Buch und Ausstellung in Leer Historische Luftbilder aus Ostfriesland werden gezeigt


Wie sahen Leer, Aurich oder Emden vor dem Zweiten Weltkrieg aus? Auf Luftbildern ist dies gut zu erkennen. In einer Ausstellung in der Evenburg sind nun einige zu sehen. Wir zeigen vorab eine Auswahl.
Leer - Das Kreiskrankenhaus in Leer steht noch recht einsam an der Annenstraße. Die Bebauung ist noch überschaubar. Vor der Evenburg in Loga stehen Gartentische, das Spielhaus im Park ist noch erkennbar und auch die Gewächshäuser stehen in Richtung Straße. Das kann man auf sogenannten Schrägluftbildern sehen, die in den 1920er und 1930er Jahren entstanden sind. Sie sind im Eigentum des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Ab Freitag, 15. März 2024, werden 40 Aufnahmen in der neuen Sonderausstellung „Ostfriesland – damals und von oben“ in der Evenburg gezeigt.
„Die Luftbildfotografie erlebte nach dem ersten Weltkrieg durch den neuartigen Einsatz von Kleinflugzeugen einen enormen Aufschwung“, schreibt der Landkreis Leer in der Ankündigung. „Die Luftbilder wurden für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt und viele kleinere und größere Firmen bedienten den neuen Markt.“ Zu den bedeutendsten Firmen dieser Zeit zählen die Junkers Luftbildzentrale und die Hansa Luftbild. Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Duisburg hat rund 280 Schrägluftbilder dieser Firmen im Bestand, die die ostfriesische Halbinsel von Emden bis Wilhelmshaven einschließlich der Ostfriesischen Inseln zeigen.
Größter öffentlich zugänglicher Bestand an Luftbildern aus Deutschland
Der Gesamtbestand der Schrägluftbilder der Zwischenkriegszeit im Landesarchiv umfasse rund 16.000 Bilder, sagt Dr. Matthias Meusch. Der Mitarbeiter des Landesarchivs ist Herausgebers des neuen Buches „Zeitreise über Ostfriesland“, welches 112 Luftbilder auf 128 Seiten zeigt. Der ostfriesische Regionalforscher Axel Heinze hat daran mitgearbeitet. „Zumeist wurde mit großformatigen Plattenkameras gearbeitet, für die Luftbildner und Piloten in ihren offenen Flugzeugen war dies eine besondere Herausforderung“, schreibt der Gaasterland-Verlag.
Ausstellung und Buch
Die Sonderausstellung „Ostfriesland - damals und von oben“ wird am Donnerstag, 14. März 2024, um 17 Uhr feierlich eröffnet. Eine Anmeldung zur Vernissage ist im Schloss unter Telefon 0491/99756000 erforderlich. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. Die Ausstellung kann im Anschluss bis zum 9. Juni während der Öffnungszeiten besichtigt werden.
Das Buch „Zeitreise über Ostfriesland – Die Region von Emden bis Wilhelmshaven in alten Luftaufnahmen (1927 - 1938)“ ist im Gaasterland-Verlag erschienen. Herausgeber ist Dr. Matthias Meusch. Axel Heinze hat am Buch mitgearbeitet. Das Hardcover hat 128 Seiten und 120 Abbildungen. Die ISBN lautet 978-3-935873-73-4. Das Buch kostet 21,95 Euro.
Die Bilder liegen laut Meusch größtenteils in Form von Glasplattennegativen vor, die fast das gesamte damalige Deutsche Reich umfassen. „Die Bilder haben den Krieg in der Münsteraner Filiale der Hansa Luftbild überstanden“, so Meusch. Der der Haupt-Filmbunker der Hansa Luftbild in Berlin-Tempelhof sei 1945 in Flammen aufgegangen. 1979 wurde der Bestand aus Münster an das Landesarchiv abgegeben. Bis 2011 sei der gesamte analoge Bildbestand übereignet worden. Mit rund 1,2 Millionen Luftbildern beherberge das Landesarchiv in Duisburg – auch durch weitere Erwerbungen aus andern Quellen – wahrscheinlich den größten öffentlich zugänglichen Luftbildbestand der Bundesrepublik.
Alte Luftbilder haben eine wichtige Funktion
„Die Bilder aus der Zeit zwischen den Weltkriegen bilden eine wichtige Quelle für den Denkmalschutz, die Siedlungs-, Stadt- und Ortsgeschichte, die Geschichte von Landwirtschaft, Garten- und Landschaftsarchitektur oder Infrastruktur (Eisenbahnen, Wasserwege, Flugplätze) und vieles andere“, so Meusch. „Sie zeigen in vielen Fällen eine Welt, die nach 1945 nicht mehr existierte.“ Die Bilder des Wattenmeers beispielsweise seien schon in den 1930er- und 1940er-Jahren intensiv durch Geologen genutzt worden, um die Folgen von Ebbe und Flut auf Inseln und Küste sowie auf unterschiedliche Formen von Anlandung und Abtragung zu ergründen und darzustellen.
„Luftbilder aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, dann insbesondere Senkrechtluftbilder, werden vor allem zur Identifizierung von Kampfmittelrückständen (Blindgängern), Umweltschäden (Waldsterben, Wasserverunreinigungen) oder Altlasten herangezogen“, erläutert der Landesarchiv-Mitarbeiter. Sie kämen bei Baumaßnahmen, in der Luftbildarchäologie oder zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zum Einsatz. „Nicht zuletzt werden sie seit rund 100 Jahren zur Landesvermessung genutzt“, so Meusch.
Wer sich die Veränderungen in den ostfriesischen Orten anschauen will, kann die Luftbilder genau betrachten. Ab dem 15. März ist es in der Evenburg sowie ab sofort in dem Buch „Zeitreise über Ostfriesland“ möglich.