeuge. Außerdem brauchen sie eine rückwärtige Kamera am Heck.
Sind die langen LKW gut für das Klima?
Unbestritten ist, dass ein Gigaliner Fahrten spart und da das Gewicht nicht höher sein darf als das eines normalen LKW, wird so auch Sprit und damit CO2 eingespart. Das Bundesverkehrsministerium sagt, dass zwei Fahrten mit einem Lang-LKW durchschnittlich etwas mehr als drei Fahrten mit einem normalen LKW ersetzen. Die Kraftstoff-Ersparnis liege bei etwa 15 bis 25 Prozent. „Somit können sich aus dem Einsatz von Lang-Lkw positive Effekte, insbesondere auf die Umweltauswirkungen (Einsparung von CO2-Emmissionen) ergeben, die kurzfristig in dieser Größenordnung von kaum einer anderen fahrzeugtechnischen Maßnahme am Lkw zu erreichen sind“, schreibt das Ministerium auf seiner Homepage.
Kritiker, wie die Allianz pro Schiene, betonen dagegen, dass der Einsatz von Lang-LKW einer Verlagerung des Transportverkehrs von der Straße auf die Schiene entgegenwirkt. Die „Initiative für Innovative Nutzfahrzeuge“, zu der 18 Wirtschaftsverbände und Logistikunternehmen gehören, sieht dagegen durch Gigaliner durchaus auch positive Auswirkungen auf den Schienen- oder auch Schiffsverkehr: Der An- und Abtransport der Waren von und zu den Bahnhöfen oder Schiffshäfen mache einen großen Teil der Transportkosten aus. Durch die Gigaliner werde Geld eingespart, was den Transport über Schienen oder Wasserstraßen attraktiver mache.