Tempo, Vorfahrt, Zebrastreifen Die zehn unbekanntesten Verkehrsregeln

Karin Lüppen
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Von Karin Lüppen
| 06.11.2023 07:36 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 8 Minuten
Und? Was muss man in einer Fahrradstraße wohl alles beachten? Foto: Ortgies
Und? Was muss man in einer Fahrradstraße wohl alles beachten? Foto: Ortgies
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Was?! Ich soll Schrittgeschwindigkeit fahren? Einige Vorschriften im Straßenverkehr sind bekannter als andere. Hier ein subjektiver Überblick inklusive Erklärung, wie es richtig geht.

Leer - Eigentlich sollten ja alle Autofahrer wissen, was in einem verkehrsberuhigten Bereich gilt oder wo ein Halteverbot beginnt. Aber merkwürdig: Einige Vorschriften aus der Straßenverkehrsordnung scheinen mit der Aushändigung des Führerscheins aus dem Gedächtnis gelöscht zu werden. Oder sind sie dort nie abgespeichert worden?

Bei einigen Radfahrern hingegen hat man den Eindruck, dass ihnen die Grundlagen des Straßenverkehrs gar nicht nahegebracht wurden. Sie fahren frisch und fröhlich überall da, wo es gerade passt – rechts, links, auf dem Gehweg, neuerdings sogar gerne auf den Fahrradschutzstreifen gegen die Fahrtrichtung. Die Gefahr, in die sie sich begeben, scheint ihnen überhaupt nicht bewusst zu sein.

Hilfe gibt es online

Natürlich ändern sich Verkehrsvorschriften von Zeit zu Zeit. Diese Infos dringen jedoch offenbar nicht zu allen durch. Einen guten Überblick mit verständlichen Erklärungen bietet der Youtube-Kanal des ADAC – die Kommentare unter den Videos lassen erkennen, welche Unwissenheit teilweise herrscht. Leider schützt selbige nicht vor Strafe, sollte man doch mal erwischt werden. Nicht zuletzt haben Versicherungen und Strafgerichte wenig Verständnis, wenn krasse Missachtung zu schweren Unfällen führt. Der Hinweis: „Das machen doch alle so“, hilft einem dann wenig.

Als kleine Gedächtnisstütze hat diese Zeitung hier zehn Verkehrsvorschriften zusammengetragen, die häufiger missachtet werden als andere – aus Unkenntnis oder Gewohnheit spielt keine Rolle. Es ist eine subjektive Auswahl. Und ja – dabei mussten wir bei einigen Regeln ebenfalls überlegen, was denn wirklich gilt, und haben dann vorsichtshalber noch einmal nachgeschaut.

Wie schnell geht es am Bus vorbei?

Der König der missachteten Verkehrsregeln: das Verhalten an Bushaltestellen. Es hilft aber nichts: Fährt ein Linien- oder Schulbus mit eingeschalteten Warnblinkern auf die Haltestelle zu, darf er nicht mehr überholt werden. Steht der Bus mit Warnblinklicht an der Haltestelle und es steigen Fahrgäste ein oder aus, dürfen Autofahrer mit Schrittgeschwindigkeit daran vorbeifahren – das gilt auch für den Gegenverkehr. Innerorts oder außerorts spielt keine Rolle. Wie man auf einer belebten Bundesstraße abrupt herunterbremsen soll, weil in Gegenrichtung ein Bus hält, ohne einen Aufruhr unter den nachfolgenden Fahrzeugführern auszulösen, verrät die Straßenverkehrsordnung leider nicht.

Schritttempo muss hier sein

Fast so häufig ignoriert wie die Sache mit den Bushaltestellen: Im verkehrsberuhigten Bereich (oft als „Spielstraße“ marginalisiert) fährt man Schrittgeschwindigkeit. Hammer, oder? Dabei sind die oft richtig lang, vielleicht 500 Meter oder mehr! Häufige Ausrede: So langsam kann mein Auto gar nicht. Gelegentlich sieht man sogar Streifenwagen, die deutlich schneller am Hotel in der Ledastraße in Leer vorbei düsen. Trotzdem gilt der Fahrlehrerschnack: So schnell fahren, dass deine Oma nebenher laufen kann. Sieh mal an: Das müssen selbst Fahrradfahrer beachten. Gut, Großmütter sind heute sportlicher als früher und vor Verkehrsgerichten gibt es unterschiedliche Auffassungen von Schrittgeschwindigkeit, trotzdem ist man mit sieben bis zehn Stundenkilometer auf der sicheren Seite.

Rechts vor links – ist das zu einfach?

Was ist daran nicht zu verstehen? Autos, Motorräder, Lkw oder Fahrradfahrer, die von rechts aus einer anderen Straße kommen, haben Vorfahrt – sofern kein Vorfahrtschild zu sehen ist. Punkt. Ganz leicht. Trotzdem gerne ignoriert, bevorzugt von verträumten Radfahrenden. Sind mehrere Fahrzeuge involviert, kann es unübersichtlich werden, trotzdem darf nicht einfach der losfahren, der als Erster an der Kreuzung war. Rechts vor links gilt sogar, wenn die Straße, auf der man fährt „ganz breit“ ist, und wie eine Vorfahrtsstraße wirkt (wie der Rote Weg in Leer). Also besser an Kreuzungen langsamer fahren. Eine Ausnahme gibt es: Wer aus einem verkehrsberuhigten Bereich kommt, muss alle anderen vorlassen.

Hier nur für Radfahrer?

Ein Verkehrszeichen, das auszusterben droht. Viele „Radwege“ innerorts sind nicht mehr mit dem Gebotsschild gekennzeichnet, da sollen die Fahrräder auf die Straße – dennoch darf der vorhandene Radweg benutzt werden. Im Zweifel muss aber auf Fußgänger Rücksicht genommen werden, vor allem, wenn die Spuren für Geh- und Radweg optisch nicht klar zu erkennen sind. Da, wo das Gebotszeichen hängt, müssen Fahrradfahrer diesen Weg benutzen – und zwar auch die Rennradfahrer. Ausnahmen gibt es natürlich trotzdem: Nämlich wenn der Radweg durch Schlaglöcher, Laubhaufen oder Schnee und Eis nicht gefahrlos befahren werden kann.

Die Fahrradstraße und das Tempo

Ein modernes Mysterium: die Fahrradstraße. Kraftfahrzeuge dürfen hier nur durch, wenn das eindeutig so ausgeschildert ist. Das kann auch nur für bestimmte Tageszeiten gelten. Generell gilt für alle ein Höchsttempo von 30 Stundenkilometer, das heißt: auch für die Radfahrer. Ja, wer ein starkes S-Pedelec oder Rennrad hat, kann hier nicht volle Kanne durchbrettern. Ansonsten müssen Autofahrer stark sein: Nebeneinander fahren ist für Fahrradfahrer durchgängig erlaubt. Kreuzen andere Straßen und gibt es keine andere Vorfahrtregelung gilt rechts vor links – daran müssen sich dann auch die Fahrradfahrer halten.

Die Sache mit den Streifen und Ampeln

Hier ist alles klar. Oder doch nicht? Nähert sich ein Fußgänger einem Zebrastreifen, müssen Kraftfahrer anhalten. Landläufiger Irrtum: Für Radfahrer gilt dasselbe. Nein. Um an einem Fußgängerüberweg (der heißt ja nicht von ungefähr so) Vorrang beim Überqueren zu bekommen, müssen Radfahrer absteigen. Nach Meinung einiger Gerichte dürfen sie mit einem Fuß auf dem Pedal drüber „rollern“. Andere glauben hingegen, dass Radfahrer gar nicht über den Streifen fahren dürfen. Das ist genauso Mumpitz. Sie müssen dabei auf den fließenden Verkehr achten, können also nur rüber, wenn die Straße frei ist. Aber – und das gilt auch an Fußgängerampeln – Radfahrer müssen vor einem Zebrastreifen nur anhalten, wenn die Markierung über den Radweg hinweg fortgesetzt wird. Fußgänger sollten daher immer auf Radfahrer achten. Die müssen die Fußgänger nicht durchlassen. Netter wäre es auf jeden Fall.

Hier kommt niemand durch

Das rote Zeichen mit dem weißen Balken steht am entgegengesetzten Ende einer Einbahnstraße. „Verbot der Einfahrt“ ist ganz eindeutig. Weil jedoch häufig – gerade im Einbahn-Dorado Leer – für Radfahrer die Nutzung der Straße in beide Richtungen erlaubt ist, hat sich die irrige Auffassung breit gemacht, das sei immer so. Mitnichten. Gibt es kein Zusatzzeichen, das ein Fahrrad und darunter zwei Pfeile in entgegengesetzte Richtung zeigt, dürfen auch Radfahrer oder E-Scooter-Piloten hier nicht durch. Übrigens auch nicht, indem sie einfach auf dem Gehweg fahren. Der ist für Fußgänger.

So klappt es mit dem Reißverschluss

Zeichen wie dieses kündigen an: Weiter vorne ist eine Fahrspur zu Ende. Egal ob auf der Autobahn oder einer mehrspurigen Bundesstraße: Jetzt gilt das Reißverschlussprinzip. Immer abwechselnd fahren Fahrzeuge von links und rechts auf die freie Fahrspur. Wer auf der zu Ende gehenden Spur ist, darf nicht nur bis zum Hindernis vorfahren, sondern das ist ausdrücklich so vorgesehen. Denn so kann gerade in dichtem Verkehr der Platz auf der endenden Fahrspur voll genutzt werden. Zu frühes Einfädeln ist nicht nur meistens sinnlos, es erhöht sogar die Staubildung.

Nur Fußgänger sind wirklich frei

Gehwege und Fußgängerzonen sind häufig mit dem Zusatzschild „Fahrräder frei“ gekennzeichnet. Das heißt jetzt nicht, dass man da einfach mit dem Fahrrad durchbrettern und die Fußgänger zur Seite klingeln kann. Es ist und bleibt ein Gehweg oder eine Fußgängerzone und diese Namen sprechen für sich. Wer hier mit dem Fahrrad fahren will, zum Beispiel weil die Benutzung der Straße wegen starken Autoverkehrs unangenehm oder sogar gefährlich ist, muss seine Geschwindigkeit den Fußgängern anpassen. Das heißt: Schrittgeschwindigkeit oder absteigen. Aufgepasst: Das gilt sogar dann, wenn gar keine Fußgänger da sind.

Was bedeuten die Pfeile im Haltverbot?

Für die theoretische Fahrprüfung hat man das mal gelernt, aber wie war das mit diesen Pfeilen? Diese zeigen Beginn und Ende eines Haltverbots an: Mit einem kleinen Pfeil oben zu Beginn und einem kleinen Pfeil unten am Ende des Haltverbots. Das Zeichen mit beiden Pfeilen steht in der Mitte, wenn speziell darauf hingewiesen wird, dass das Haltverbot weiterhin gilt. Denn eigentlich gilt es jeweils nur bis zur nächsten Einmündung. Ein eingeschränktes Haltverbot (nur ein diagonaler Balken) besagt übrigens, dass man sein Auto nicht verlassen darf, selbst wenn man nur kurz zum Kiosk / Paketshop will. Außerdem darf man nicht länger als drei Minuten stehen bleiben. Das reicht zum Beispiel, um jemanden aus- oder einsteigen zu lassen.

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