Geschichte der Stadt Leers letzter Webstuhl muss restauriert werden
Der Webstuhl im Leeraner Heimatmuseum ist mindestens 270 Jahre alt. Er stammt aus einem Handwerk, das die Stadt geprägt hat. Jetzt nagt der Zahn der Zeit an dem Webstuhl.
Leer - Eindrucksvoll steht der historische Webstuhl in einem der Räume des Leeraner Heimatmuseums. Dort wird über die Geschichte und das Handwerk der Leinenweberei in der Stadt informiert. Die schweren Holzelemente sind in dunkelbraun gehalten. Doch was man auf den ersten Blick nicht sieht: Der mindestens 270 Jahre alte Webstuhl ist nicht mehr im besten Zustand. Er muss restauriert werden, sagt Museumsleiter Oliver Freise. In dieser Woche wurde der Webstuhl nun abgebaut und in die Tischlerei Feinschliff im Gewerbegebiet Am Nüttermoorer Sieltief gebracht. Dort wird die Möbelrestauratorin Mirja Harms das historische Stück wieder auf Vordermann bringen.
Für die Fassadensanierung des Heimatmuseums musste auch der hintere Bereich ausgeräumt werden. „Da mussten wir den Webstuhl abbauen“, sagt Freise im Gespräch mit dieser Zeitung. „Es hat sich rausgestellt, dass der Webstuhl befallen war.“ Er sei zur Begasung nach Osnabrück gebracht worden. „Dabei wurde festgestellt, dass eine weitere Restaurierung notwendig war.“ Es gehe um die Erhaltung und Stabilisierung der befallenen Holzsubstanz. So würden Sicherheitsbretter, die mal angebracht wurden, entfernt. An anderer Stelle müsse Holz ergänzt werden. Ziel sei, dass der Webstuhl noch lange ausgestellt werden könne.
Für 75 Reichsmark dem letzten Eigentümer abgekauft
„Leer’s letzter Webstuhl“ lautete der Eintrag im Inventar des „Alterthums Vereins Leer“ von 1911. Er sei wohl um 1890 Teil der musealen Sammlung geworden, heißt es in den Erläuterungen zu dem Ausstellungsstück. Der letzte Besitzer sei Weert Lehmann gewesen. Ihm sei der Webstuhl für 75 Reichsmark abgekauft worden.
Das Gerät trage die Jahreszahl „1753“, „allerdings könnte der hintere Teil auch älter sein: Das Schnitzwerk weist in das späte 17. oder frühe 18. Jahrhundert zurück“. 1889 hatte Bürgermeister August Dieckmann den „Althertums Verein“ ins Leben gerufen. Ihm schwebte vor, das kulturelle und historische Erbe der Stadt zu bewahren. 1911/12 wurden die städtische und die Sammlung des 1909 gegründeten Heimatvereins zusammengelegt. Seither gehört der imposante Webstuhl zu den wichtigen Ausstellungsstücken im Museum.
Jeder fünfte Einwohner von Leer war im Leinengewerbe tätig
„Um 1740 war jeder fünfte Einwohner in Leer auf irgendeine Weise im Leinengewerbe tätig“, heißt es in der Beschreibung weiter. Etwa 500 Webstühle seien in den Weberhäusern in Betrieb. „Sie wurden in der Regel nur dann zusammengebaut, wenn man weben wollte. Die Einzelteile wurden auf dem Boden oder unter dem Heu verwahrt. Daraus erklären sich möglicherweise auch die eingeschnitzten Zeichen und Initialen.“
Doch nach Ende des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1763 sei die Blütezeit der Weberei zu Ende gegangen. „Als Ersatz kamen andere Unternehmungen in Gang“, heißt es. 1809 wurde die verarmte Weberzunft als erste der Zünfte in Leer aufgehoben.
Damit auch weiterhin mit dem Webstuhl an die Geschichte der Leinenweberei erinnert werden kann, wird dieser nun restauriert. Wie lange die Arbeiten dauern, ist noch offen. „Wir konnten die Arbeiten nicht selbst finanzieren“, sagt Museumsleiter Oliver Freise. Daher sei er sehr dankbar, dass die Hans-Heyo-Prahm-Stiftung komplette Restaurierungskosten übernehme.