Serie Beziehungskiste Silvia aus Emden ist genervt von ihrer Schwiegermutter

Ute Nobel
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Von Ute Nobel
| 03.04.2024 09:33 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Wenn es mit der Mutter vom Mann Krach gibt, ist das nicht immer einfach. Symbolfoto: Adobe Stock
Wenn es mit der Mutter vom Mann Krach gibt, ist das nicht immer einfach. Symbolfoto: Adobe Stock
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Eine 39-jährige Emderin ist genervt: Ihre Schwiegermutter mische sich ständig in ihre Beziehung ein. In unserer Serie Beziehungskiste gibt Familientherapeutin Sonja Saathoff Rat.

Emden - In unserer Serie Beziehungskiste können sich Leserinnen und Leser Rat bei Problemen rund um das Thema Beziehung suchen. Heute hat Silvia (Name von der Redaktion geändert), 39 Jahre alt, aus Emden eine Frage: Meine Schwiegermutter mischt sich permanent in unsere Beziehung ein. Sie kann nicht akzeptieren, dass ihr „Junge“ nun eine eigene Familie hat und zieht keine Grenze zwischen unserer und ihrer Familie. Bei jedem kleinen Problem soll mein Mann sofort auf der Matte stehen – schließlich ist er ihr (einziger) Sohn. Wie können wir uns besser abkapseln und deutlich machen, dass wir unseren eigenen Raum brauchen?

Antwort von Familientherapeutin Sonja Saathoff

Liebe Silvia,

in Zeiten, als Großfamilien noch die Norm waren und die vorherige Generation (fast) jeden Respekt erhielt, den sie glaubte verdient zu haben, hätten Sie diese Frage nicht stellen dürfen. Inzwischen leben wir glücklicherweise in anderen Zeiten, in denen Individualität und eigenem Raum eine große Bedeutung zukommen. Für viele gerade ältere Menschen kommt dabei das „Soziale“, das Miteinander, zu kurz, und wenn sie sich nicht sehr um Nachbarschaften, Freundschaften und Freizeitgestaltung bemühen, ist die Gefahr der Vereinsamung recht groß. Und dann kann es sein, dass die Familie, die eigenen Kinder, zum Dreh- und Angelpunkt werden und die Älteren Kontakt und Unterstützung in sehr großem Ausmaß einfordern. Wie steht denn Ihr Mann zu dem Thema? Ist er mit Ihnen einer Meinung oder kümmert er sich oft und gerne um seine Mutter und Ihre Anliegen? Was sagt er zu dem Dilemma und zu Ihnen? Und wie kommuniziert er das mit seiner Mutter? Und was sagt Ihr Schwiegervater dazu? Und Ihre Eltern? Wie hat Ihre Schwiegermutter sich mit der Generation vor ihr verstanden? Wie war da das Zusammenleben geregelt? Viele Fragen, über die Sie an verschiedensten Stellen ins Gespräch kommen können, um so vielleicht noch weitere Ideen im Umgang mit Ihrer Schwiegermutter entwickeln zu können.

Gemeinsame Entscheidungen mit Ehemann treffen

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie und Ihr Mann eine gemeinsame Haltung entwickeln und Entscheidungen treffen, in welcher Weise Sie Ihre Schwiegermutter in das Familienleben einbinden wollen. Und als nächstes ist es dann an Ihnen beiden, vor allem aber an Ihrem Mann als „betroffener Sohn“, diese Haltung auch zu kommunizieren. Zum Beispiel könnten Sie die Entscheidung treffen, dass er oder Sie beide die Schwiegermutter einmal wöchentlich zum Tee besuchen und dann auch gerne Dinge erledigen, die gemacht werden müssen/sollen. Und auch umgekehrt kann sie gerne hin und wieder vorbeikommen und sich einen Tee abholen, damit es einen guten Kontakt gibt. Und – auf gar keinen Fall (vermutlich müssen Sie beide das auch so deutlich formulieren) werden Sie künftig sofort auf der Matte stehen, wenn die Schwiegermutter das wünscht, weil viele Dinge so lange Zeit haben, bis Sie beziehungsweise Ihr Mann sich mit Ruhe darum kümmern können statt in Hektik und zwischen Tür und Angel. Machen Sie (beide) der (Schwieger-)Mutter klar, dass sie Ihren Sohn so hervorragend erzogen hat, dass er nun verantwortungsbewusst und selbstbestimmt sich um seine Familie, auch um seine Mutter, kümmert, was bedeutet, dass ER entscheidet, wann er ihre Wünsche nach Problemlösung erfüllt. Vielleicht sind Formulierungen hilfreich, wie zum Beispiel: „Das verstehe ich gut, dass Du das jetzt erledigt haben möchtest. Ich werde übermorgen/am Wochenende (welcher Zeitpunkt für Sie der passende ist) das gerne für Dich machen.“ Und nein, weder Sie noch Ihr Mann müssen weitere Erklärungen liefern, das wäre eher kontraproduktiv.

Schwiegermutter klar sagen, zu welchem Zeitpunkt es passt

Vielleicht können Sie Ihrer Schwiegermutter auch deutlich machen, dass sie zum einen in der Vergangenheit so vieles schon selbst geregelt und immer eigenständig Lösungen gefunden hat und zum anderen sich sicher wünscht, dass ihr Sohn mit seiner Familie auch in Zukunft GERNE und nicht gezwungenermaßen den Kontakt zu ihr hält. Da auch Ihnen ein guter Kontakt sicher wichtig ist, lege ich Ihnen ans Herz, dass Sie mit Ihrer Schwiegermutter nicht mehr darüber sprechen, wann Sie oder Ihr Mann keine Zeit haben, sondern konsequent sagen, zu welchem Zeitpunkt es passt – auch unabhängig von irgendwelchen Forderungen seitens Ihrer Schwiegermutter, einfach, weil Sie und Ihr Mann gerne eine gute Zeit mit ihr verbringen möchten.

Übrigens bin ich selber sowohl Schwiegertochter als auch Schwiegermutter – so weiß ich, dass es Zeit braucht, neue Rollen in Familiensystemen zu finden und es dabei manchmal etwas ruckelig sein kann.

Also wünsche ich Ihnen Geduld und liebevolle Konsequenz und sende herzliche Grüße, Sonja Saathoff

Familientherapeutin Sonja Saathoff. Foto: privat
Familientherapeutin Sonja Saathoff. Foto: privat

Sonja Saathoff lebt in der Krummhörn und ist seit mehr als 25 Jahren als Diplom-Sozialarbeiterin tätig, viele Jahre davon in der Kinder- und Jugendhilfe. Seit einigen Jahren ist sie selbstständig als Familientharapeutin, systemische Therapeutin, Coach und Supervisorin und arbeitet zudem im Psychologischen Beratungsservice des Studierendenwerks Oldenburg an der Hochschule Emden-Leer. Sie freut sich, Teil dieser Serie zu sein: „Ich freue mich darüber, wenn durch diese Serie Blickwinkel erweitert und neue Ideen für besondere (zwischen-) menschliche Situationen gewonnen werden können.“

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