Vorstellung Das Elektro-Moped mit Mofa-Geknatter

Uwe Prins
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Von Uwe Prins
| 17.10.2024 14:34 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Retro-Design, moderne Technik: Die Metorbikes verfügen unter anderem über Scheibenbremsen und ABS. Fotos: Hersteller
Retro-Design, moderne Technik: Die Metorbikes verfügen unter anderem über Scheibenbremsen und ABS. Fotos: Hersteller
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Das Metorbike begeistert nicht nur mit einem einmaligen Retro-Look: Die Zweiräder entstehen in Handfertigung und mit hochwertigen Materialien. Und die Akkus werden aus gebrauchten VW-Batterien gewonnen.

Ostfriesland - Meddewade ist ein kleines, beschauliches Örtchen im Kreis Stormann in Schleswig-Holstein. Ob hier eine Mofa-Gang (mit teils älteren Herrschaften auf den Maschinchen) über die Dorfstraße knattert und Zweitakt-Abgasschwaden hinter sich herzieht? Vor allem in ländlichen Regionen ist solch eine Szenerie inzwischen ja durchaus zuweilen an der Tagesordnung, seit Puch Maxi und Co wieder hipp sind. Aber verlässliche Informationen über das Mofa-Aufkommen in dem 900-Seelen-Dorf gibt es nicht – aber sicher ist, dass hier intensiv geschraubt wird: Marvin Rau und Michael Szpitalny haben in einer alten Tischlerei zunächst den Prototypen eines Elektro-Mopeds im Retro-Look entwickelt und anschließend eine Kleinserie aufgelegt – mit Erfolg. Die „First 50“-Edition ist ausverkauft.

2022 wurde „Metorbike“ gegründet. Das kleine Start-up-Unternehmen läuft spätestens seit der erfolgreichen Vermarktung der Kleinserie im Vollgasmodus und „Opas Werkstatt“, wie Marvin Rau die Tischlerei seines Großvaters nennt, platzt inzwischen aus allen Nähten. „Aktuell arbeiten wir daran, eine Serienfertigung aufzubauen und suchen dafür auch einen neuen Standort im Großraum Hamburg“, erklärt Michael Szpitalny.

Hilfreich ist da die halbe Million Euro, mit der Nils Glagau und Carsten Maschmeyer ins Start-up einsteigen: In der Vox-Sendung „Höhle der Löwen“ hatten die Jungs aus Meddewade ihr Projekt vorgestellt und die Investoren überzeugen können.

Marvin Rau und Michael Szpitalny haben studiert – Elektrotechnik, Elektromobilität, Fahrzeugbau. Das Fachwissen und die handwerklichen Fähigkeiten bilden das Fundament für diese wohl einzigartige Moped-Manufaktur. Zwei Monteure wurden inzwischen eingestellt, angepeilt wird im nächsten Schritt eine Jahresproduktion von 500 Maschinen.

Für eigene Showrooms reichen die Finanzen natürlich (noch) nicht, ein Teil der Mopeds wird aber schon in noblem Ambiente für Probefahrten präsentiert: Die Autohäuser der Kamps-Gruppe, die in Deutschland und in der Schweiz Edelmarken wie Bugatti, Bentley, Porsche und McLaren vertreiben, haben die Zweiräder ins Programm genommen. Der eine oder andere betuchte Stammkunde des exklusiven Autohändlers könnte beim Anblick der Retro-Mobile schwach werden, zumal hier exklusiv eine Kamps-Edition offeriert wird: Bedeutet: Das Bike wird auf Wunsch in der Farbe des Luxusschlittens lackiert.

Die Metorbikes sind inzwischen in drei Leistungsstufen erhältlich: Classic 50, 70 Pro sowie Max 100 stehen zur Wahl. Die Ziffern der Modellvarianten stehen jeweils für die Höchstgeschwindigkeit.

Sehen nur alt aus: LED-Scheinwerfer mit Tagfahrlicht.
Sehen nur alt aus: LED-Scheinwerfer mit Tagfahrlicht.
Das Retro-Design und der hohe Individualisierungsgrad der Maschinen überzeugen ebenso wie die Qualität von Material und Verarbeitung. Aluminium, Edelholz und Leder, dazu moderne Technik – das hat seinen Preis. Für die Classic 50 sind in der Basisversion 6999 Euro zu berappen. Kein Pappenstiel, aber solche Beträge werden auch schon mal für das eine oder andere E-Bike bezahlt.

Doch die Maschinen aus Meedewader Produktion haben noch zwei weitere Alleinstellungsmerkmale: Da ist zunächst die Nachhaltigkeit: Die Akkus sind das Ergebnis effektiven Recyclings, denn sie bestehen aus Zellen ehemaliger VW-Batterien. Die Standardvariante mit einer Kapazität von 1,63 kWh ist für etwa 60 Kilometer Reichweite ausgelegt. Gegen Aufpreis gibt es stärkere Stromspeicher, mit denen Touren bis zu 145 Kilometern möglich sein sollen.

Und dann ist da noch das Soundsystem. Die Jungs aus Meddewade versichern hoch und heilig, dass es einzigartig sei. Sie haben ein Modul entwickelt, das verschiedene Motorengeräusche simuliert. Höllenlärm wie eine Rennmaschine? Bitteschön. Sonores Grummeln eines Zweizylinders? Kein Problem. Ein Klick auf das LED-Display genügt. Klingt total echt. So echt, dass entgegenkommende Motorradfahrer grüßen, was sie im Leben nicht getan hätten, wenn ihnen die Existenz des Elektromotors bekannt gewesen wäre.

Voll edel: Die Holzsitzbank ist mit Leder bezogen.
Voll edel: Die Holzsitzbank ist mit Leder bezogen.
„Wenn du das Bike anmachst, haben alle um dich herum sofort ein Grinsen im Gesicht“, sagen Marvin Rau und Michael Szpitalny. Damit spielen sie wohl auf den Modus „Zweitakter“ an, den das Soundsystem ebenfalls bereithält. Unfassbar. Ein Mofa. Aber keine Benzin-Öl-Wolke.

Damit schließt sich der Kreis irgendwie: Für den Aufbau ihrer „First 50“-Modelle nutzten die beiden Schrauber seinerzeit alte Mofa-Rahmen. 50 Puch Maxi hatten sie zusammengesucht. Falls in Meddewade tatsächlich keine Mofa-Gang (mehr) durch den Ort knattert, könnte das möglicherweise auch an den Aktivitäten der beiden jungen Männer liegen.