Pogrom-Gedenken in Rhauderfehn Marsch entlang der Steine, die an die Fehntjer Opfer erinnern


Startpunkt am Donnerstag ist an der Rhauderwieke. Der Ausklang findet im Gymnasium statt: Dort informieren Schülerinnen und Schüler über ihre Isrealreise.
Rhauderfehn - Es war am Donnerstag vor 85 Jahren: Vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland Synagogen niedergebrannt, jüdische Friedhöfe zerstört, Juden ermordet. Ab dem 10. November folgten Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager. In Rhauderfehn wird am Donnerstag ab 10 Uhr der Opfer der Novemberpogrome gedacht – insbesondere jener aus Rhauderfehn: Hier lebten drei jüdischen Familien. Sie flohen vor den Nazigräueln in die Niederlande, wurden in Konzentrationslager verschleppt und zum größten Teil dort ermordet. An sie erinnern seit 2011 in Rhauderfehn sogenannte Stolpersteine: kleine in den Gehweg eingelassene, vom Künstler Gunter Demnig kreierte Gedenktafeln.
Die erste Station am Donnerstag ist an der Rhauderwieke, Ecke Neuer Weg. Dort lebte einst Walter Nachum Cohen. Ein Stück weiter, vor dem Ärztehaus, erinnern Stolpersteine an Hermann, Adele, Helene und Beate Gumpertz. Fast über das ganze Untenende geht es zur Hausnummer 74. Darin lebten Alfred und Flora Weinberg mit den Kindern Diedrich, Friedel und Albrecht Weinberg. An allen Steinen werden wieder Blumen niedergelegt.
Totengebet für die Eltern
In den vergangenen Jahren hat es sich der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg nicht nehmen lassen, beim Gedenken dabei zu sein. An seinem früheren Elternhaus sprach er ein ums andere Mal bei dieser Gelegenheit das Kaddisch für seine Eltern. Es ist eines wichtigsten Gebete im Judentum, das unter anderem zum Totengedenken gesprochen wird. „Albrecht Weinberg hat kein Grab, an das er gehen kann. Das frühere Elternhaus ist der Ort, wo er seinen Eltern am nächsten sein kann“, sagt Bernd-Volker Brahms, Initiator der Rhauderfehner Stolpersteine.
Er betont: „In diesem Jahr ist das Gedenken noch wichtiger als in den Jahren zuvor, die Lage in Israel schürt auch in Deutschland zunehmenden Antisemitismus.“ Er lädt zusammen mit Rhauderfehns Bürgermeister Geert Müller zu der Gedenkveranstaltung ein. „Der Holocaust hat gezeigt, was Menschen Menschen antun können. Wir müssen dagegen arbeiten, dass sich Dinge nicht wiederholen“, so der Journalist.
Im Anschluss lädt am Donnerstag das Albrecht-Weinberg-Gymnasium zum Tee ein. Dazu gibt es eine Dia-Schau mit Lichtbildern einer Israel-Reise, die der letzte Abiturjahrgang der Schule im vergangenen Jahr zusammen mit Albrecht Weinberg unternommen hatte. In diesem Jahr mussten Schüler des Seminarfachs „Auf den Spuren jüdischer Geschichte“ und Lehrer des Albrecht-Weinberg-Gymnasiums Rhauderfehn ihre Reise nach Israel abbrechen: Die Nachricht vom Terrorangriff der Hamas auf Israel erreichte die Gruppe am Flughafen in Bremen.