Mensch, Maschine, Mischung Barista-Anleitung: In 5 Schritten zum perfekten Espresso
Klein, stark, schwarz: Espresso überzeugt durch seinen edlen und intensiven Geschmack. Barista erklären, wie Sie einen perfekten echten Espresso selbst zubereiten - und zwar Schritt für Schritt.
Wer seine Gäste beeindrucken will, serviert ihnen Espresso wie vom Italiener. Dazu braucht es Wissen, etwas Übung und eine sehr gute Ausrüstung.
Das lohnt sich: Kaffee hat rund 850 Aromastoffe, mehr als doppelt so viele wie Wein. Und der Königsweg, um sie auszukosten, ist: the perfect shot - der vollendete Espresso.
Wie bereiten Profis einen echten Espresso zu?
Das renommierte Istituto Nazionale Espresso Italiano hat das erstaunlich präzise definiert:
- 7 Gramm Kaffeemehl im Sieb
- 88 Grad heißes Wasser
- 9 Bar Druck
- 25 Sekunden Brühzeit
- 25 Milliliter Kaffee inklusive Schaum
„Ein sehr italienischer Ansatz“, relativiert Nicole Battefeld, die 2018 die deutsche Barista-Meisterschaft gewann. Denn im Mutterland des Espressos wird der Kaffee traditionell sehr dunkel geröstet, daher extrahieren Italiener ihn bei geringer Temperatur.
Was macht einen echten Espresso aus?
Lehrbücher predigen die vier magischen M:
- Mensch
- Maschine
- Mühle
- Mischung
Tatsächlich kommt es auf das optimale Zusammenspiel an. „Die Leute kaufen sich eine Maschine für 2000 Euro und denken, sie bekommen so einen guten Kaffee“, sagt Wojtek Bialczak, deutscher Baristameister 2019. Er belegte bei der Weltmeisterschaft in Boston Platz fünf.
Doch für hervorragenden Espresso sind viele Stellschrauben wichtig. Wir erklären die Prozedur Schritt für Schritt.
Schritt 1: Wie findet man die besten Espresso-Bohnen?
Entscheidend für den perfekten Espresso: die richtigen Bohnen zu finden. Die Profis raten, zuerst Röstereien in der Umgebung zu besuchen und auf Verkostungen, sogenannte cuppings, zu gehen. Dort kann man jeweils mehrere Kaffeesorten probieren.
Tipps für den Einkauf
Um gute Röstereien in der Nähe zu finden, googeln Sie einfach „Specialty Coffee“. Für Städte gibt es eigene Online-Guides. Auf dem Land bleiben immer Online-Shops. „In der Coronazeit wurden sie enorm verbessert, mit Wissensecken und Blogs“, sagt Nicole Battefeld.
Als verlässliche Richtschnur empfehlen die Baristameister den Wettberwerb Cup of Excellence. Dabei werden ohne Filter von Hand aufgebrühte Kaffees in einem dreistufigen Verfahren von Expertenjurys blind verkostet und am Ende versteigert.
Eine fabelhafte Bewertung bekam in den vergangenen Jahren zuverlässig Panama Geisha. Diese Arabica-Varietät gedeiht nur im Bergland nahe der Grenze zu Costa Rica.
„In der Gegend gibt es fünf oder sechs Farmer, die sich gegenseitig pushten und sehr ehrgeizig waren“, erzählt Nicole Battefeld. „So ging die Qualität absolut durch die Decke.“ Die Barista schwärmt von den sehr filigranen Aromen, 2019 wurde ein Pfund Panama Geisha für 1029 Dollar verkauft.
Müssen Espresso-Bohnen wirklich so teuer sein?
Natürlich nicht. Auch in Äthiopien gebe es hervorragend Geishas, sagt Battefeld. Dort kommt die Varietät übrigens her, vom Berg Geisha. Laien sind von der kostspieligen Spezialität ohnehin oft enttäuscht. Denn Geisha schmeckt fruchtig und blumig, aber hat wenig Röstaromen.
Am Ende entscheidet der individuelle Kaffeegeschmack. „Den einen besten Kaffee der Welt gibt es nicht“, sagt Wojtek Bialczak. Zumal jeder Jahrgang je nach Wetter anders schmeckt, genau wie beim Wein.
Aylin Ölcer, deutsche Barista-Meisterin von 2020, fand ihren Meisterkaffee in Kolumbien, nahe am Äquator in 2200 Metern Höhe. „Dort ist es in der Nacht kalt“, erklärt sie. „Die Bohnen wachsen langsam und haben genug Zeit, schöne Säuren zu bilden.“
Großen Einfluss hat auch die Verarbeitung. Aylin Ölcer rät, immer auf das Röstdatum auf der Packung zu achten. „Ideal ist, wenn der Kaffee in den letzten ein bis zwei Wochen geröstet wurde“, sagt sie.
Arabica oder Robusta: Welche Espresso-Mischung ist optimal?
Oft enthalten Espressomischungen Arabica- und Robusta-Bohnen im Verhältnis von 80:20 bis 50:50. Arabica schmecke natürlich feiner, eleganter, fruchtiger, erklärt Wojtek Bialczak.
Aber: „Robusta bringt viel mehr Crema“.
Dennoch: Top-Baristas verwenden meist ausschließlich Arabica. „Man kann mit 100 Prozent Arabica eine genauso gute Crema hinbekommen“, sagt Aylin Ölcer. Entscheidend sei, wann und wie der Kaffee geröstet wurde und wie er zubereitet wird.
Auch Nicole Battefeld ist kein Fan von Robusta. Das viele Koffein in Robusta sei einfach nur bitter, der hohe Gehalt an Chlorogensäure schlage vielen auf den Magen. „Er schmeckt holzig, erdig, manchmal sogar modrig.“
Es lohnt sich aber, verschiedene Sorten zu probieren: „Es gibt schon feine Robusta-Varietäten“, sagt Aylin Ölcer. Entscheidend sei, wann und wie der Kaffee geröstet wurde und wie er zubereitet wird. Und: „Es gibt schon feine Robusta-Varietäten“, sagt Aylin Ölcer. Mit dem Klimawandel dürften sie auch für Feinschmecker wichtiger werden.
Schritt 2: Welche Kaffeemühle sorgt für perfekte Ergebnisse?
Extrem großen Einfluss auf den Geschmack hat der Mahlgrad des Kaffees. „Die Mühle ist wichtiger als alles andere“, sagt Nicole Battefeld.
„Der gleiche Kaffee schmeckt je nach Mühle unglaublich verschieden.“ Konische Mahlwerke - auch als Kegelmahlwerk bekannt - quetschen die Bohnen etwa, der Kaffee wird süß und vollmundig.
Die Auswahl ist groß: Es gibt Mühlen mit Kegel-, Scheiben- und Schlagmahlwerk. „Ich würde immer ein Scheibenmahlwerk empfehlen“, sagt Aylin Ölcer. Es mahle den Kaffee sehr gleichmäßig, was enorm wichtig für den Geschmack sei. Vom früher üblichen Schlagmahlwerk rät sie dagegen dringend ab. „Das zerschlägt den Kaffee nur.“
Damit die Mühle lange zuverlässig arbeitet, muss sie regelmäßig gesäubert und kalibriert werden. Und alle paar Jahre sollten Sie - je nach Durchlauf - die Mahlscheiben austauschen, rät Aylin Ölcer.
Es muss übrigens nicht zwingend eine elektrische Mühle sein. Hochwertige Handmühlen mahlen ähnlich gut - sind aber auch nicht gerade billig.
Tipp: Den Mahlgrad spürt man gut, wenn man das Pulver zwischen Finger und Daumen reibt. Für Espresso sollte es feiner als Zucker, aber gröber als Mehl sein.
Schritt 3: Was ist die richtige Wassertemperatur?
Außerdem lohnt sich ein Wasserfilter. Denn die Härte des Wassers spiele eine große Rolle, erklärt Barista Aylin Ölcer. „Ist das Wasser zu hart, wird der Kaffee bitter. Ist es zu weich, wird er zu säurebetont.“
Ideal ist laut Deutschem Kaffeeverband eine Gesamthärte von 4 bis 8 Grad dH (deutscher Härte) und ein ph-Wert von 6,5 bis 7,5.
Tipp: Fragen Sie einfach beim lokalen Wasserwerk nach der Wasserhärte oder holen Sie sich in der Apotheke einen Teststreifen.
Auch die Wassertemperatur spielt eine große Rolle für den Geschmack: „Wenn das Wasser zu heiß ist, wird der Kaffee verbrannt – und einfach bitter“, warnt Aylin Ölcer. „Genauso wie bei zu langer Extraktion“ - also dem Herauslösen der Geschmacks- und Aromastoffe aus dem Kaffeemehl etwa durch den Brühvorgang.
Grundsätzlich gilt: „Je heller die Röstung, desto heißer darf das Wasser sein“, erklärt Nicole Battefeld - bis zu 96 Grad.
Schritt 4: Wie bedienen Sie den Tamper perfekt?
Mit dem Stößel pressen Sie das Kaffeemehl ins Sieb. Dieser Tamper muss übrigens exakt in den Siebträger passen. Pressen Sie ihn mit senkrechtem Unterarm und 15 bis 20 Kilogramm Druck auf das Kaffeemehl und drehen Sie ihn dabei um 120 Grad.
Tipp: Trainieren Sie auf der Waage, den richtigen Druck aufzubauen!
Zwischen dem komprimierten Kaffee und dem Rand des Siebträgers sollten fünf Millimeter Abstand bleiben. Die Oberfläche soll glatt und vollkommen waagrecht sein. Ansonsten sucht sich das Wasser Kanäle, und nur ein Teil des Kaffees wird extrahiert.
Der fertige Espresso soll etwa 25 Milliliter messen, seine Crema sollte haselnussbraun und leicht marmoriert sein.
Tipp: Ein doppelter Espresso gelingt wesentlich leichter als ein einfacher. Denn durch seine nach unten gerade Siebform werde er gleichmäßig und ohne Verwirbelungen extrahiert, erklärt Battefeld.
Schritt 5: Wie gelingt die Krönung - der perfekte Milchschaum?
Viel Geduld erfordert auch die Latte Art: den Milchschaum so raffiniert einzugießen, dass Bilder in der Crema entstehen.
Viel wichtiger als ausgefallene Motive ist beim Milchschäumen das Timing. Der feinporige Schaum sollte genau zeitgleich mit dem Espresso fertig sein und direkt eingegossen werden. So verbinden sich Milch und Kaffee optimal.
Tipp: Damit die Milch noch süß ist, darf sie beim Schäumen nicht heißer als 68 Grad werden. Einfach eine Hand an den Boden des Kännchens halten. Wird er zu heiß, sofort stoppen.
Was brauchen Sie noch? Weitere Tipps der Baristameister:
- Eine grammgenaue Waage: Sie hilft enorm, die richtige Kaffeemenge zu bestimmen.
- Ein Milchkännchen aus Edelstahl ist sinnvoll, falls der Espresso eine Schaumhaube bekommen soll.
- Präzision und Sauberkeit: „Viele säubern ihre Ausrüstung nicht oft genug“, sagt Wojtek Bialczak. „Dabei putzt doch nach dem Braten auch jeder seine Pfanne.“ Schludert man mit dem Putzen der Maschine, ruinieren verbrannte Öle den Geschmack.
Wie werden Sie (Hobby-)Barista?
Schulungen zum Barista oder Kaffeesommelier bietet fast jede der rund 750 Röstereien in Deutschland an. Renommiert sind zum Beispiel:
- Berlin School of Coffee,
- roestbar in Münster,
- Backyard Coffee in Frankfurt,
- Machhörndl in Nürnberg.
Ein weltweit einheitliches Schulungskonzept bietet die Specialty Coffee Association. Um gute Kurse zu finden, lohnt sich auch ein Blick ins Kaffee-Netz - eine Community rund ums Thema Kaffee. In dem Forum geben sich Tausende von Kaffee-Liebhabern Tipps.
Meist lernen die Kursteilnehmer zunächst die Grundlagen: die Kulturgeschichte des Kaffees, Anbaugebiete, Sorten, Aufbereitung, Röstprofile.
„Der Espresso Workflow kommt erst am Ende“, sagt Nicole Battefeld, die selbst Kurse gibt. Eine große Hürde sei für viele schon das korrekte Einstellen der Mühle.
Noch kniffliger: das Tampen, also das Anpressen des Kaffeemehls im Sieb. „Man muss das Hunderte Male üben“, sagt Wojtek Bialczak.
Dann fehlt nur noch der Milchschaum: „Alle wollen am Ende des Kurses einen Schwan gießen können“, sagt Aylin Ölcer. Der Barista-Meisterin selbst genügen einfache Motive: „Ich bin die absolute Tulpengießerin.“
Worauf kommt es beim Kaffee am Ende wirklich an?
„Das Schwierigste ist, die Geschmacksknospen zu schulen“, sagt Wojtek Bialczak. Auch dafür gibt es spezielle Sensorik-Seminare.
Die simple Alternative: „probieren, probieren, probieren“, sagt Aylin Ölcer. Sie empfiehlt, den gleichen Kaffee mal 20, mal 30 Sekunden lang zu extrahieren und nacheinander zu kosten. Und sich beim Trinken ganz auf die Geschmacksnoten zu konzentrieren.
Ein Trick der Profis: Schlürfen Sie. „So erzeugt man eine Dusche im Mund.“ Dadurch erreiche der Kaffee laut Wojtek Bialczak alle Geschmacksfelder auf der Zunge.
Na dann: fröhliches Schlürfen!
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