In die Vergangenheit horchen Tote Fehntjer über das Handy kennenlernen

Karin Lüppen
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Von Karin Lüppen
| 30.08.2023 17:58 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Wer mit dem Smartphone den QR-Code einliest, kann sich kleine Hörstücke über die alten Fehntjer anhören. Foto: Ortgies
Wer mit dem Smartphone den QR-Code einliest, kann sich kleine Hörstücke über die alten Fehntjer anhören. Foto: Ortgies
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Auf zwei historischen Friedhöfen in Moormerland wird auf besondere Weise ein Einblick in die Vergangenheit geboten. Dahinter steckt viel Forschungsarbeit.

Moormerland - Wer vor alten Grabmälern steht, fragt sich häufig, welche Persönlichkeiten das wohl waren, die dort beigesetzt sind, aber von denen man nur den Namen sowie das Geburts- und Sterbedatum erkennen kann. In Moormerland gibt es jetzt die Möglichkeit, etwas über das Leben dieser Menschen zu erfahren. Kleine Tafeln mit QR-Codes machen es möglich.

Was und warum

Darum geht es: In Warsingsfehn und Jheringsfehn kann man bei einem Besuch des historischen Friedhofes einen Einblick in das Leben der Verstorbenen bekommen.

Vor allem interessant für: Menschen, die sich für lokale Geschichte interessieren

Deshalb berichten wir: Das Projekt mit den QR-Codes soll zum Tag des öffentlichen Denkmals offiziell vorgestellt werden.

Die Autorin erreichen Sie unter: k.lueppen@zgo.de

Diese technische Brücke in die Vergangenheit führt auf die Seite cultureapp.com und dort auf die Einträge zu Moormerland. Zehn Personen werden dort vorgestellt, vom Dorfschullehrer bis zur Gründerin eines bis heute existierenden Modegeschäftes. Die Texte sind locker formuliert und mit passenden Alltagsgeräuschen hinterlegt: So wird der Text über Dorfschullehrer Arnold Pruismann mit Schulhoflärm begleitet.

Texte auf Hoch und Platt

Der Nutzer kann zwischen einer hoch- und einer plattdeutschen Variante wählen. Die Firma Cultureapp hat für die Audiodateien Annie Heger und Gerd Spiekermann verpflichtet, um den Verstorbenen ein Leben 2.0, also im digitalen Medium zu geben. Sie haben die Einträge gesprochen, diese können aber auch als Text zum Nachlesen abgerufen werden. Außerdem muss man nicht unbedingt auf dem Friedhof stehen, über die Homepage von Cultureapp hat man überall Zugang dazu, wo man eine Internetverbindung hat.

Mithilfe dieser Tafel kann man auf dem Friedhof die markierten Gräber finden. Foto: Ortgies
Mithilfe dieser Tafel kann man auf dem Friedhof die markierten Gräber finden. Foto: Ortgies

Allerdings bieten die Friedhöfe an der 1. Norderwieke in Warsingsfehn-West (in der Nähe der Mühle Bohlen, liegt etwas zurück) sowie der Hookswieke in Jheringsfehn die richtige Kulisse für die kleinen Hörstücke. Diese sind das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, in der rund 15 Ehrenamtliche aus Moormerland seit 2019 mitgewirkt haben. Sie hatten sich im vergangenen Jahr mit einem Aufruf an die Bevölkerung gewendet mit der Bitte, vorhandenes Wissen über Angehörige weiterzugeben, die auf einem der beiden Friedhöfe beigesetzt sind.

Projekt mit EU-Geld gestemmt

Außerdem hatte die Gemeinde Moormerland für das Projekt „Grabmal 2.0“ eine Förderung über 16.000 Euro von der „Leader“-Aktionsgruppe Roede (Regionen östlich der Ems) bewilligt bekommen. Dieses wurde dazu verwendet, die Hörbeiträge und die QR-Codes zu erstellen, so Astrid Bufe, die bei der Gemeinde für das Projekt zuständig ist. Nun ist die Arbeit so weit fertig, dass sie der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann.

Welcher Tag wäre dafür besser geeignet als der Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr auf den 10. September fällt? Gemeinsam mit der Projektgruppe lade die Gemeinde alle Interessierten an dem Tag für 11 Uhr zur Eröffnung von „Grabsteine erzählen Geschichte – Hörstationen auf den historischen Friedhöfen“ ein. Auf dem Friedhof an der 1. Norderwieke werde der Bürgermeister die Begrüßung machen, danach folgt die Vorstellung des Projekts.

Es wird weiteres Wissen gesammelt

Laut Bufe werden Mitglieder der Projektgruppe in der Zeit von 11 bis 12.30 Uhr vor Ort sein und Auskunft geben. „Nachmittags sind wir dann in der Zeit von 15 bis 17 Uhr auf dem Friedhof Jheringsfehn“, so Bufe, dort jedoch ohne offizielle Eröffnung. Alle Besucher sind eingeladen, über den Friedhof zu spazieren und an den Hörstationen in das Leben der dort Bestatteten einzutauchen. Ein von der Projektgruppe ausgearbeiteter Bogen mit Hinweisen auf die Hörstationen, besondere Grabsteine oder Symbole auf den Grabsteinen soll zur einer Erkundungstour einladen.

Aber noch immer ist die Projektgruppe an weiteren Erinnerungen an Verstorbene auf den Friedhöfen interessiert. Diese mitzuteilen, dazu soll es an dem Eröffnungstag ebenfalls Gelegenheit geben. Vor einigen Jahren sei bereits begonnen worden, solche Daten über die Bestatteten in einem Erfassungsbogen zu sammeln. Hierzu soll es einen erneuten Aufruf geben. „Vordrucke werden am 10. September bereitgehalten oder sind in der Tourist-Info und in Kürze über die Homepage der Gemeinde Moormerland erhältlich“, teilt Bufe dazu mit.

Das Modell mit den QR-Codes ist in Moormerland und Umgebung nicht ganz neu: Auf dem Hafenweg in Oldersum können ebenfalls Infos und kleine Hörbeiträge abgerufen werden. Dort geht es um die Geschichte des Ortes und ihres Hafens. In anderen Orten gibt es die Möglichkeit, über das Scannen der kleinen Mustervierecke an Informationen zum Beispiel über Sehenswürdigkeiten wie die Evenburg zu kommen, zum Beispiel über den digitalen „Reiseführer für die Hosetasche“.

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