Serie „Beziehungskiste“ Wie löse ich mich aus einer Freundschaft, die mir nicht mehr guttut?
Leser fragen, Experten antworten: in unserer neuen Serie Beziehungskiste. Heute beantwortet Diplom-Sozialarbeiterin Sonja Saathoff die Frage von Birgit aus Leer.
Leer - Birgit (Name von der Redaktion geändert), 51 Jahre alt, aus dem Landkreis Leer fragt: Wie löse ich mich aus einer Freundschaft, die mir nicht mehr guttut? Ich habe eine langjährige Freundin, mit der ich seit einiger Zeit nicht mehr auf einer Wellenlänge bin. Wir haben in einigen Punkten verschiedene Ansichten. Ich habe bereits das Gespräch gesucht, aber sie hat es nicht so richtig verstanden. Ich habe das Gefühl, dass mir diese Freundschaft eigentlich gar nicht mehr guttut und ich nur noch investiere und nichts mehr zurückbekomme. Wie löse ich mich aus dieser Freundschaft? Mache ich Schluss? Oder tauche ich ab und lasse das Ganze im Sande verlaufen? Eigentlich bin ich immer dafür, Klartext zu reden. Aber in dieser Situation weiß ich nicht mehr weiter.
Antwort der Sozialarbeiterin
Sonja Saathoff aus der Krummhörn ist Diplom-Sozialarbeiterin, Systemische Beraterin und Therapeutin und möchte Birgit weiterhelfen:
Liebe Birgit,
für diese freundliche und nachdenkliche Anfrage vielen lieben Dank – aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass das ein Thema ist, mit dem sich viele Menschen immer mal wieder beschäftigen. Und den meisten geht es nicht wirklich gut damit, sich aus einer Freundschaft „einfach herauszustehlen“, auch wenn es immer mal wieder ein beidseitiges, nicht ausgesprochenes im Sande Verlaufen gibt: Manchmal wissen eben beide an der Beziehungskiste Beteiligten, dass die Freundschaft ihre guten Zeiten hatte und man sich nun doch so weit auseinandergelebt hat, dass Begegnungen dauerhaft eher anstrengend als bereichernd ist.
Beziehungskiste
So sehr wir uns auch wünschen, dass es in Beziehungen immer harmonisch läuft: In der Realität kriselt es eben doch immer mal wieder im Zusammenleben mit anderen Menschen. Hier wollen unsere Experten in der Serie Beziehungskiste helfen. Habt Ihr Fragen oder Konflikte, für die Ihr einen Rat sucht? Oder benötigt ihr einen Rat für einen Freund oder eine Verwandte? Die gestellte Frage besprechen wir dann mit einem der Experten und veröffentlichen Frage und Antwort (wenn gewünscht auch anonymisiert) jeden Mittwoch in unserer Zeitung und auf unseren Webseiten. Alle Zuschriften werden selbstverständlich sensibel behandelt. Schreibt uns gerne an beziehungskiste@zgo.de oder stellt Eure Frage ganz einfach hier:
Zu Ihrer persönlichen Anfrage: Im Grunde haben Sie sich Ihre Antwort bereits selbst gegeben. Sie sind immer dafür, Klartext zu reden. Was sollte Sie daran hindern, sich treu zu bleiben und das auch in diesem Fall zu tun? Ich kann mir vorstellen, dass Sie Sorge haben, diese Freundin zu verletzen? Oder dass Sie Freundschaften nicht leichtfertig aufgeben? Vielleicht ist es da hilfreich, ihrer Freundin die Gefühlslage genau so zu beschreiben, wie sie es hier geschrieben haben: „Ich habe das Gefühl, dass unsere Freundschaft, so wie es jetzt läuft, mir nicht mehr guttut und dass ich mehr investiere, als für mich gut ist. Das möchte ich so nicht mehr. Wie denkst Du darüber?“ Wenn Ihre Freundin da nicht aufmerksam wird und das ernsthafte Gespräch über ihrer beider Bedürfnisse sucht, sondern Sie eher „abbügelt“ – dann haben Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan und können sich bei ihr für die bisherige Freundschaft bedanken und ihr alles Gute wünschen. Ich glaube, dass so ein Gespräch eine große Herausforderung bedeutet – aber am Ende des Tages ist man sich treu geblieben und klar für sich und die eigenen Bedürfnisse eingestanden und hat allen Grund, sich darüber auch zu freuen. Vielleicht ist das ein möglicher guter Start in das kommende neue Jahr? Ich wünsche Ihnen viel Mut und sende
herzliche Grüße, Sonja Saathoff
Sonja Saathoff lebt in der Krummhörn und ist seit mehr als 25 Jahren als Diplom-Sozialarbeiterin, Systemische Beraterin und Therapeutin tätig – in der Vergangenheit vorwiegend im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Außerdem arbeitet sie im Psychologischen Beratungsservice des Studentenwerkes Oldenburg an der Hochschule Emden-Leer. Die plattdeutsche Sprache liegt ihr sehr am Herzen. „In ihr wird immer deutlich, mit welcher Akzeptanz und Hartnäckigkeit Ostfriesen auch im psychosozialen Bereich den Herausforderungen des Lebens begegnen können“, sagt Saathoff. Sie freue sich, Teil der neuen Serie zu sein. „Ich freue mich schon darauf, wenn durch diese Serie Tunnel erweitert und Schätze in den Menschen gehoben werden können.“