Brandts Welt Speck

Jan Brandt
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Eine Kolumne von Jan Brandt
| 06.10.2023 16:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Jan Brandt. Foto: privat
Jan Brandt. Foto: privat
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Der Auto Jan Brandt schreibt einmal in der Woche seine Kolumne im General-Anzeiger. Dieses Mal geht es unter anderem um ein Stück Speck.

Wat wullt du? Vater blickte mich irritiert an. Wir saßen im Die-Welt-gehört-dem-der-sie-genießt-Café, ich befühlte Vaters Arm, er hatte einen Buckel am Handgelenk. „Das sieht so erhöht aus. Da kommen die Knochen durch.“ Ich strich ihm noch einmal darüber, in der Hoffnung, dadurch zu irgendeiner medizinischen Erkenntnis zu gelangen. „Was willst du an meiner Missbildung ändern?“, fragte er. Luise, die uns gegenübersaß, antwortete für mich. „Du muttst mehr eeten. Dann verswinnen dien Knaken ok liek.“ – „Damit das fleischiger wird“, übersetzte Rudolf, mehr für mich als für sich selbst. „Ji hebben all wat“, sagte Vater. „Wat wullt ji noch groot ännern bi mi?“

Luise nickte. „Man mutt so leven, as dat bi een instellt is.“ Vater konnte die Aufregung um seine Gesundheit nicht verstehen. „Well is noch so tofree as ik? Wenn ik in’t Altenheim dör de Döör kieken dei, dann bün ik da de Ollste – un de Lebennigste.“ – „Du büst een heel groot Utnahm“, bestätigte Luise. „Well word all fievunnegentig?“

Am Nebentisch erhob sich ein Paar, Luise schaute ungläubig auf ihre Uhr und rief ihnen zu: „Will ji all weer wech?“ – „Wi hebben ja nich so völ Tied as de Rentners“, sagte der Mann. „In twee Jahr bün ik ok sowied. Un bit daarhen mutten wi de Gürtel stramm hollen.“ – „Ho“, sagte seine Frau, „een Stück Kook kunn wi uns Saterdaag wohl noch leisten.“ – „Meenst, dat dat dann nich mehr geiht?“, fragte Luise. „Weet ik neet. Word ja all slechter mit de Priesen.“ – „Wenn du di nu nix günnst, dann is to laat.“ – „Dat Geld mutt nu wech“, pflichtete ihr Mann ihr bei. „Kannst nix mitnehm.“

„Mörgen is ja Muttertag“

„Bünt ji mit Rad hier?“, fragte Luise, offenbar wollte sie nicht über den Tod sprechen, aber der Mann sagte: „Ja, wi bünt heel von Möhlenwarf komen. Noch even nach Karkhoff hen west, een Struuß hinbrocht, mörgen is ja Muttertag.“ – „Liegt dien Mama da?“, fragte Luise. „Mien Ollen.“ – „Wo oll büst du nu?“ – „Tweeunsesstig.“ – „Twintig Jahr junger as ik.“ – „Wenn wi dann noch so flott sünd as ji“, sagte der Mann zu Berend und Luise, „dann mutten wi blied wesen. Von mien Schoolkollegen, da liggen da all een heel bült up Karkhoff. Mien Naber, de is mien Oller, de is lest Jahr stürven. De was in Tuun, un da is de man so henfallen. Aver de harr ok een groote Tuun. Fröher wullnst dat ja all hebben mit Ackers.“

Luise, froh, über diese Wendung, sagte: „Aver domaals kunnst ok nargends Roodkohl un Buskohl kopen.“ – „Nee“, bekräftigte der Mann, „un Swienen harr de Lüü ok noch.“ – „De hev wi noit hatt“, sagte Luise. „Ik maak wohl een Stück Speck hebben. Mit Gröönkohl. Hm. Wat is dat lecker.“ Der Mann strich sich über den Bauch. „Aver dat dürr ik to Huus gar nich eten. Wenn uns Jung dabiesitten deit un dat sücht, dann fangt de an to rückhalsen. De Kerl. Dat is ja vandag gar nicht mehr so speckig.“ – „Nee“, sagte Luise, „dat hebben de umzücht.“ – „De Doktor see ok to mi, dat deit di nich good. Aver ik kiek da ja nich na. Wenn wi dat in’t Huus hebben, dann mutt dat ok up.“ – „Du kannst di ja nich umpolen.“ – „Nee, dat geit nich. So“, er hob die Hand, um sich zu verabschieden, „moi Wekenenn.“

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