Kolumne „Zugezogen“ Kuss

Clarissa Scherzer
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Von Clarissa Scherzer
| 12.12.2023 10:21 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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GA-Kolumnistin Clarissa Scherzer schreibt über einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt.

Es ist Sonntagnachmittag. Draußen ist es dunkel. Mit einem leisen Klick schaltet sich unsere Sternenlichterkette über dem Fenster ein. Eigentlich müsste noch Wäsche gelegt werden, aber dazu haben wir keine Lust. Es zieht uns nach draußen. Eingepackt in dicke Jacken, Schals und Mützen fahren wir nach Leer. Weihnachtsluft schnuppern. Noch bevor wir über die Rathausbrücke fahren, sehen wir die vielen Lichter am Hafen bei der Alten Waage. Herrlich festlich. Wir haben Glück. Direkt beim Eingang zum Wiehnachtsmarkt Achter d‘ Waag ist ein Parkplatz frei.

Wir gehen durch den Lichterbogen und lassen uns vom Strom der anderen mitziehen. Auf Kopfsteinpflaster an Buden und Ständen entlang. Überall glitzert und duftet und klingt es so schön. Manchmal tauchen bekannte Gesichter auf. Man grüßt sich. Moin. Direkt am Wasser stehen Tannenbäume. Ihre Äste sind voll beladen mit Schmuck aus Zapfen, Perlen, Wolle und Stroh. Im Bogen geht es zum Eingang zurück. Während wir weiter gehen, begleiten uns die kräftigen Stimmen vom Shanty-Chor. Bei Frittenzeit teilen wir uns Pommes. Dann wird es ungemütlich. Statt Schnee fällt Regen. Schwarze Regenschirme verdecken Lichterketten. Wir möchten trotzdem noch nicht nach Hause. Mit hochgezogenen Schultern und Schals bis zur Nase versuchen wir, uns die Weihnachtsstimmung nicht verderben zu lassen. Kopf, Schulter und Füße werden kalt. Und nass. Ich möchte gerade zum Jammern ansetzen, da stoppt mich Manuela und zeigt auf eine kleine Holzbude. „Da gibt es himmlische Küsse“, sagt sie und zieht mich hin. „Wir nehmen ein Glas“, sagt Manuela und bestellt bei der Budenfrau. Wir probieren. Schmeckt wie Mon Chéri, nur heißer und süßer. Eine wohlige Wärme breitet sich im Magen aus. Juno und Rokko bedienen sich derweil bei den Spekulatius. Die sind gratis. Während wir da so stehen und genießen, lese ich auf dem Schild in der Bude: Glück ist wie ein Kuss. Man muss es teilen, um es zu genießen. Wie wahr, denke ich und bin glücklich. Mit einem Berg Wäsche wäre uns das nicht passiert.

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